Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 19.03.1997; Aktenzeichen 2/12 O 208/96)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 19.3.1997 verkündete Urteil des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 34.000,– DM abzuwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leisten.

Die Beschwer des Beklagten beträgt: über 60.000,– DM.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um ein Notwegrecht über das Grundstück des Beklagten, der die Parzelle mit der grundbuchrechtlichen Eintragung … mit 909 qm aus dem Nachlasskonkurs eines Bauträgers erworben hatte. Diese Straße dient als Zuwegung zu der Tiefgarage eines Wohnungseigentumskomplexes mit 113 Wohnungen.

Die Gesamtfläche, auf der sich die Wohnanlage der Kläger und die Straße des Beklagten befindet, war in den siebziger Jahren von Bauträgern erworben worden, die nach einem Erschließungsvertrag mit der Stadt … verpflichtet waren, die Erschließung auf dem Grundstück selbst vorzunehmen und nach Durchführung der Erschließung die Straßen- und Wegefläche Kartäuserstraße kostenlos an die Stadt … zu übereignen. Die im Bebauungsplan als Weg erkennbare Fläche wurde als Parzelle … herausparzelliert und als Straße hergestellt. Seit dem Beginn des Bezuges der Wohnungen ab 1975 wurde die Straße als ausschließliche Zufahrt zu den beiden Einfahrten zur Tiefgarage der Eigentumswohnanlage mit insgesamt 146 Plätzen und weiteren 24 Außenstellplätzen genutzt.

Nach Fertigstellung hatten die Bauträger der Stadt die Übernahme der Straße angeboten. Mit Schreiben vom 14.8.1980 lehnte die Stadt die Übernahme der Straße ab, weil die Straßenfläche im rechtskräftigen Bebauungsplan als private Fläche ausgewiesen sei.

Der Beklagte, der als Unternehmer die Parzelle … im Auftrag der Bauträger als Straße ausgebaut und später mit Forderungen gegen die Bauträger ausgefallen war, erwarb 1984 das Straßengrundstück im Nachlasskonkursverfahren über das Vermögen eines der beiden Bauträger zu einem Preis von 24.000,– DM.

Nach dem Erwerb des Straßengrundstücks bemühte sich der Beklagte um den Verkauf der Parzelle an die Stadt zu einem Preis von 1 Mio DM, was die Stadt ablehnte. Auch die Kläger lehnten einen Kauf der Straße ab. Der Beklagte verlangte sodann von den Klägern zumindest eine Nutzungsentschädigung und drohte andernfalls mit der Sperrung der Straße.

Anläßlich konkreter Maßnahmen des Beklagten, die Straße sperren zu lassen, haben die Kläger unter Berufung auf ein Notwegrecht eine einstweilige Verfügung auf Unterlassung erwirkt (Az.: 2/12 O 444/95 LG Frankfurt am Main). Das Oberlandesgericht hat die Entscheidung des Landgerichts bestätigt (Az.: 19 U 106/96 OLG Frankfurt am Main).

Die Kläger verfolgen das geltend gemachte Notwegrecht im Hauptsacheverfahren weiter.

Die Kläger haben geltend gemacht, ihnen stehe ein Notwegrecht einschließlich des Befahrens mit Kraftfahrzeugen zu, weil die Privatstraße des Beklagten die einzige Anbindung der Wohnanlage und Tiefgarage an das öffentliche Verkehrsnetz darstelle. Der Beklagte könne eine Notwegrente nicht beanspruchen, da die Straße genau die ursprünglich vorgesehene Funktion habe und eine Nutzungseinschränkung zu Lasten des Beklagten deshalb nicht ersichtlich sei.

Die Kläger haben beantragt,

  1. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Benutzung des Straßen- und Wegegrundstücks Flur … Flurstück … in … durch die Eigentümer der Eigentümergemeinschaft … und deren Mieter als Notweg gemäß § 917 BGB zu dulden,
  2. dem Beklagten zu untersagen, das Straßen- und Wegegrundstück Flur … Flurstück … in … zur Verhinderung der Nutzung durch die Eigentümer der Eigentümergemeinschaft oder die Mieter vermieteter Wohnungen einzelner Eigentümer zu sperren oder in sonstiger Weise die Zufahrt von Eigentümern oder Mietern zur Tiefgarage der Grundstücke … zu versperren,
  3. festzustellen, dass die Eigentümer der Eigentümergemeinschaft … nicht verpflichtet sind, dem Beklagten eine Notwegrente oder ein Nutzungsentgelt aus einem anderen Rechtsgrund zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

  1. die Klage abzuweisen,
  2. – im Wege der Widerklage – die Klägerin zu verurteilen, an dem Beklagten 15.000,– DM nebst 4 % Zinsen seit dem 16.9.1996 zu zahlen.

Die Klägerin … hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Der Beklagte hat geltend gemacht, ein Notwegrecht bestehe nicht, da das Grundstück über öffentlichen Verkehrsraum an der nördlichen Grundstücks grenze erreichbar sei, jedenfalls sei der Zutritt für Fußgänger, Mofa und Radfahrer uneingeschränkt möglich. Auch mit Kraftfahrzeugen sei das Grundstück der Kläger über diesen Weg erreichbar. Soweit hierfür umfangreichere Baumaßnahmen erforderlich seien, sei dies im Verhältnis zum Beklagten unerheblich. Im übrigen bestehe ein Notwegrecht auch dann nicht, wenn ein Zugang für Kraftfahrzeuge nicht möglich wä...

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