Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Schmerzensgeld bei Aufopferung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Aufopferungsanspruch ist kein Schadensersatzanspruch, so dass § 253 BGB nicht anwendbar ist (Anschluss BGH U. v. 8.7.1971, Az. III ZR 67/68; BGH U. v. 23.7.2010, Az. V ZR 142/09; Aufgabe OLG Frankfurt, U. vom 20.8.2013, Az. 1 U 69/13).

 

Normenkette

BGB § 253; GG Art. 34; EinlALR Art. 74-75

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Urteil vom 26.11.2014; Aktenzeichen 5 O 109/13)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 07.09.2017; Aktenzeichen III ZR 71/17)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers und die Berufung des Beklagten gegen das am 26.11.2014 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des LG Wiesbaden werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu 87 % und der Beklagte zu 13 % zu tragen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Das vorliegende Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des jeweiligen Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Der Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des jeweiligen Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nur zugunsten des Klägers zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.601,30 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Der Kläger verlangt von dem beklagten Land Ersatz materiellen und immateriellen Schadens wegen eines Polizeieinsatzes am ... 10.2010, durch welchen er eine Schulterluxation rechts erlitt.

Nachdem am ... 10.2010 aus einem fahrenden Pkw ein Schuss auf ein X-Restaurant in Stadt1 abgegeben worden war, leitete die Polizei umfangreiche Fahndungsmaßnahmen ein. Die Polizeibeamten A und B entdeckten das mutmaßliche Tatfahrzeug auf dem Gelände der C-Tankstelle in Stadt1. Dort war es neben der Eingangstür abgestellt. Nachdem die zur Verstärkung angeforderten Polizeibeamten D und E eingetroffen waren, betraten die Polizeibeamten den Verkaufsraum und riefen "Hände aus den Taschen und Hände hoch" oder Ähnliches. Der Kläger, der gerade im Begriff war, Geld aus seiner Hosentasche zu holen, wurde - ebenso wie der Zeuge F - zu Boden gebracht und gefesselt. Nachdem die Polizeibeamten festgestellt hatten, dass der Kläger nicht die gesuchte Person war, lösten sie die Handfesseln und verließen die Tankstelle.

Der Kläger suchte ein Krankenhaus auf. Dort wurde eine Schulterluxation rechts festgestellt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Der Kläger hat den Beklagten auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes in Anspruch genommen und einen materiellen Schaden in Höhe von 1.202,60 EUR geltend gemacht.

Das LG hat dem Kläger nach Durchführung einer Beweisaufnahme den materiellen Schaden in vollem Umfang als allgemeinen Aufopferungsanspruch zuerkannt. Den Schmerzensgeldanspruch hat es als unbegründet erachtet mit der Begründung, der Aufopferungsanspruch gewähre nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur einen Ausgleich für materielle Schäden. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt.

Der Kläger verfolgt mit seinem Rechtsmittel seinen Schmerzensgeldanspruch weiter. Er rügt eine Verletzung materiellen Rechts und macht geltend, das LG sei rechtsirrig davon ausgegangen, dass der allgemeine Aufopferungsanspruch nur einen Ausgleich materieller Schäden gewähre. Die vom LG angeführte Rechtsprechung sei überholt. Insoweit beruft sich der Kläger auf ein Urteil des Senats vom 20.8.2013 (1 U 69/13). Wegen der weiteren Einzelheiten seines Berufungsvorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 09.02.2015 (Bl. 365 ff. d.A.) sowie auf den Schriftsatz vom 30.06.2015 (Bl. 390 ff. d.A.) verwiesen.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des Urteils des LG Wiesbaden vom 26.11.2014 den Beklagten weiter zu verurteilen,

1. an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.06.2011 zu zahlen;

2. ihn von der Verpflichtung zur Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 48,73 EUR freizustellen.

Der Beklagte beantragt, unter Abänderung des Urteils des LG Wiesbaden zum Aktenzeichen 5 O 109/13 vom 26.11.2014 die Klage in Höhe von weiteren 601,30 EUR abzuweisen, hilfsweise, das angefochtene Urteil des LG Wiesbaden zum Aktenzeichen 5 O 109/13 vom 26.11.2014 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG Wiesbaden zurückzuverweisen; die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Der Beklagt...

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