Entscheidungsstichwort (Thema)

Unlautere Androhung einer Anschlusssperre durch Mobilfunkanbieter

 

Leitsatz (amtlich)

Droht ein Mobilfunkunternehmen seinem Kunden an, für den Fall der Nichterfüllung einer umstrittenen Gebührenforderung dessen Anschluss zu sperren, liegt darin eine unlautere aggressive geschäftliche Handlung (§ 4a UWG), soweit die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 45k II TKG) für eine solche Sperre nicht erfüllt sind (im Streitfalle bejaht).

 

Normenkette

TKG § 45k; UWG § 4a

 

Verfahrensgang

LG Hanau (Urteil vom 24.10.2018; Aktenzeichen 6 O 19/18)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 24.10.2018 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hanau teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen,

Verbrauchern bei der Erinnerung an die Zahlung einer im Rahmen eines Mobilfunkvertrags abgerechneten Forderung - wie in dem als Anlage K3 vorgelegten Schreiben vom 14.8.2017 zu Kundennummer ... geschehen - für den Fall der Nichtzahlung bis zu einem bestimmten Datum eine Sperre des vertragsgemäß bereitzustellenden Telefondienstes anzukündigen,

wenn die geltend gemachte Forderung nach Abzug der seitens des Verbrauchers form- und fristgerecht beanstandeten - wie in dem als Anlage K2 vorgelegten Schreiben des Klägers an die Beklagte vom 21.6.2017 geschehen - und nicht titulierten Forderungen weniger als 75 EUR beträgt

und eine Aufforderung zur vorläufigen Zahlung gemäß § 45k Abs. 2 S. 5 TKG entweder nicht erfolgt ist oder eine Zahlung binnen zwei Wochen zur Folge hätte.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben zu 1/3 der Kläger und zu 2/3 die Beklagte zu tragen.

Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistungen vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe 25.000,- EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit einer Sperrandrohung für einen Mobilfunkanschluss.

Der Kläger ist ein in die Liste nach § 4 I S. 1 UKlaG eingetragener Verbraucherschutzverband. Die Beklagte bietet Mobilfunkdienste an. Ihre Kundin Vorname1 A erhielt unter dem 31.5.2017 eine Abrechnung, die neben einem unstreitigen Betrag von EUR 104,48 eine Position in Höhe von EUR 1.250,99 für ein "GPS-Auslandsverbindungsaufkommen" auswies. Mit Schreiben vom 21.6.2017 beanstandete Frau A - vertreten durch den Kläger - die Abrechnung, weil sie

  • wegen fehlerhafter Erfassung der berechneten Verbindung offensichtlich überhöht sei;
  • jedenfalls in krassem Missverhältnis zur erbrachten Leistung stehe und die Beklagte keine Transparenz- und Schutzvorkehrungen nach Art. 15 der Roaming-Verordnung (EU Nr. 531/2012) getroffen habe (Anlage K2).

Sie verlangte außerdem eine Prüfung nach § 45i l TKG. Die Beklagte erteilte eine Kulanzgutschrift in Höhe der Hälfte des streitigen Betrages. Mit Email vom 3.7.2017 übermittelte sie dem Kläger einen Prüfbericht des Netzbetreibers. Unter dem 14.8.2017 übersandte sie Frau A eine Zahlungserinnerung für einen Betrag in Höhe von EUR 646,47 (Anlage K3). Darin hieß es wie folgt:

"Bitte bedenken Sie, dass wir uns für den Fall, dass wir Ihren Zahlungseingang nicht bis zum genannten Termin auf unserem Konto verbuchen können, eine Sperrung Ihres Mobilfunkanschlusses vorbehalten."

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Dem Unterlassungsbegehren fehle es an der erforderlichen Bestimmtheit. Gegen diese Beurteilung richtet sich die Berufung des Klägers. Im Berufungsrechtszug wiederholen und vertiefen die Parteien ihr Vorbringen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte - unter Aufhebung des zum Aktenzeichen 6 O 19/18 ergangenen Urteils des Landgerichts Hanau vom 08.08.2018 - zu verurteilen,

es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR - wahlweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten - zu unterlassen,

Verbrauchern bei der Erinnerung an die Zahlung einer im Rahmen eines Mobilfunkvertrags abgerechneten Forderung - hilfsweise: wie in dem als Anlage K 3 vorgelegten Schreiben vom 14.08.2017 zur Kundennummer ... - für den Fall der Nichtzahlung bis zu einem bestimmten Datum eine Sperre des vertragsgemäß bereitzustellenden Telefondienstes anzukündigen,

wenn die geltend gemachte Forderung nach Abzug der gemäß § 45k Abs. 2 TKG außer Betracht bleibenden Forderungen weniger als 75 EUR beträgt,

hilfsweise, wenn

1. die geltend gemachte Forderung nach Abzug der seitens des Verbrauchers in der mit ihm vereinbarten Form und Frist

a) mit nicht of...

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