Entscheidungsstichwort (Thema)

Unwirksamkeit einer Kündigungserklärung der GbR bei mehreren vertretungsberechtigten Personen

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 18.05.2017; Aktenzeichen 2-05 O 43/16)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main - 5. Zivilkammer (Az. 2-05 O 43/16) - vom 18.5.2017 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus diesen Urteilen vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.547,20 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO :

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Rückgabe von Räumlichkeiten in Stadt1.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Die Beklagte ist bzw. war im streitgegenständlichen Zeitraum Gesellschafterin dieser.

Die Gesellschaft wurde am 27.12.1995 durch die Herrn Vorname1 Nachname1 und Frau Vorname2 Nachname1 (Eheleute Nachname1) sowie deren vier Kinder Vorname3 Nachname1, A, Vorname4 Nachname1 und die Beklagte, gegründet. Nach dem Tod der Eltern im Jahr 2013 sind die vier Kinder nunmehr die verbleibenden Gesellschafter.

Zweck der Gesellschaft ist die Verwaltung mehrerer Grundstücke in der Straße1, in Straße2 und in der Straße3 in Stadt1. Die Grundstücke sind mit Mehrfamilienhäusern bebaut.

Zeitgleich mit der Gesellschaftsgründung schlossen die Eltern mit den vier Kindern eine Vereinbarung (Anl. B3; Bl. 98 d.A.). Ausweislich dieser wurde u.a. allen vier Kindern das Recht erteilt, 2 Mietobjekte, die sich auf den im Eigentum der Eheleute Nachname1 stehenden Liegenschaften befinden, anzumieten. Der Mietpreis werde durch einen Sachverständigen ermittelt und festgelegt. Jedes Kind erhalte weiterhin einen Nachlass in Höhe von 500,- DM für eines der angemieteten Objekte. Zudem würden die Betriebskosten entsprechend Anlage 3 zu § 27 II. BerechnungsVO umgelegt. Die Anmietung könne ab dem 1.6.1996 erfolgen. Weiterhin sei jedes Kind, welches mehr als zwei Objekte im Besitz habe, verpflichtet, diese bis zum 31.12.1996 herauszugeben und bis zu diesem Zeitpunkt die vom Sachverständigen festgesetzte Miete zu zahlen.

Diese Regelung wurde zumindest von dem Gesellschafter Vorname4 Nachname1 sowie der Beklagten in Anspruch genommen. Zwischen den Eheleuten Nachname1 und der Beklagten wurde bereits im Jahr 1983 ein Mietverhältnis über die streitgegenständliche Mietsache, einen Atelierraum einschließlich mehrerer Nebenräume in der Straße1, geschlossen (Anlage K1; Bl. 25 d.A.). Die Beklagte leistet hierauf eine Nettomiete in Höhe von 350,- DM (178,95 EUR) monatlich. Der Mietvertrag ist nach dem Tod der Eheleute Nachname1 unstreitig mit der Klägerin als Vermieterin fortgeführt worden.

Die Gesellschafter haben auf der Gesellschafterversammlung vom 5.2.2014 einstimmig beschlossen, dass Beschlüsse über Maßnahmen der Geschäftsführung, bzgl. derer der Vertrag im Übrigen keine Regelung enthält, im Umlaufverfahren gefasst werden können. Dem hat die Beklagte nachträglich widersprochen.

Im Zuge eines im Umlaufverfahren gefassten Beschlusses der Gesellschafter Vorname3 Nachname1, A und Vorname4 Nachname1 haben diese beschlossen, das Mietverhältnis mit der Beklagten zu kündigen. Dem Beschluss liegt ausweislich dessen Fassung zugrunde, dass die Kündigung erfolgt, da die Beklagte monatlich nur brutto 332,- EUR bezahle, was lediglich die Betriebskosten abdeckte. Die Beklagte solle nach der Kündigung die Möglichkeit erhalten, die Mietsache zu einem höheren Preis anzumieten (vgl. Ziff. 6 des Beschlusses Anl. K2; Bl. 31 d.A.). Die Beklagte wurde weder an der Beschlusserörterung noch an der Abstimmung beteiligt.

Unter dem 1.12.2014 erklärte die Klägerin, vertreten durch die Gesellschafter Vorname3 Nachname1, A und Vorname4 Nachname1, gegenüber der Beklagten die Kündigung des Mietvertrages vom 28.12.1983 und bot ihr zugleich den Neuabschluss zu einer von einem Sachverständigen ermittelten Miete an (Anl. K6; Bl. 43 d.A.). Weitere Verhandlungen über eine Fortführung des Mietverhältnisses blieben erfolglos.

Die Klägerin ist der Auffassung, das streitgegenständliche Mietverhältnis sei von der Vereinbarung vom 27.12.1995 nicht erfasst. Es sei daher jederzeit kündbar. Die Beklagte habe an der Beschlussfassung nicht mitwirken müsse bzw. dürfen, da sie insoweit einer Interessenkollision unterliege, dieses gelte ebenso für die Vertretung der Gesellschaft bei Ausspruch der Kündigung. Die Klägerin trägt weiterhin vor, die Vereinbarung vom 27.12.1995 sei von den Eheleuten Nachname1 und Herrn Vorname4 Nachname1 unter dem 11.2.2004 widerrufen worden (vgl. Anl. K15; Bl. 210 d.A.).

Die Klägerin hat mit am 25.2.2016 der Beklagten zugestellten Klage Räumungs- und Zahlungsklage vor de...

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