Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 17.04.1997; Aktenzeichen 2/2 O 117/96)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 17.04.1997 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Klägerin werden die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beschwer beträgt 50.000,– DM.

 

Tatbestand

Am 7.9.1995 schlossen die Parteien einen Generalunternehmervertrag (GU-Vertrag) über die schlüsselfertige Errichtung eines Wohn – und Geschäftshauses in … zu einem Pauschalpreis von 951.504,25 DM (vgl. Bl. 16–18, zusätzliche Vertragsbedingungen Bl. 18–27, besondere Vertragsbedingungen Bl. 28–36 d.A.). Der Baubeginn sollte 14 Tage nach Vorliegen der Baugenehmigung sein und die Fertigstellung innerhalb von 9 Monaten nach Baugenehmigung sowie Austausch von Bürgschaften in Höhe von 15 % der Auftragssumme. Die ebenfalls vereinbarten „besonderen Vertragsbedingungen” besagen in Ziff. 4.3, daß bei verspätetem Beginn der Leistungen der Auftragnehmer keinerlei Forderungsrechte gegenüber dem Auftragsgeber herleiten könne; bei längeren Unterbrechungen der Arbeiten durch … behördliche Maßnahmen und andere Behinderungen (gleichgültig aus welchen Ursachen) habe „der Auftragnehmer unbeschadet des Kausalzusammenhanges keinen Anspruch auf Schadenersatz oder entgangenen Gewinn”.

Bereits am 27.9.1995 – vor Erteilung der Baugenehmigung am Folgetag (Bl. 42 d.A.) – versagte die Stadt … der Beklagten die Erteilung einer verkehrsrechtlichen Anordnung (Bl. 157 d.A.). Das wiederholte sich am 31.1. (Bl. 110 d.A.), 20.2. (Bl. 146 d.A.) und 28.2.1996 (bl. 112 d.A.). Desweiteren verlangte die Klägerin verschiedene Planungsänderungen, war mit den Forderungen des Denkmalschutzes (statt 5 Fenster je Geschoß nur noch 4 Fenster) nicht einverstanden (Bl. 116 d.A.) und wechselte den Architekten (Bl. 109 d.A.); außerdem traten Unstimmigkeiten im Zusammenhang mit der vertraglich vereinbarten Bürgschaft und der von der Beklagten geforderten Sicherheitsleistung gemäß § 648 a BGB auf. Schließlich erklärte diese am 21.2.1996 die fristlose Kündigung des Generalunternehmervertrages (Bl. 37 d.A.), weil noch keine Genehmigung der Stadt … vorliege, die … im Bereich des Bauvorhabens abzusperren. Damit liege eine Unterbrechung des Bauvorhabens um mehr als 3 Monate vor, die sie nach § 6 Nr. 7 VOB/B zur Kündigung berechtige. Darüber hinaus habe die Klägerin in unvertretbarer Weise das zugrundeliegende Vertrauensverhältnis erschüttert, so daß ihr ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zugemutet werden könne (vgl. zu den Einzelheiten der Begründung Bl. 37–41 d.A.).

Mit Schreiben vom 1.3.1996 erklärte die Klägerin die Kündigung für nicht haltbar (Bl. 64 d.A.) und bestand mit Brief vom 9.4.1996 (Bl. 67 d.A.) unter Fristsetzung auf Erfüllung des Vertrages. Am 11.9.1996 setzte sie eine weitere Frist (Bl. 93 d.A.) und kündigte dann am 18.9.1996 ihrerseits den Bauvertrag gemäß § 8 Nr. 3 i.V.m. § 5 Nr. 4 VOB/B (Bl. 75 d.A.).

Die Klägerin vertritt die Auffassung, die fristlose Kündigung der Beklagten sei nicht gerechtfertigt. Ein Grund ergebe sich nicht aus § 6 Nr. 7 VOB/B, da die Beklagte keine ordnungsgemäße Ausführungsplanung vorgelegt habe. Mit der Bauleistung sei sie in Verzug geraten. Wegen der Notwendigkeit, einen anderen Bauunternehmer zu beauftragen, sei ihr kein Schaden entstanden, den sie noch nicht beziffern könne. Die Beklagte geht von einem mehr als 3-monatigen Stillstand der Bauausführung aus. Im übrigen hat sie sich auf die bereits in der Korrespondenz ausgetauschten Argumente bezogen.

Das Landgericht hat mit am 17.4.1997 verkündetem Urteil festgestellt, daß die Beklagte der Klägerin den gesamten Schaden zu ersetzen habe, der ihr aus der fristlosen Kündigung des Bauvertrages entstehe. Zur Begründung ist ausgeführt, die Beklagte hafte aus positiver Vertragsverletzung i.V.m. Verzug (§ 326 BGB) wegen ernsthafter Erfüllungsverweigerung. Ein Kündigungsrecht aus § 6 Ziff. 7 VOB/B habe der Beklagten nicht zugestanden, da am 21.2.1996 die 3-monatige Frist noch nicht abgelaufen gewesen sei. Als Fristbeginn komme höchstens der 2.2.1996 in Frage, weil die Beklagte da eine Ausführungsplanung vorgelegt habe, die der Genehmigungsplanung entspreche. Ein Baubeginn vor dem 2.2.1996 sei nicht möglich gewesen. Selbst wenn § 6 Ziff. 7 VOB/B jedoch gegeben sei, bestehe kein Kündigungsrecht der Beklagten nach Treu und Glauben, weil die Vertragsaufsage überraschend und ohne Vorankündigung gekommen sei.

Die Geschehnisse im Zusammenhang mit der Erfüllungsbürgschaft und der Sicherheitsleistung könnten ein Kündigungsrecht nicht begründen. Auch sei das Schreiben der Klägerin vom 29.1.1996 (Bl. 124 d. A.), worin sie erklärt, den Kampf aufzunehmen, kein wichtiger Auflösungsgrund.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer zulässigen Berufung.

Sie legt dar, schon für die Räumung des Grundstücks sei eine Straßengenehmigung, nicht

aber eine Ausführungsplanung nötig gewesen. Diese habe sich verzögert, weil sich die Kläge...

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