Leitsatz (amtlich)

Zur Berücksichtigung eines möglichen Mitverschuldens oder überwiegenden Verschuldens des geschädigten Unfallgegners bei nicht rechtzeitiger Mitteilung der Unfallumstände und erheblich verspäteter Schadenanzeige.

 

Normenkette

AKB § 7; PflVG § 3; VVG §§ 6, 158c, 158 f., § 159

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-10 O 77/05)

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt als Fahrer des Pkw ... mit dem amtlichen Kennzeichen... die Beklagte auf der Grundlage der von seiner Ehefrau für dieses Fahrzeug abgeschlossenen Haftpflichtversicherung wegen eines Unfalls vom 10.11.2003 gegen 6:15 Uhr in O1 bei O2 an der Ecke X-Straße/Y-Straße in Anspruch, bei dem ein Radfahrer im Bereich einer Verkehrsampel (LZA) verletzt wurde.

Nach dem Unfall gab der Kläger ggü. dem verletzten Radfahrer und einer hinzugetretenen Zeugin jeweils falsche Personalien an. Gegen den Kläger ist Strafbefehl wegen fahrlässiger Körperverletzung und unerlaubten Entfernens vom Unfallort ergangen. In der Einspruchsschrift seines Verteidigers vom 19.1.2004 (Bl. 65 d.A.) hat der Kläger die fahrlässige Körperverletzung ebenso eingeräumt wie die Tatsache, dass er nach dem Unfall falsche Personalien angegeben habe.

Er meldete der Beklagten zusammen mit seiner Ehefrau den Unfall durch schriftliche Schadenanzeige vom 18.8.2004 (Bl. 67 f. d.A.). Darin ist zum Verschulden des Unfalls angegeben: "Laut Urteil der Fahrer A".

Die Beklagte regulierte einen Schaden von 2.353,58 EUR Anfang November 2004, der sich aus folgenden Einzelbeträgen zusammensetzt:

Schmerzensgeld 1.500 EUR wegen einer großflächigen Schürfung unterhalb der Kniescheibe des linken Knies sowie multipler Prellungen und schmerzhaften Bewegungseinschränkungen von Schulter und Knie.

725,56 EUR Leistungen der Berufsgenossenschaft wegen ärztlicher Behandlungen des auf dem Weg zur Arbeitsstätte gewesenen Radfahrers.

47 EUR sowie 81,02 EUR für ärztliche Berichte und Atteste.

Der Kläger hat behauptet, er habe zu dem genannten Zeitpunkt und an der genannten Straßenkreuzung an der LZA auf der linken Spur gestanden, um nach links Richtung Gewerbegebiet ... in die Y-Straße abzubiegen. Auf der gegenüberliegenden Seite hätten zwei Fahrzeuge vor der LZA gewartet. Als diese für den Kläger und den Gegenverkehr auf Grün und schaltete, habe sich der Verkehr in Bewegung gesetzt und der Kläger sei in die Kreuzung eingefahren und habe abgewartet, ob die beiden entgegenkommenden Pkws wie angezeigt nach O2 auf Y-Straße abbiegen. Als der Kläger die Querung für Fußgänger und Fahrräder passierte, sei die Kollision mit dem Radfahrer, dem Zeugen Z1, der die Y-Straße von der X-Straße in Richtung O3 überquert habe, in Höhe der Fahrertür erfolgt. Nach der Beobachtung des Klägers sei die LZA für Fußgänger und Fahrräder eine Bedarfsampel und so geschaltet, dass sie nur dann Grün zeige, wenn die LZA für die X-Straße Rot zeige. Da die LZA für den Kläger Grün gezeigt habe, habe die Bedarfsampel Rot anzeigen müssen (Schaltplan, Sachverständigengutachten). Hierfür spreche auch, dass das gelbe Warnlicht nicht geblinkt habe. Der Radfahrer habe eine dunkle Jeans, dunkle Schuhe und eine dunkle Jacke getragen.

Das Fahrrad habe keine Beleuchtung gehabt, obwohl es dunkel gewesen sei. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihn als Fahrer betreffe die Obliegenheit des Versicherungsnehmers nach § 7 Abs. 5 AKB nicht. Der Unfall sei für ihn auch unvermeidbar gewesen, so dass der Schaden des Gegners nicht hätte reguliert werden dürfen. Etwa erbrachte Zahlungen der Beklagten würden mit Nichtwissen bestritten.

Die Beklagte hat unter Berufung auf die Strafakten eine abweichende Unfalldarstellung behauptet: Der Fahrradfahrer habe die Y-Straße in Richtung ... befahren. Diese werde von der X-Straße gekreuzt, wo sich eine Lichtzeichenanlage befinde. Dort habe der Radfahrer die Y-Straße überqueren wollen und habe an der Fußgängerampel angehalten und sei vom Fahrrad abgestiegen. Als die Fußgängerampel grünes Licht gezeigt habe, sei er auf das Fahrrad gestiegen und losgefahren. Die Pkw auf der Y-Straße zu seiner Linken hätten bereits an der dort Rotlicht zeigenden Ampel angehalten gehabt. Als der Radfahrer bereits die Mitte der Fahrbahn überquert gehabt habe, habe er ein von rechts kommendes Fahrzeug bemerkt, von dem er angenommen habe, dass es anhalten werde. Der Fahrer habe dann aber eine Vollbremsung durchgeführt, weil er den Radfahrer offenbar übersehen hatte. Das Fahrzeug habe den Radfahrer noch erfasst, obwohl er noch versucht hatte, nach links auszuweichen. Der Radfahrer sei durch den Aufprall auf die Motorhaube geschleudert worden und danach auf der Straße liegengeblieben. Er habe Verletzungen am linken Arm, an der linken Schulter, dem Rücken und dem linken Knie erlitten. Des Weiteren sei Sachschaden an dem Fahrrad eingetreten.

Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass die im Rechtsstreit vorgebrachten Einwände des Klägers bei der Regulierung nicht hätten berücksichtigt werden könne, weil die Schadenmeldung erst ein Dreivierteljahr später erfolgt...

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