Leitsatz (amtlich)

Insolvenzanfechtung: Vorliegen des Gläubigerbenachteilungsvorsatzes

 

Verfahrensgang

OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 17.12.2015; Aktenzeichen 3 U 98/14)

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 09.05.2014; Aktenzeichen 1 O 1262/13)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Die Anschlussberufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Revision trägt der Kläger 65 % und die Beklagte 35 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird auf 28.500,- EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beklagte verfolgt mit der Berufung ihren bereits erstinstanzlich geltend gemachten Klageabweisungsantrag weiter.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des C (im Folgenden: Schuldner), der unter anderem ein Busunternehmen betrieb. Die Beklagte war seit dem Jahr 2002 Steuerberaterin des Schuldners.

Der Kläger fordert von der Beklagten nach Insolvenzanfechtung die Rückgewähr dreier Zahlungen an das Finanzamt Stadt1 vom 14.12.2007, 20.03.2008 und 28.05.2008 in Höhe von 10.000,-, 3.000,- und 15.500,- EUR, insgesamt also 28.500,- EUR.

Am 09.08.2007 lehnte das Amtsgericht Stadt2 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners mangels Masse ab. Der Beklagten war dies bekannt.

Auf einen weiteren Insolvenzantrag des Finanzamts Stadt1 vom 13.11.2007 hin leistete der Schuldner die Zahlungen in Höhe von insgesamt 28.500,- EUR. Nach Eingang der Zahlungen erklärte das Finanzamt Stadt1 den Insolvenzantrag für erledigt (Bl. 15 d. A.).

Den ersten Teilbetrag in Höhe von 10.000,- EUR leistete die Beklagte als Zahlungsmittlerin, indem sie diesen Betrag am 12.12.2007 aufgrund einer Einzugsermächtigung vom Konto des Schuldners einzog und am 14.12.2007 an die Finanzkasse überwies.

Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe auch die weiteren Teilbeträge von 3.000,- EUR und 15.500,- EUR an das Finanzamt weiterüberwiesen, zumal sich in den Kontounterlagen des Schuldners keine korrespondierenden Belastungen zugunsten des Finanzamts Stadt1 fänden. Bei Zahlung der insgesamt 28.500,- EUR sei der Schuldner zahlungsunfähig gewesen, was die Beklagte auch gewusst habe.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zur Zahlung von 28.500,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Insolvenzeröffnung am 11.01.2011 zu verurteilen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Ergänzend wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und dies begründet wie folgt:

Die Klage auf Rückerstattung nach Vorsatzanfechtung sei in Höhe von 10.000,- EUR begründet, da der Betrag in dieser Höhe aufgrund der Einziehungsermächtigung am 12.12.2007 an die Beklagte abgeflossen sei. Darin habe eine objektive Gläubigerbenachteiligung gelegen. Neben dem Finanzamt Stadt1 habe es zu diesem Zeitpunkt weitere Gläubiger des Schuldners gegeben, da nach Darstellung des Geschäftsführers der Beklagten der ungewöhnliche Zahlungsweg gewählt worden sei, da andernfalls andere Gläubiger des Schuldners im Wege der Vollstreckung auf den Betrag hätten zugreifen können. Der Schuldner sei zum Zeitpunkt der Zahlungen auch zahlungsunfähig gewesen, da zu diesem Zeitpunkt das Amtsgericht Stadt2 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners abgelehnt habe. Die Beklagte habe schon nicht substantiiert vorgetragen und auch nicht bewiesen, dass die Zahlungsfähigkeit des Schuldners zum Zeitpunkt der Zahlungen wiederhergestellt gewesen sei. Die Existenz weiterer Gläubiger sei der Beklagten zum Zeitpunkt der Zahlung bekannt gewesen. Daraus folge die nicht widerlegte Vermutung einer Gläubigerbenachteiligungsabsicht der Beklagten.

Der Kläger habe hingegen keinen Anspruch auf Zahlung der weiteren 18.500,- EUR, da nicht davon auszugehen sei, dass die Beklagte auch diese Zahlungen an die Finanzkasse zunächst vom Konto des Schuldners eingezogen habe. Das Beweisangebot auf Vernehmung der zuständigen Mitarbeiter des Finanzamts zum Nachweis des Zahlungswegs stelle einen unzulässigen Ausforschungsbeweis dar.

Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihr erstinstanzliches Ziel der vollständigen Klageabweisung weiter:

Neben dem Finanzamt sei nur die B mit einem Betrag von 2.729,22 EUR Insolvenzgläubigerin gewesen. Mit den Zahlungen an das Finanzamt in Höhe von 28.500,- EUR sei auch die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners weggefallen. Davon sei auch das Finanzamt ausgegangen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Hanau abzuändern und die Klage abzuweisen, hilfsweise das Verfahren an das Landgericht zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

und im Wege der Anschlussberufung das Urteil des Landgerichts Hanau abzuändern und die Beklagte zur Zahlung von weiteren 18.500,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Insolvenzeröffnung am 10.01.2011 zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Mit Urteil vom 17.12.2015 hat das Oberlandesgeri...

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