Leitsatz (amtlich)

Ein für den Fall der Kündigung im Geschäftsführervertrag vorgesehener Abfindungsanspruch ist Insolvenzforderung i.S.v. § 38 InsO und nicht Masseverbindlichkeit i.S.v. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, auch wenn die Kündigung erst nach Insolvenzöffnung erfolgt.

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 03.09.2003; Aktenzeichen 2-23 O 141/03)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Frankfurt/M. - 23. Zivilkammer - vom 3.9.2003 (LG Frankfurt v. 3.9.2003 - 2/23 O 141/03) wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheit kann durch schriftliche, unbefristete, unbedingte und unwiderrufliche Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts erbracht werden.

Die Beschwer des Klägers beträgt 53.685,65 Euro.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger hat gegen die Beklagte Gehalts- und Abfindungsansprüche aus einem undatierten Geschäftsführervertrag (Bl. 6 f. d.A.) geltend gemacht. Über das Vermögen seiner Arbeitgeberin, der Firma X GmbH wurde am 1.2.2001 das Insolvenzverfahren eröffnet, die Beklagte ist die Insolvenzverwalterin.

Streitig ist im Berufungsverfahren allein der in § 9 Ziff. 7 des Geschäftsführervertrages festgelegte Abfindungsanspruch, zu dem folgendes bestimmt ist:

"Unbeschadet etwaiger noch bestehender Vergütungsansprüche hat der Geschäftsführer für den Fall der Kündigung des Vertrages durch die Gesellschaft Anspruch auf Zahlung einer Abfindung bzw. Entschädigung in Gesamthöhe von 105.000 DM (...)".

Unter dem 8.1.2002 ging dem Kläger ein Kündigungsschreiben zu, in welchem die Beklagte das zwischen der Gemeinschuldnerin und dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis kündigte.

Der Kläger hat beantragt, von der Beklagten nicht anerkannte Gehaltsforderungen und Abfindungsansprüche i.H.v. insgesamt 89.423,91 Euro brutto als Masseverbindlichkeit im Insolvenzverfahren festzustellen.

Er hat die Ansicht vertreten, der in § 9 Ziff. 7 des Geschäftsführervertrages geregelte Abfindungsanspruch sei eine Masseverbindlichkeit i.S.d. § 55 InsO.

Hinsichtlich der Abfindung hat er hilfsweise beantragt, die Beklagte zu verurteilen, 53.685,65 Euro (105.000 DM) als Insolvenzforderung des Klägers in die Insolvenztabelle aufzunehmen.

Die Beklagte hat im Verlauf des Rechtsstreits eine Masseverbindlichkeit i.H.v. 2.237,12 Euro anerkannt.

Das LG hat einen Gehaltsanspruch von 8.948,46 Euro brutto als Masseverbindlichkeit festgestellt und die Klage im Übrigen mit dem Hauptantrag abgewiesen. Den Hilfsantrag hat es als unzulässig abgewiesen. Es hat dem Kläger Gehaltsansprüche für den Zeitraum bis Ende Februar 2002 zuerkannt, einen Anspruch auf anteilige Bonuszahlung jedoch verneint, weil dies kein Teil des Festgehaltes gewesen sei. Die Abfindung stehe dem Kläger ebenfalls nicht zu, weil es sich nicht um eine Masseverbindlichkeit i.S.v. § 55 InsO handele, da nicht durch Rechtshandlung der Beklagten begründet. Der Abfindungsanspruch sei bereits vor Insolvenzeröffnung durch Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Gemeinschuldnerin begründet worden; Lediglich die Bedingung, die Kündigung, sei nach Insolvenzeröffnung eingetreten. Der Hilfsantrag sei unzulässig, weil die Forderung zuvor nicht in der Anmeldung oder im Prüfungstermin bezeichnet worden sei.

Gegen das am 17.9.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16.10.2003 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 17.12.2003 an diesem Tag begründet.

Er verfolgt seinen Hauptantrag bezüglich des Abfindungsanspruches weiter. Der Abfindungsanspruch habe den Sinn gehabt, wirtschaftliche Härten beim Verlust des Arbeitsplatzes zu vermeiden. Es handele sich nicht um eine Abfindungsvereinbarung i.S.v. §§ 9, 10, Kündigungsschutzgesetz oder im Rahmen eines Sozialplanes oder gerade wegen drohender Insolvenz. Das Anstellungsverhältnis sei nach der Insolvenzeröffnung fortgesetzt worden, die frühestmögliche Kündigungsmöglichkeit habe die Beklagte nicht genutzt. Daher sei ein neues Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten in der bisherigen Vertragsform entstanden. Alle anderen Mitarbeiter seien nach Maßgabe des § 103 InsO unter dem 30.11.2001 gekündigt worden, nachdem Masseunzulänglichkeit festgestellt worden sei, der Kläger hingegen erst im Januar 2002. Die Abfindungsregelung werde erst durch die Kündigung des Arbeitgebers wirksam.

Der Kläger beantragt, unter teilweiser Aufhebung des Urteils des LG Frankfurt vom 3.9.2003, Geschäftsnummer 2/23 O 141/03 festzustellen, dass dem Kläger eine Forderung i.H.v. 53.685,65 Euro als Masseverbindlichkeit im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma X GmbH zusteht.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und argumentiert, die Abfindung sei kein Geh...

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