Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 3/6 O 48/90)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 25. 10. 1990 verkündete Urteil der 6. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung fallen der Beklagten zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer für die Beklagte beträgt 16.617,59 DM.

 

Gründe

Die Berufung ist zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.

Die Beklagte ist gemäß Art. 53 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über den internationalen Warenkauf (United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods – CISG – vom 11. 4. 1980, BGBl. II S. 588) verpflichtet, der Klägerin den Kaufpreis für die gelieferten Textilien in Höhe von 56.397,74 FF zu zahlen.

Das Übereinkommen findet auf die Beziehungen der Parteien nach Art. 1 Abs. 1b CISG Anwendung, weil es sich um Kaufverträge über Waren zwischen Parteien handelt, die ihre Niederlassungen in verschiedenen Staaten haben (die Klägerin in Frankreich und die Beklagte in der Bundesrepublik Deutschland) und die Regeln des maßgeblichen deutschen Internationalen Privatrechts zur Anwendung des Rechts eines Vertragsstaates (Frankreichs) führen, der den nach Art. 95 CISG möglichen Vorbehalt nicht eingelegt hat.

Der Auffassung der Klägerin, auf die Rechtsbeziehungen der Parteien finde deutsches Recht Anwendung, ist nicht zu folgen. Eine Rechtswahl für deutsches Recht ist auch nicht konkludent durch das Verhalten der Parteien im Prozeß getroffen worden. Zwar kann es dafür ausreichen, wenn beide Parteien während der gesamten Dauer eines zivilrechtlichen Verfahrens, ohne Zweifel zu äußern, von der Geltung des deutschen Rechts ausgehen (BGH, NJW 1981, S. 1606). Jedoch hat sich lediglich die Klägerin für deutsches Recht ausgesprochen, während die Beklagte bereits in der Klageerwiderung die Frage aufgeworfen hatte, ob deutsches oder französisches Recht anwendbar sein solle. Auch aus den späteren Erklärungen der Beklagten läßt sich nicht entnehmen, daß sie die Sache nunmehr nach deutschem Recht behandelt sehen wollte, vielmehr hat sie in der Berufungsbegründung ausdrücklich französisches Recht für anwendbar gehalten. Daß sie sich in erster Instanz einer eindeutigen Stellungnahme zu der Auffassung der Klägerin enthalten hatte, ist unschädlich, weil die anwendbare Rechtsordnung keine Tatsache ist, die i. S. des § 138 Abs. 3 ZPO einem Geständnis zugänglich wäre.

Mangels einer Rechtswahl richtet sich die Beurteilung des Vertrages gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 1 EGBGB nach dem Recht des Staates, mit dem er die engsten Verbindungen aufweist, wobei die Vermutung gilt, daß dies der Staat ist, in dem im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die Partei, welche die charakteristische Leistung zu erbringen hat, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Hauptverwaltung hat (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 EGBGB). Bei einem Warenkauf findet regelmäßig das Recht des Landes Anwendung, in dem der Verkäufer seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder seine Hauptverwaltung hat, weil es seine Leistung ist, die dem Vertrag die charakteristische Prägung gibt (vgl. Palandt-Heldrich, 50. Aufl., Art. 28 EGBGB Rn. 8). Das bedeutet, daß im vorliegenden Falle französisches Recht anwendbar ist, weil die Klägerin ihre Hauptverwaltung in Frankreich hat und von dort auch die Leistung zu erbringen war.

Da Frankreich Vertragsstaat der CISG ist – das Übereinkommen gilt dort seit den 1. 1. 1988 (vgl. Herber/Czerwenka, Internationales Kaufrecht, 1991, vor Art. 1 Rn. 16; Schwenzer, NJW 1990, S. 602, Fn. 5) –, unterliegt die Beurteilung der Rechtsbeziehungen der Parteien diesem Übereinkommen. Einen möglichen Vorbehalt nach Art. 95 CISG, der die Anwendung des Art. 1 Abs. 1b CISG ausschlösse, hat Frankreich nicht erklärt (v. Caemmerer/Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht – CISG –, 1990, Art. 2 VertragsG Rn., Fn. 6; Herber/Czerwenka, vor Art. 1 Rn. 16). Der Umstand, daß das Abkommen erst am 1. 1. 1991 für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten ist und es somit über Art. 1 Abs. 1a CISG nicht wirksam werden kann (zum zeitlichen Geltungsbereich vgl. Art. 100 CISG), ist ohne Bedeutung, weil die Anwendung der CISG bereits daraus resultiert, daß das deutsche Internationale Privatrecht auf das Recht eines Vertragsstaats verweist, der auf den zu beurteilenden Sachverhalt die CISG anwenden würde (vgl. Asam, RIW 1989, S. 942, 943).

Die Beklagte hat beanstandet, daß die Klägerin die Bestellungen der Waren nicht näher konkretisiert und unter Beweis gestellt habe. Dadurch wird die Feststellung, daß zwischen den Parteien Kaufverträge zustande gekommen sind, aber nicht in Frage gestellt. Die Klägerin genügte ihrer Darlegungslast mit dem Vortrag, daß die Bestellungen durch die Beklagte telefonisch im Jahr 1988 erfolgt seien, solange die Beklagte diesen Vortrag nicht bestritt (§ 138 Abs. 3 ZPO). Das hat sie aber weder ausdrücklich getan, noch kann die Absicht des Bestreitens ihren übrigen Erklärungen en...

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