Leitsatz (amtlich)

Auskunftsanspruch zur Konkretisierung der Höhe des Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB

 

Normenkette

HGB § 89b

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Urteil vom 06.03.2018; Aktenzeichen 12 O 247/15)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 24.09.2020; Aktenzeichen VII ZR 69/19)

 

Tenor

Die Berufungen beider Parteien gegen das Teilurteil der 12. Zivilkammer - 1. Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Darmstadt werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin 20 %, die Beklagte 80 % zu tragen.

Das angefochtene Urteil und das Berufungsurteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Zwangsvollstreckung des jeweiligen Vollstreckungsgläubigers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird in dem in den Entscheidungsgründen näher dargelegten Umfang zugelassen, im Übrigen nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über Ansprüche der Klägerin auf Rückkauf von Ersatzteilen sowie im Wege der Stufenklage auf Zahlung eines Vertragshändlerausgleichs, hier in erster Stufe auf Auskunft über die von der Beklagten erzielten Deckungsbeiträge aus dem Verkauf von Neufahrzeugen an Mehrfachkunden des letzten Vertragsjahres. Hilfsweise begehrt die Klägerin Zahlung eines Mindestausgleichs errechnet auf Basis ihrer Provisionsverluste.

Die Beklagte ist Generalimporteurin für Fahrzeuge der Marke1 für Deutschland. Sie schloss im Juni/Juli 2003 mit der Klägerin einen "Marke1-Händlervertrag Pkw" sowie einen "Marke1-Servicevertrag Pkw" (Anlagen K1, K2 - Sonderband Anlagen).

In Ziffer 7.6.1 des Servicevertrages (Anlage K2) heißt es:

"Der SERVICE-PARTNER ist gehalten, einen angemessenen Bestand an Marke1-ORIGINALTEILEN gemäß SERVICE-STANDARDS und gemäß Jahreszielsetzung (Anhang 4.2) zu führen."

Anhang 10 zum Servicevertrag enthält folgende Depotvereinbarung:

"1. Allgemeiner Lagerbestand

Der Service-Partner richtet entsprechend den Service-Standards ein angemessenes Lager für Marke1-Originalteile (Vertragsware) ein und wird entsprechende Marke1-Originalteile auf Lager halten und seine Bestände bei Bedarf per Stock-Order ergänzen.

2. Empfohlene Bevorratung

Zur Bevorratung empfiehlt MMD lediglich die Teilepositionen, die in der MMD Ersatzteil-Preisliste (UPE = Unverbindliche Preisempfehlung) mit den Rabattgruppen A bis D und L geführt werden. Diese Teile sollten in wirtschaftlich vertretbaren Bestellmengen generell mit der rabattgünstigsten Auftragsart Stock-Order bezogen werden. Falls Marke1-Originalteile in eine ungünstigere Rabattgruppe zurückgestuft werden, bei der keine Stock-Orderrabattvorteile gewährt werden, werden diese Teile für die weitere Bevorratung beim Service-Partner von MMD nicht mehr empfohlen. Innerhalb einer Frist von vier Wochen ab Veröffentlichung kann der Service-Partner für die rabattmäßig zurückgestuften Marke1-Originalteilen einen Rückgabeantrag einreichen. Das Abwicklungsverfahren ist aus dem HIS (Händlerinformationssystem) zu ersehen. Soweit der Service-Partner innerhalb der Vierwochenfrist sein Rückgabebegehren nicht anmeldet, geht die Bevorratung der zurückgestuften Teilepositionen in die alleinige Dispositionsentscheidung des Service-Partners über; eine spätere Rückgabe der betroffenen Marke1-Originalteile ist danach nicht mehr möglich.

..."

Die Klägerin vertrieb neben den Produkten der Beklagten auch Fahrzeuge der Marke2 und schloss in der Folgezeit auch einen Vertragshändlervertrag mit Marke3 ab.

Die Beklagte kündigte die Verträge fristgemäß zum 31.07.2014 (Anlagen K3, K4 - Sonderband Anlagen).

Zum Zeitpunkt des Vertragsendes verfügte die Klägerin noch über Original-Ersatzteile der Beklagten (Liste Anlage A, Sonderband Anlagen), sie forderte die Beklagte mehrfach erfolglos zum Rückkauf dieser Ersatzteile auf.

Ferner meldete die Klägerin mit Schreiben vom 02.09.2014 gegenüber der Beklagten einen Ausgleichsanspruch gemäß § 89b HGB an, den sie auf 135.733,10 EUR bezifferte.

Hinsichtlich des begehrten Rückkaufs von Ersatzteilen ist die Klägerin erstinstanzlich der Auffassung gewesen, dass sie nach dem Servicevertrag zur Bevorratung eines angemessenen Bestands an Marke1-Originalersatzteilen verpflichtet gewesen sei. Betreffend den Ausgleichsanspruch hat sie sich darauf berufen, dass der Beklagten durch die von der Klägerin geworbenen Stammkunden ein Vorteil zufließe, der die Provisionsverluste der Klägerin übersteige. Sie ist der Ansicht, dass ihr, da sie von der Höhe dieses Vorteils keine Kenntnis habe, gemäß § 242 BGB ein entsprechender Auskunftsanspruch zustehe.

Die Beklagte ist der Auffassung gewesen, die vertraglich vereinbarten Voraussetzungen für einen Rückkauf von Ersatzteilen lägen nicht vor. Ein Ausgleichsanspruch analog § 89b HGB bestehe schon dem Grunde nach nicht. Die Beklagte hat zudem bestritten, dass es sich...

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