Entscheidungsstichwort (Thema)

Unlautere Werbung mit der Empfehlung eines Arzneimittels durch einen Apothekerverband

 

Leitsatz (amtlich)

Eine nach § 11 I 1 Nr. 2 HWG verbotene Werbung mit der Empfehlung einer im Gesundheitswesen tätigen Person liegt auch dann vor, wenn mit dem von einem Apothekerverband verliehenen Preis "Medikament des Jahres" geworben wird.

 

Normenkette

UWG § 4 Nr. 11; HeilMWerbG § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 23.07.2014; Aktenzeichen 3-06 O 62/14)

 

Tenor

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 23.7.2014 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist rechtskräftig.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin ist ein Pharmaunternehmen, das insbesondere auf dem Gebiet der nicht verschreibungspflichtigen Präparate gegen Erkältungskrankheiten tätig ist. In der A vom 8.1.2014 bewarb sie das Fertigarzneimittel "Wick MediNait" mit nachfolgender Werbeanzeige (Anlage AS1):

Abbildung

Der Antragsteller, ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Durchsetzung der lautere Heilmittelwerbung sowie der Schutz des Wettbewerbs für Heilmittel und verwandte Produkte gehört, ist der Ansicht, die Werbung verstoße gegen § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HWG.

Das LG hat der Antragsgegnerin mit einstweiliger Verfügung vom 24.2.2014 untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs wie mit der als Anlage AS1 beigefügten Anzeige, die in der Zeitschrift A am 8.1.2014 veröffentlicht wurde, geschehen, außerhalb der Fachkreise (Angehörige der Heilberufe oder des Heilgewerbes, Einrichtungen die der Gesundheit von Mensch oder Tier dienen oder sonstige Personen, soweit sie mit Arzneimitteln, Medizinprodukten, Verfahren, Behandlungen, Gegenständen oder anderen Mitteln erlaubterweise Handel treiben oder in Ausübung ihres Berufes anwenden) für das Fertigarzneimittel "Wick MediNait Erkältungssirup für die Nacht"

mit der Aussage

"Erkältungsmedikament des Jahres 2014 - gewählt vom Bundesverband Deutscher Apotheker"

und/oder mit der in dem Siegel des Bundesverbandes Deutscher Apotheker niedergelegten Aussage

"Medikament des Jahres 2014 - Produktgruppe interne Mittel bei grippalen Infekten"

zu werben.

Auf den Widerspruch der Antragsgegnerin hat das LG die einstweilige Verfügung mit Urteil vom 23.7.2014 bestätigt. Gegen diese Beurteilung richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin. Im Berufungsrechtszug wiederholen und vertiefen die Parteien ihr Vorbringen.

Die Antragsgegnerin beantragt, das Urteil des LG Frankfurt/M. vom 23.7.2014 - 2-06 O 62/14, aufzuheben und den Verfügungsantrag zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Es besteht ein Verfügungsgrund. Gründe, die zur Widerlegung der Dringlichkeitsvermutung nach § 12 II UWG führen könnten, wurden nicht vorgebracht.

2. Der Antragsteller hat gegen die Antragsgegnerin einen Anspruch auf Unterlassung der angegriffenen Werbung aus §§ 8 I, II Nr. 2, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 11 I S. 1 Nr. 2 HWG. Das LG hat zu Recht angenommen, dass es sich bei den streitgegenständlichen Werbeaussagen um Empfehlungen von einer im Gesundheitswesen tätigen Person handelt.

a) Die Werbeverbote des § 11 I HWG stellen Marktverhaltensregelungen i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG dar. Sie dienen dem Schutz der Verbraucher vor einer unsachlichen Beeinflussung.

b) Der Gesetzgeber hat mit der Neufassung des § 11 I S. 1 Nr. 2 HWG die Vorgabe des Art. 90 lit. f) der Richtlinie 2001/83/EG vom 6.11.2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel nahezu wortidentisch übernommen. Die Bestimmung lautet:

Die Öffentlichkeitswerbung für Arzneimittel darf keine Elemente enthalten, die

...

f) sich auf eine Empfehlung von Wissenschaftlern, von im Gesundheitswesen tätigen Personen oder von Personen beziehen, die weder Wissenschaftler noch im Gesundheitswesen tätige Personen sind, die aber aufgrund ihrer Bekanntheit zum Arzneimittelverbrauch anregen können;

Mit der Richtlinie 2001/83/EG sollte nicht nur ein Mindeststandard festgelegt werden, sondern es ist eine vollständige Harmonisierung des Bereichs der Arzneimittelwerbung erfolgt (EuGH GRUR 2008, 267, Tz. 39 - Gintec). Die Auslegung hat daher autonom anhand des Wortlauts, des Aufbaus und der Ziele der Richtlinie zu erfolgen (EuGH GRUR 2005, 507 Rz. 30 ff. - Peak Holding). Die Erwägungen des nationalen Gesetzgebers bei der Umsetzung treten demgegenüber zurück.

c) Der Bundesverband der Apotheker gehört zu den im Gesundheitswesen tätigen Personen gem. Art. 90 lit. f) der Richtlinie, die aufgrund ihrer Bekanntheit zum Arzneimittelverbrauch anregen können.

aa) Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht auf natürliche Personen beschränkt. Eine solche Auslegung verlangen weder Wortlaut noch Sinn und Zweck der Regelung. Eine Anregung zum Arznei...

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