Entscheidungsstichwort (Thema)

Fehlerhafte steuerrechtliche anwaltliche Beratung (hier: fehlender Hinweis aus Steuerrisiko bei Umwandlungen einer GmbH)

 

Normenkette

BGB §§ 280, 398, 675; UmwStG § 22

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 28.04.2017; Aktenzeichen 2-12 O 374/15)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 28.04.2017 abgeändert.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden - insbesondere aus der Steuermehrbelastung - zu ersetzen, der sich für die Gesellschafter A und B aus der fehlerhaften Beratung bei der Umwandlung der C GmbH in die C1 OHG ergibt.

Die Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin 20.769,24 EUR zu zahlen und sie von einer Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin i.H.v. 27.107,66 EUR freizustellen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des gegen sie vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 11.165.263,66 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin verfolgt aus abgetretenem Recht ihrer beiden Vorstände Frau A und Herrn B Schadensersatzansprüche aus einer behauptet fehlerhaften steuerrechtlichen anwaltlichen Beratung im Rahmen einer Unternehmensumstrukturierung, wobei die Klägerin im Hauptantrag mit einer Feststellungsklage gegen die Beklagte vorgeht, hilfsweise Zahlung an sich Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger Ansprüche gegen das Finanzamt auf Rückerstattung der festgesetzten Einkommensteuern auf den Einbringungsgewinn begehrt und höchst hilfsweise Zahlung an ihre beiden Vorstandsmitglieder. Darüber hinaus begehrt sie die Erstattung vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 20.769,24 EUR und Freistellung von weiteren Rechtsanwaltskosten in Höhe von 27.107,66 EUR.

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen. Ergänzend ist auszuführen, dass Frau A die gegen sie festgesetzte Einkommenssteuer für das Jahr 2007 zzgl. Zinsen in Höhe von insgesamt 7.522.535,63 EUR und Herr B in Höhe von insgesamt 6.434.043,95 EUR am 08.08.2014 bezahlt haben.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass zwar der Feststellungsantrag zulässig sei und die Klägerin auch aus abgetretenem Recht gegen die Beklagte vorgehen könne. Darüber hinaus seien die Zedenten in den Schutzbereich des zwischen der Beklagten und der D GmbH geschlossenen Anwaltsvertrages einbezogen gewesen, die Voraussetzungen eines Vertrages mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter lägen vor. Allerdings habe die Beklagte ihre Pflichten aus dem Mandatsvertrag nicht verletzt. Zwar sei der Einwand der Beklagten unbegründet, dass sie von der D GmbH lediglich zur Entwicklung einer Holdingstruktur beauftragt worden sei und sich ihr Auftrag, nachdem ihre dazu entwickelten Entwürfe unstreitig nicht umgesetzt wurden, nicht darauf erstreckt habe, die steuerlichen Folgen der tatsächlich vorgenommenen Umwandlung der C GmbH in eine OHG zu prüfen, weil sich anderes aus der vorgelegten E-Mail Korrespondenz aus den Jahren 2007 und 2008 ergebe. Denn die damals für die Beklagte tätige Rechtsanwältin RA1 habe Herrn B in Bezug auf die letztlich durchgeführte, von E, F & Partner vorgeschlagene Struktur mit E-Mail vom 30.08.2007 darauf hingewiesen, dass die Holding-GmbH die Anteile nicht vor Ablauf von 7 Jahren verkaufen dürfe, da ansonsten stille Reserven bei den Gesellschaftern der D GmbH und der G steuerpflichtig aufgedeckt würden. Zudem sei die Option einer späteren Umwandlung der Holding aus außersteuerlichen Gründen als bestehend dargestellt worden, wobei auf die einjährige Sperrfrist der sog. Gesamtplan-Rechtsprechung hingewiesen worden sei. Auch bezüglich der streitgegenständlichen Umwandlung der C GmbH in die gleichnamige OHG im Jahre 2008 habe die Beklagte mit E-Mail vom 13.08.2008 eine kurzfristige steuerliche Prüfung der Entwürfe angekündigt und mit E-Mail vom 21.08.2008 die steuerliche Unbedenklichkeit der Regelungen über die Gesellschafterkonten bestätigt. Insofern könne sie sich nicht darauf zurückziehen, dass sie 2008 nicht mehr mit der steuerlichen Beratung befasst gewesen sei. Vielmehr habe sie den gesamten Umstrukturierungsvorgang steuerrechtlich anwaltlich beratend begleitet. Bezüglich der sich hier realisierten konkreten Gefahr der steuerwirksamen Aufdeckung von stillen Reserven der im Privatvermögen von Frau A und Herrn B gehaltenen Anteile habe die Beratungspflicht auch dadurch bestanden, dass die Beklagte auf genau dieses Risiko mit E-Mail vom 30.08.2007 hingewiesen und vor einem Verkauf der Anteile innerhalb der 7- jäh...

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