Entscheidungsstichwort (Thema)

Sorgfaltspflichten auf Großmarktparkplatz

 

Leitsatz (amtlich)

Ungeachtet besonderer Umstände im Einzelfall sind an die Sorgfalt des Fahrers eines Fahrzeugs, der auf einem öffentlich zugänglichen Parkplatz in eine rechtwinklig zur Durchfahrtrichtung angeordnete Parklücke einparken will, sowie an die Sorgfaltspflicht des Fahrers oder Mitfahrers eines neben dieser Parklücke abgestellten weiteren Fahrzeugs beim Aussteigen gleich hohe Anforderungen zu stellen, so dass in der Regel bei einer Kollision des einparkenden Fahrzeugs mit einer teilweise geöffneten Fahrzeugtür eines geparkten Fahrzeugs eine hälftige Schadenaufteilung angemessen erscheint.

 

Normenkette

StVG §§ 7, 17

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-17 O 65/07)

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagten auf Schadensersatz wegen eines Parkplatzunfalls vom 12.5.2007 auf dem Parkdeck des X-Marktes in ... in Anspruch. Die Beklagte zu 1) stieß beim Einfahren auf einen (90 °) rechtswinklig linksseitig anordneten Parkplatz im Unterdeck des X-Parkplatzes gegen die Schmalseite der zum Teil geöffneten Fahrertür des Klägerfahrzeugs, das der Fahrer im Begriff war zu verlassen. Links neben dem Klägerfahrzeug waren zuvor 2 Parkplätze frei. Streitig zwischen den Parteien ist, ob die Fahrertür plötzlich und unvermittelt während es Einfahrvorgangs geöffnet worden ist.

Der Kläger hat behauptet, sein Sohn, der Fahrer des Fahrzeugs, sei zunächst im Fahrzeug sitzen geblieben, während er selbst auf der rechten Seite ausgestiegen und sich bereits hinter dem Heck befunden habe. Der links neben dem Fahrzeug befindliche Parkplatz sei frei gewesen. Sein Sohn habe sodann mit Blick nach links die Fahrertür etwa ein bis zwei Handbreit geöffnet, während die linke Parklücke immer noch frei gewesen sei. In diesem Moment sei die Beklagte zu 1) mit ihrem Pkw mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit herangefahren und ohne Zögern in die freie Parklücke nach links eingebogen. Vermutlich aufgrund ihrer überhöhten Kurvengeschwindigkeit sei sie zu weit nach außen geraten. Das Beklagtenfahrzeug habe das Klägerfahrzeug beginnend im Bereich der hinteren linken Tür, wo die Lackierung leicht beschädigt worden sei, und im weiteren Verlauf die Linke A.-Säule des ... beschädigt und sei quasi an der leicht geöffneten Fahrertür hängen geblieben, wodurch die Fahrertür gestaucht und ebenfalls stark beschädigt worden sei.

Nachdem der gerichtlich bestellte Sachverständige Dr. SV1 in seinem Gutachten vom zwar 20.4. 2008 (Blatt 73 d.A.) ausgeführt hatte, dass die Beschädigung an der hinteren linken Tür nicht durch den Anstoß des Beklagtenfahrzeugs entstanden, sondern eine Folge des Schließens der deformierten vorderen Tür gewesen sei, hat der Kläger auf Befragen in der mündlichen Verhandlung vom 1.7.2008 erklärt, die Fahrertür habe sich nicht mehr schließen lassen und zum notdürftigen Festhalten der Tür sei ein Abschleppgurt benutzt worden; bei dieser Gelegenheit müsse die Tür gegen die hintere Tür gestoßen und der dort beobachtete Schaden entstanden sein.

Der Kläger hat einen Reparaturschaden von 4038,93 EUR sowie Sachverständigen-, Abschlepp- und Fahrtkosten sowie Entschädigung für Nutzungsausfall, insgesamt 5.172,18 EUR geltend gemacht.

Die Beklagten haben behauptet, während des Einfahrens in die Parklücke, neben der sich das Fahrzeug des Klägers befunden habe, sei plötzlich und unvermittelt am Fahrzeug des Klägers die Tür geöffnet worden. Trotz einer Vollbremsung habe die Beklagte zu 1) eine Kollision mit der Tür nicht vermeiden können. Der Kläger selbst habe vorgerichtlich den Hergang auch dahingehend (richtiger) beschrieben, dass es beim vorsichtigen Öffnen zur Kollision mit dem Fahrzeug der Unfallbeteiligten gekommen sei (vgl. Blatt 35 d.A.).

Die Beklagten bestreiten darüber hinaus die Höhe des geltend gemachten Schadens. Der Kläger habe die Forderung auf Zahlung der Gebühren des Sachverständigen abgetreten und sei deshalb nicht aktivlegitimiert. Sie haben die Unfallbedingtheit der Kosten für die öffentlichen Verkehrsmittel sowie die geltend gemachte Kostenpauschale von 30 EUR als überhöht bestritten.

Die Beklagten haben im Übrigen Verwirkung des Schadensersatzes geltend gemacht, nachdem sich durch das Sachverständigengutachten herausgestellt habe, dass der Kläger einen Vorschaden an der hinteren linken Tür habe abrechnen wollen.

Das LG hat nach Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens sowie Vernehmung des Fahrers des Klägerfahrzeugs (Sohn des Klägers) als Zeugen durch Urteil vom 19.8.2008 der Klage i.H.v. 4914,18 EUR stattgegeben, die i.H.v. 30 EUR geltend gemachte Unkostenpauschale abgewiesen, ebenso einen Teil der Nutzungsausfallentschädigung, soweit sie über den Zeitraum von fünf Tagen hinaus beansprucht wurde, den der Sachverständige als angemessen erachtet hatte.

Das LG hat die vollständige Ersatzpflicht der Beklagten dem Grunde nach mit der Begründung festgestellt, dass denjenigen die volle Ersatzpflicht für den entstanden Schaden treffe, d...

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