Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Schadensersatz wegen Messeabsage während Corona-Pandemie

 

Normenkette

BGB § 313

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 15.11.2021; Aktenzeichen 2-30 O 41/21)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 30. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 15. November 2021 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Das Urteil sowie das Urteil des Landgerichts sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des gegen sie vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 74.076,04 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin, die mit der Beklagten als Veranstalterin einen Vertrag über die Teilnahme an der Messe "Light + Building 2020" im Zeitraum vom 8.3. bis 13.3.2020 geschlossen hatte, begehrt Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 74.076,04 EUR sowie Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 2.085,95 EUR aufgrund der von der Beklagten zunächst am 24.2.2020 im Hinblick auf die Verbreitung des Corona-Virus vorgenommenen Verschiebung der Messe auf September 2020 sowie der am 5.5.2020 erfolgten endgültigen Absage der Messe. Die von der Klägerin entrichteten Standgebühren erstatte die Beklagte ohne Abzüge zurück.

Die Klägerin hat behauptet, sie habe im Vertrauen auf die Durchführung der Messe Aufwendungen in Höhe des Klagebetrags für Hotelreservierung, PR-Maßnahmen, Miete des Messestandes sowie statische Berechnungen i.H.v. 74.076,04 EUR getätigt, wobei mit Ausnahme der Hotelkosten die Leistungen auch noch bei einer Durchführung der Messe im Herbst 2020 hätten verwendet werden können. Die nutzlos aufgewandten Hotelkosten hätten bei einer Durchführung der Messe im Herbst desselben Jahres durch die damit zu erwartenden wirtschaftlichen Vorteile ausgeglichen werden können.

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Ergänzend ist auszuführen, dass die WHO am 30.1.2020 eine Notlage von internationaler Tragweite ausrief. Am 24.2.2020 und auch zum Zeitpunkt des ursprünglich geplanten Beginns der Messe am 8.3.2020 lag noch keine behördliche Anordnung zum Verbot entsprechender Veranstaltungen vor. Am 12.3.2020 wies das Hessische Ministerium für Soziales und Integration die Gesundheitsämter an, per Allgemeinverfügung die Durchführung von Veranstaltungen (inklusive Messen) mit mehr als 1.000 Teilnehmern mit sofortiger Wirkung zu verbieten und Ausnahmen nicht zuzulassen. Am 14.3.2020 wurde in Hessen die 3. Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus erlassen, durch welche mit sofortiger Wirkung zur Verhinderung der Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus öffentliche und nicht öffentliche Veranstaltungen ab einer tatsächlich vorhandenen oder zu erwartenden Zahl von 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern verboten wurden. Diese Verordnung galt zunächst bis 19.4.2020. Am 17.3.2020 erging in Hessen die 4. Verordnung zur Bekämpfung des Coronavirus, nach deren § 1 Abs. 1 Nr. 1 u.a. das Abhalten von Messen verboten wurde. Auch diese Verordnung war zunächst bis 19.4.2020 befristet.

Am 16.4.2020 gab die Hessische Landesregierung zunächst in einer Pressemitteilung bekannt, dass Großveranstaltungen bis zum 31.8.2020 verboten würden. In der 4. Verordnung zur Bekämpfung des Coronavirus in der Fassung vom 4.5.2020 war in § 1 Abs. 1 Nr. 1 nach wie vor die Schließung und das Einstellen von Messen angeordnet. Die Verordnung sollte zunächst bis 10.5.2020 gelten. In einer Telefonkonferenz vom 6.5.2020 legten Bund und Länder fest, dass das generelle Großveranstaltungsverbot für Messen nicht unmittelbar gelten sollte. Es wurde festgehalten, dass die Länder in eigener Verantwortung vor dem Hintergrund des jeweiligen Infektionsgeschehens und landesspezifischer Besonderheiten über die schrittweise Öffnung u. a. von Messen mit Auflagen auf der Grundlage von gemeinsamen Hygiene- und Abstandskonzepten der jeweiligen Fachministerkonferenzen entscheiden werden. Daraufhin erließ Hessen die Corona-Kontakt- und Betriebsschließungsverordnung vom 7.5.2020. Diese war in konsolidierter - mit Blick auf den Streitgegenstand nur unerheblich veränderter - Fassung auch noch im September 2020 in Kraft. Gemäß § 1 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 dieser Verordnung galt für öffentliche Veranstaltungen zunächst eine Begrenzung auf 100 Personen. Voraussetzung war ferner das Vorliegen eines praktizierten Hygienekonzepts inklusive verschiedener vorgeschriebener Maßnahmen. Veranstaltungen mit mehr als 100 Personen bedurften einer zusätzlichen Genehmigung durch das örtliche Gesundheitsamt. Zum Zeitpunkt des geplanten Ausweichtermins der Messe lag die Grenze für die Teilnehmerzahl ...

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