Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung für Markenverletzung bei Veränderung einer von mehreren Händlern benutzten Produktbeschreibung auf einer Handelsplattform

 

Leitsatz (amtlich)

1. Lässt der Betreiber einer Internet-Handelsplattform es zu, dass eine von mehreren Händlern benutzte Produktbeschreibung ("ASIN") von jedem Händler ohne Kenntnis und Zustimmung der anderen Händler verändert und dabei insbesondere mit seiner eingetragenen Marke versehen werden kann, haben die anderen Händler für den dadurch hervorgerufenen markenverletzenden Charakter ihres eigenen Angebots unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung jedenfalls dann einzustehen, wenn sie es unterlassen haben, in regelmäßigen Abständen ihr eigenes Angebot auf eventuelle Verletzungen anderer Marken zu überprüfen.

2. Macht ein Händler von der unter Ziffer 1. dargestellten Möglichkeit, in die gemeinsam genutzte Produktbeschreibung seine Marke einzufügen, Gebrauch, liegt darin grundsätzlich keine gezielte Behinderung (§ 4 Nr. 4 UWG) der anderen Händler.

 

Normenkette

MarkenG § 14; UWG § 4 Nr. 4

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 23.10.2018; Aktenzeichen 2-3 O 387/17)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23.10.2018 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main teilweise abgeändert.

Soweit die Beklagten nach dem Tenor zu Ziff. I. 2. und 3. verurteilt wurden, wird die Klage abgewiesen.

Soweit die Beklagten nach dem Tenor zu Ziff. II. 1. verurteilt wurden, wird der zu zahlende Betrag auf EUR EUR 749,34 ermäßigt und der Klageantrag im Übrigen abgewiesen.

Soweit die Beklagten nach dem Tenor zu Ziff. II. 2. verurteilt wurden, wird der zu zahlende Betrag auf EUR 1.474,89 ermäßigt und der Klageantrag im Übrigen abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben die Beklagten 54% und der Kläger 46% zu tragen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 40.000,00 abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von EUR 40.000,00 leistet.

Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des auf Grund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des auf Grund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages leisten.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über marken- und wettbewerbsrechtliche Ansprüche im Zusammenhang mit dem Anhängen an Angebote auf der Handelsplattform Amazon.

Um ein Produkt auf der Handelsplattform Amazon Marketplace anzubieten, gibt der erste Anbieter eines Produkts seine Produktinformationen ein, wobei dem Produkt eine spezielle Nummer zugewiesen wird, unter der dann entsprechende Angebote zu finden sind (sog. Amazon Standard Identification Number (ASIN)). Weitere Händler müssen entweder eine neue ASIN anlegen, oder, wenn ein identisches Produkt bereits angeboten wird, sich an die entsprechende ASIN "anhängen". Im letztgenannten Fall wird der Artikel mit den schon vorhandenen Artikeln anderer Anbieter katalogisiert.

Der Kläger ist Inhaber der nationalen Wortmarke "Premium X", mit Priorität vom 27.8.2005, die am 23.3.2006 für Waren der Klasse 9, unter anderem "Sat-Antennen", "Wandhalter", "Sat-Kabel" eingetragen worden ist (Anlage LHR2). Er vertreibt über die Handelsplattform Amazon unter dem Nutzernamen "B" Produkte der Satellitenantennentechnik nebst Zubehör.

Die Beklagte zu 1 ist Inhaberin der nationalen Wortmarke "TomTrend" mit Priorität vom 23.05.2015, die seit dem 28.8.2015 für Waren der Klasse 9, unter anderem "Parabolspiegel", "digitale Satellitenreceiver", etc. eingetragen ist (Anlage LHR6). Sie vertreibt ebenfalls über die Handelsplattform Amazon Produkte der Satellitenantennentechnik unter dem Nutzernamen "D". Die Beklagte zu 2 ist die Geschäftsführerin der Beklagten zu 1.

Mit Schreiben vom 10.1.2017 richtete die Beklagte zu 1 an den Kläger eine Berechtigungsanfrage wegen der Nutzung der Marke "TomTrend", bezogen auf 46 Verkaufsangebote. Darunter waren auch die streitgegenständlichen Angebote "Mastschelle 58-60 mm Stahl" mit der ASIN ... und "F-Stecker" mit der ASIN ... (Anlage LHR19). Im Anschluss meldete der Kläger dem Plattformbetreiber Amazon, in dem Angebot unter ASIN ... seien Änderungen in Gestalt der Kennzeichnung mit "TomTrend" vorgenommen worden.

Die Beklagte zu 1 bot 2017 "Mastschellen" zur Antennenbefestigung mit den Durchmessern 58 - 60 mm bzw. 48 - 50 mm auf der Handelsplattform Amazon unter den ASIN ... bzw. ASIN ... an, wobei in den Angeboten die Marke "Premium X" verwendet wurde (Anlagen LHR 7, LHR 10). In dem Angebot nach LHR7 findet sich zusätzlich die Marke "TomTrend". Vom Kläger veranlasste Testkäufe bei der Beklagten zu 1 ergaben, dass es sich bei den gelieferten Produkten nicht um solche aus dem Hause des Klägers handelte (Anlagen LHR 17 und LHR18). Die Beklagte ...

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