Leitsatz (amtlich)
1. Zum Schadensersatz nach Kündigung eines Werkvertrages (hier: Fertigstellung eines Bausatzes über ein Ultraleicht-Flugzeug)
2. Zu den Voraussetzungen einer zur Anwendung des § 326 BGB a.F. führenden Erfüllungsverweigerung.
3. Zur Haftung für entfernte Mangelschäden nach pVV.
Verfahrensgang
LG Gießen (Urteil vom 08.11.2000; Aktenzeichen 2 O 80/00) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 8.11.2000 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichtes Gießen wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Beschwer des Klägers beträgt 29.217,26 Euro (= 57.144 DM).
Tatbestand
Der Kläger verlangt vom Beklagten Schadensersatz nach Kündigung eines Werkvertrages.
Der Kläger hatte mit Vertrag vom 29.4.1997 (Bl. 57 d.A.) von einem Herrn X.Y. einen Bausatz für eine Ultraleicht-Doppeldecker des Typs A, Baunr. .., nach den Plänen von Herrn Dipl.-Ing. B.C. gekauft. Hierzu gehörte ein in Einzelteile zerlegter Gitterrohrrumpf mit Flügeln, Motorträger, Motor und komplettem Hauptfahrwerk. Nach diesem Vertrag hatte der Verkäufer einige Änderungen vorgenommen, die mit dem Konstrukteur besprochen und von ihm bei der Rohbauabnahme besichtigt und genehmigt worden seien.
Mit Vertrag vom 12.2.1998 (Bl. 10 d.A.) zwischen den Parteien verpflichtete sich der Beklagte zur Fertigstellung des Bausatzes. Dieser Vertrag hat folgenden Wortlaut:
"Der Bausatz des A. Nr. ... von X.Y. wurde komplett übergeben und soll von Herrn E. fertiggestellt werden. Das Flugzeug soll bis zur Abnahme durch Herrn C. spätestens Ende Juli 98 fertiggestellt werden, dergestalt, dass das Flugzeug fertiggestellt ist, wenn die Abnahme erfolgt ist.
Für die Montagearbeiten ist eine Festvergütung von 15.000 DM vereinbart, Materialkosten trägt F.
Für die noch erforderlichen Materialien erhält Herr E. jetzt 5.000 DM Vorschuß."
Der Beklagte erhielt vom Kläger einen Vorschuss von zunächst 5.000 DM und später weitere 3.500 DM. Am 10.4.1998 wurde das teilweise montierte Flugzeug durch den Konstrukteur C. besichtigt, der zum einen das zu hoch stehende Fahrwerk beanstandete und im Übrigen neben weiteren Mängeln die Streben und Abspannungen der Flügel.
Am 15.4.1998 schrieb der Beklagte dem Kläger per Fax (auf Bl. 11 d.A.), dass er die Materialquittungen erhalten werde, die noch fehlenden Materialien würde er bei Gelegenheit vorbei bringen. Außerdem fragte der Beklagte nach den A-Streben und dem Fahrwerk, die bei der Besichtigung am 10.4.1998 beanstandet worden waren. Ferner enthält das Schreiben folgende Passage:
"Bezahle doch vielleicht erst einmal die gemachte Arbeit und das Material. Ich kann nämlich nichts für eine verpfuschte Rohbauabnahme. Dann können wir ja weitersehen."
Mit Schriftsatz vom 20.4.1998 (Bl. 12 d.A.) setzte der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigten dem Beklagten eine Frist bis zum 30.4.1998 zur Abgabe der Erklärung, das Flugzeug bis Ende Juli 1998 fertig zu stellen. Hierauf antwortete der Beklagte durch Schreiben seiner Rechtsanwälte vom 27.4.1998 (Bl. 59 ff. d.A.) dahingehend, dass ihm an einer gütlichen Beilegung der Auseinandersetzung gelegen sei und er auf der Grundlage eines Befundberichts des Konstrukteurs C. bereit sei, die festgestellten Mängel zu beseitigen sowie die noch zur Beendigung der Montage notwendigen Arbeiten auszuführen.
Daraufhin erklärte der Kläger mit Schreiben vom 8.5.1998 (Bl. 15 f. d.A.) die Kündigung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages vom 12.2.1998.
In der Folgezeit untersagte der Kläger dem Beklagten bzw. seinem Mitarbeiter die Vornahme weiterer Arbeiten an dem streitgegenständlichen Flugzeug.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe in seinem Schreiben vom 15.4.1998 jegliche Fertigstellung des Werks verweigert. Er hat im Übrigen vorgebracht, der Beklagte habe auch ggü. Zeugen erklärt, er werde das Flugzeug nicht fertig stellen. Zu den im Einzelnen geltend gemachten Schadenspositionen wird auf die Aufstellung auf Bl. 6 der Klageschrift (Bl. 6 d.A.) Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens des Klägers wird auf die Schriftsätze vom 27.1.2000 (Bl. 1-9 d.A.), vom 17.5.2000 (Bl. 74-87 d.A.), vom 3.7.2000 (Bl. 98-103 d.A.) und vom 24.8.2000 (Bl. 110-112 d.A.) verwiesen.
Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 57.144 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 26.7.1999 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat u.a. vorgetragen, die im Beweissicherungsgutachten des Sachverständigen G. vom 19.5.1999 aufgeführten Mängel unter Ziff. 20, 25, 26 und 27 seien nicht auf seine Arbeit zurückzuführen, sondern konstruktive Mängel des angeblich im Rohbau abgenommen...