Leitsatz (amtlich)

1. Die deutschen Gerichte sind international für Ansprüche gegen eine deutsche Bank zuständig, die einer von anderen Nachfolgestaaten eines übergegangenen Staates auf Grund einer Kontoverbindung erhebt.

2. Eine Bank darf auch ein wiederholtes Auskunftsbegehren nur dann von der Erstattung von Kosten abhängig machen, wenn das erneute Begehren durch einen in der Sphäre des Kunden liegenden Umstand ausgelöst worden ist.

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 16.08.2004; Aktenzeichen 2-14 O 108/04)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 30.01.2008; Aktenzeichen 2 BvR 793/07)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 16.8.2004 verkündete Teilurteil der 14. Zivilkammer des LG in Frankfurt/M. wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 70.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet oder hinterlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt in Form einer Stufenklage Auskunft, Rechnungslegung und Versicherung an Eides statt betreffend Forderungen und Guthaben bezüglich bei der Beklagten im Namen der früheren Nationalbank von Jugoslawien und/oder der früheren Sozialistischen Föderation Republik Jugoslawien (SFRJ) eingerichteter Depots.

Die Beklagte macht mit der Hilfswiderklage Ansprüche im Hinblick auf die Kosten der Anfertigung von Kopien der streitgegenständlichen Unterlagen geltend.

Die Beklagte ist ein 1974 gegründetes joint venture der Bank1 und der Bank2. Bei ihr sollen Devisenreserven der ehemaligen Nationalbank Jugoslawiens deponiert sein, die am 31.3.2001 noch einen Stand von 67.664.034, 54 US$ und am 24.9.2001 von nur noch 3.628, 41 US$ gehabt haben sollen.

Hinsichtlich der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen, § 540 I Nr. 1 ZPO.

Das LG hat der Klage im Wege des Teilurteils hinsichtlich Auskunft und Rechnungslegung stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Es ist nach den in der letzten mündlichen Verhandlung gestellten Anträgen davon ausgegangen, dass der Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung unstreitig ist. Außerdem hat es die Beklagte hinsichtlich dieser Ansprüche als vorleistungspflichtig angesehen, unabhängig davon, ob diese Pflichten bereits einmal ggü. der Rechtsvorgängerin der Klägerin oder anderen Nachfolgestaaten erfüllt worden waren. Die Auskunftspflicht besteht nach Ansicht des LG also auch dann, wenn schon einmal der früheren Kontoinhaberin Auskunft erteilt worden ist.

Das Teilurteil ist der Beklagten am 16.8.2004 zugestellt worden. Die Beklagte hat am 9.9.2004 gegen dieses Urteil Berufung eingelegt und sie am 18.10.2004, einem Montag, begründet.

Während die Beklagte sich in erster Instanz nach Erörterung der Rechtslage mit der Kammer darauf beschränkte, dem Klageantrag entgegenzuhalten, dass die entsprechenden umfangreichen Arbeiten zur Auskunftserteilung vergütungspflichtig sein müssten, stellt sie nunmehr nun wieder den Anspruch an sich in Abrede und verfolgt weitergehende Ziele als in der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz, und zwar in erster Linie die Abweisung der Klage. Zur Begründung trägt sie vor:

Dem Klageanspruch stehe bereits die fehlende internationale Zuständigkeit entgegen (Bl. 387 d.A.), da hier ein hoheitlicher Anspruch aus hoheitlichem Vermögen geltend gemacht werde, das durch völkerrechtlichen Vertrag (das Wiener Übereinkommen aus dem Jahr 2001) mit Wirkung nur zwischen den Vertragsparteien verteilt worden sei (Bl. 510 d.A.), und dessen Geltendmachung die inländische Souveränität Deutschlands verletze (Bl. 508 f. d.A.). Der Schwerpunkt des Klagegrundes liege hier im Bereich der völkerrechtlichen Nachfolgefragen und nicht im Bereich des vordergründigen zivilrechtlichen Kontovertrages. In Wahrheit handele es sich bei dem vorliegenden Prozess um einen Streit von Nachfolgestaaten untereinander. Wenn ein deutsches Gericht diesen Fall der Sache nach entscheide, geschehe dies faktisch zu Lasten der anderen Nachfolgestaaten, die der Klage nicht zugestimmt hätten - insb. der Republik Serbien und Montenegro.

§ 39 ZPO sei auf die Prozessvoraussetzung der inländischen Gerichtsbarkeit nicht anwendbar.

Aus völkerrechtlicher Sicht fehle es auch an der Aktivlegitimation der Klägerin (Bl. 512 d.A.), da die konkrete Verteilung bestimmter Kontoguthaben zwischen den Vertragsstaaten noch ausstehe (Bl. 513 d.A.). Eine Nachfolge von Staatsvermögen kenne das Völkerrecht nicht (Bl. 651 d.A.), vielmehr hätten die Nachfolgestaaten nach Völkergewohnheitsrecht das Recht und die Pflicht, die Vermögenswerte des Vorgängerstaates untereinander aufzuteilen. Die Gerichte von Drittstaaten seien nicht berechtigt, sich in die inneren Angelegenheiten der Nachfolgestaaten einzumischen, sondern müssten die ausschließliche Zuständigkeit des Gemeinsamen Ausschusses nach dem Wiener Abkommen akzeptieren (Bl. ...

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