Entscheidungsstichwort (Thema)

Ordnungsgemäßheit einer Widerrufsbelehrung zum Darlehensvertrag

 

Normenkette

BGB § 355

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 08.05.2015; Aktenzeichen 2-12 O 283/14)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main vom 8.5.2015 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Hinsichtlich des Sachverhalts wird zunächst auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil, die keiner Änderung oder Ergänzung bedürfen, gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Ergänzend ist festzuhalten, dass der Zedent und die Mitdarlehensnehmerin auf der Widerrufsbelehrung in der fettgedruckten Rubrik "Zurverfügungstellung der Widerrufsbelehrung" die nachfolgende Zeile "Ein Exemplar der Widerrufsbelehrung ist mir zur Verfügung gestellt worden." jeweils separat mit Datum vom 7.3.2007 unterschrieben haben, zusätzlich zur darüber stehenden, ebenso unterzeichneten Widerrufsbelehrung selbst vom selben Datum (Bl. 16 d.A.).

Die Klägerin macht gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht einen Anspruch auf Rückzahlung einer vom Zedenten nach Abwicklung eines Immobiliendarlehens an die Beklagte entrichteten Vorfälligkeitsentschädigung nebst Bearbeitungsgebühr geltend; sie praktiziert dies als Geschäftsmodell.

Das LG hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, dass einem etwaigen Widerrufsrecht der Klägerin die Einwände der unzulässigen Rechtsausübung und der Verwirkung entgegenstünden.

Es bedürfe keiner Entscheidung darüber, ob die Widerrufsbelehrung fehlerhaft und ob die Klägerin aktivlegitimiert sei.

Der Geltendmachung des etwaigen Widerrufsrechts stehe jedenfalls der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen. Eine gegen Treu und Glauben nach § 242 BGB verstoßende Rechtsausübung oder Ausnutzung einer formalen Rechtsstellung sei als Rechtsüberschreitung missbräuchlich. Eine Rechtsausübung sei insbesondere dann missbräuchlich, wenn ihr kein schutzwürdiges Interesse zugrunde liege, was der Fall sei, wenn die Ausübung eines Rechts als Vorwand für die Erreichung vertragsfremder Zwecke genutzt werde. Die Klägerin habe danach kein schutzwürdiges Interesse an einem Widerruf. Das Widerrufsrecht solle den Verbraucher vor vertraglichen Bindungen schützen, die er möglicherweise unüberlegt, übereilt und ohne gründliche Abwägung des Für und Wider eingegangen sei. Der von der Klägerin erklärte Widerruf sei hier aber gerade nicht aus diesen Gründen, sondern allein deshalb erfolgt, weil die Klägerin aus dem Widerruf von Darlehensverträgen ein Geschäftsmodell entwickelt habe und es ihr bei ihrem Widerruf allein darum gehe, sich mit Blick auf die Vorfälligkeitsentschädigung zu bereichern. Sie befinde sich also gerade nicht in einer schutzwürdigen Entscheidungssituation, sondern versuche lediglich eine etwaige formale Rechtsposition für ihr Geschäftsmodell auszunutzen.

Ein etwaiges Widerrufsrecht sei zudem auch verwirkt.

Das Zeitmoment sei erfüllt in Anbetracht der Tatsache, dass der Zedent und später die Klägerin 7 Jahre nach dem Vorliegen der Widerrufsbelehrung hätten verstreichen lassen bis zur Erklärung des Widerrufs. Der Zedent habe vom Grundsatz her eine Widerrufsbelehrung mit allenfalls formal missverständlicher Widerrufsfrist erhalten, so dass ihm bekannt gewesen sein musste, dass er den Darlehensvertrag widerrufen durfte.

Angesichts der vollständigen, beiderseitigen Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen aus dem Vertrag sei auch das Umstandsmoment erfüllt. Die Beklagte habe sich aufgrund des Verhaltens des Zedenten darauf eingerichtet, dass dieser oder etwaige Zessionare das Widerrufsrecht nicht mehr geltend machen würden. Der Zedent habe seit Abschluss des Darlehens im Jahr 2007 stets gegenüber der Beklagten zum Ausdruck gebracht, an seiner Willenserklärung festhalten zu wollen. Die Beklagte habe hierauf vertraut angesichts der regelmäßigen Zahlungen des Zedenten. Vor allem nach der vollständigen Rückführung der noch offenen Forderungen im Jahr 2013 habe die Beklagte nicht mehr mit einem Widerruf rechnen müssen.

Die von der Klägerin angeführte Heininger-Entscheidung des EuGH stehe der Annahme einer unzulässigen Rechtsausübung und Verwirkung vorliegend nicht entgegen, da sie den Verbraucherschutz bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen betreffe, hier aber keine Haustürsituation gegeben sei.

Die Klägerin hat am 15.6.2015 gegen das ihr am 13.5.2015 zugestellte Urteil des LG fristgerecht Berufung eingelegt und diese am 10.8.2015 fristgerecht innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet.

Gegen die Klageabweisung richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie die erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt.

Zur Begründung führt die Klägerin an, das LG habe zu Unrecht eine unzulässige Rechtsausübung angenommen und für eine Verwirkung fehle es sowohl am Zeit- als auch am Umstandsmoment...

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