Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 04.05.1999; Aktenzeichen 2/11 S 426/98)

AG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 33 C 2625/98-26)

 

Tenor

Bei einem unter Verstoß gegen § 5 WiStG geschlossenen und deshalb hinsichtlich der Mietzinsvereinbarung teilweise nichtigen Mietvertrag führt der spätere Wegfall des Merkmals eines geringen Angebots an vergleichbarem Wohnraum nicht dazu, dass von dem Zeitpunkt des Wegfalls an auch der auf § 812 BGB gestützte Rückforderungsanspruch des Mieters wegfällt (Anschluss an den Rechtsentscheid des OLG Hamburg vom 03.03.1999, Az.: 4 RE Miet U 131/98, Grundeigentum 1999, 441 = NJW-RR 99, 1610 = NZM 1999, 363 = WuM 1999, 209 = ZMR 1999, 329).

 

Gründe

Der Kläger mietete durch schriftlichen Vertrag, befristet vom 07.11.1992 bis zum 31.10.1993 mit halbjähriger Verlängerungsmöglichkeit, von dem Beklagten eine 60,02 m² große Zweizimmerwohnung in Frankfurt am Main. Der Nettomietzins betrug zunächst 955,– DM und erhöhte sich aufgrund einer Staffelmietvereinbarung u. a. ab 01.12.1995 auf 1.105,– DM, ab 01.12.1996 auf 1.160,– DM und ab 01.12.1997 auf 1.219,– DM. Der Kläger kündigte den Mietvertrag am 05.12.1997 und zog aus. Er bringt vor, die Miete sei überhöht gewesen und verlangt deswegen für den Zeitraum von Vertragsbeginn bis Dezember 1997 die Rückzahlung von 19.410,– DM. Das Amtsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt und geltend gemacht, dass die Voraussetzungen des § 5 WiStG nicht vorlägen. Das Landgericht geht davon aus, dass die Voraussetzungen des § 5 WiStG bei Vertragsschluss vorgelegen haben, dass aber jedenfalls ab 1995 sich die Wohnungsmarktlage im Stadtgebiet von Frankfurt am Main so entspannt hat, dass ein geringes Angebot nicht mehr als gerichtsbekannt unterstellt werden kann. Das Landgericht ist der Auffassung, dass in allen Zeiträumen, für die überhöhter Mietzins zurückverlangt wird, alle Tatbestandsmerkmale des § 5 WiStG vorliegen müssen. Das Entfallen eines „geringen Angebots” i. S.v. § 5 WiStG habe für einen Rückforderungsanspruch bezüglich des nämlichen Zeitraums auch dessen Wegfall zur Folge. Da das OLG Hamburg in seinem Rechtsentscheid vom 03.03.1999 (a. a. O.) gegenteilig entschieden hat und das Landgericht von dieser Entscheidung abweichen will, hat das Landgericht (WuM 1999, 393 = NZM 1999, 999) dem Senat folgende Rechtsfrage zum Erlass eines Rechtsentscheids vorgelegt:

„Führt nach Abschluß eines Wohnraummietvertrages, in welchem unter Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbarem Wohnraum eine die üblichen Entgelte wesentlich übersteigende und deshalb teilweise nichtige Mietzinsvereinbarung getroffen wurde, der in den Zeitraum des auf § 812 BGB gestützten Rückforderungsanspruchs des Mieters fallende Wegfall des Merkmals eines geringen Angebots an vergleichbarem Wohnraum dazu, dass mit dem Wegfall dieses Merkmals auch Rückforderungsansprüche des Mieters entfallen?”

Die Vorlage ist nach § 5411 ZPO als Divergenzvorlage zulässig. Der Senat schließt sich dem Rechtsentscheid des OLG Hamburg an.

Das Landgericht hat zunächst ausgeführt, dass das OLG Hamburg die ihm vorgelegte Rechtsfrage dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung hätte vorlegen müssen, da es von den Rechtsentscheiden der Oberlandesgerichte Hamm (NJW 1983, 1622), Frankfurt am Main (ZMR 1985, 200) und des Kammergerichts (WuM 1995, 384) abgewichen sei. Eine solche Vorlagepflicht bestand indessen für das OLG Hamburg nicht.

Die Vorlagepflicht setzt nach § 54113 ZPO voraus, dass das entscheidende Oberlandesgericht bei der Entscheidung der vorgelegten Rechtsfrage von dem Bundesgerichtshof oder einem anderen Oberlandesgericht abweichen will. Das wiederum ist nur der Fall, wenn von den tragenden Gründen eines Rechtsentscheids abgewichen werden soll (BGH NJW 1996, 515), wenn also die Frage im wesentlichen deckungsgleich ist (BGH NJW 1989, 29). Alle drei genannten Entscheidungen sind zu der Frage ergangen, ob bei Errechnung der Höhe der wegen Verstoßes gegen § 5 WiStG zurückzuzahlenden Beträge Veränderungen in der Höhe der ortsüblichen Miete zu berücksichtigen seien. In allen drei Entscheidungen ist diese Frage bejaht worden. Vorliegend geht es zwar ebenfalls um die Frage, inwieweit tatsächliche Veränderungen bei einem auf einen Verstoß gegen § 5 WiStG gestützten Rückforderungsanspruch nach § 812 BGB zu berücksichtigen sind. Es handelt sich hier aber um Veränderungen bezüglich eines anderen Tatbestandsmerkmals des § 5 WiStG. Beide Änderungen – Änderungen der ortsüblichen Vergleichsmiete und der Wegfall des „geringen Angebots” hängen aber nicht so eng zusammen, dass sie notwendigerweise die gleichen Rechtsfolgen nach sich ziehen müssten. Dass die zu entscheidende Rechtsfrage in beiden Fällen dem Problemkreis angehört, inwieweit bei Dauerschuldverhältnissen Veränderungen Einfluss auf die teilweise Nichtigkeit der Mietzinsvereinbarung haben, ändert daran nichts. Die Zugehörigkeit einer Fragestellung zu einem übergeordneten gemeinsamen Problemkreis ma...

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