Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundbuch: Klarstellung der Vorsorgevollmacht

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei Gestaltung der Vorsorgevollmacht in der Weise, dass der Vollmachtgeber die Vorsorgevollmacht unbedingt erteilt und den Bevollmächtigten intern anweist, dass grundsätzlich erst bei Eintritt des Vorsorgefalles (Betreuungsbedürftigkeit bzw. Geschäftsunfähigkeit) von der Vollmacht Gebrauch gemacht werden darf - wie in vorliegenden Fall durch die eingangs der Urkunde aufgeführte Bedingung des Eintritts des Vorsorgefalls -, muss der Vollmachtstext eindeutig ergeben, dass die Anweisung bzw. die Bedingung nur im Innenverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigten gilt.

2. Ist der Vollmachtstext insoweit nicht eindeutig bzw. bestehen berechtigte Zweifel, so kann vom Grundbuchamt eine klarstellende zusätzliche Erklärung des Vollmachtgebers in der Form des § 29 GBO verlangt werden, aus der sich ergibt, dass die Vollmacht im Außenverhältnis unbeschränkt erteilt werden sollte oder der Nachweis, dass die Voraussetzungen für das Gebrauchmachen der Vollmacht (Vorsorgefall) erfüllt sind.

 

Normenkette

GBO §§ 18, 29; BGB §§ 158, 163, 1896

 

Verfahrensgang

AG Offenbach (Beschluss vom 14.06.2011)

AG Offenbach (Verfügung vom 03.05.2011)

 

Tenor

Die angefochtene Zwischenverfügung wird dahin ergänzt, dass das Eintragungshindernis auch durch die klarstellende zusätzliche Erklärung der Vollmachtgeberin in der Form des § 29 GBO beseitigt werden kann, aus der sich ergibt, dass die Vollmacht vom 4.12.2002 im Außenverhältnis unbeschränkt erteilt werden sollte.

Die weitergehende Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.

Der Geschäftwert für den zurückgewiesenen Teil wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Der Antragsteller ist seit dem ... 2004 als Eigentümer des betroffenen Grundbesitzes eingetragen, das ihm u.a. durch den Übergabevertrag vom ... 2003 -UR-Nr .../2003 (Fol. 20/2 ff. der Grundakten Blatt xxx) - von seiner Mutter, Frau A, im Weg vorweggenommener Erbfolge übertragen wurde. Gleichzeitig behielt sich die Übergeberin an dem übergebenen Grundbesitz ein Nießbrauchsrecht vor, das als lfde. Nr. 2 in Abt. II des jeweiligen Grundbuchblattes eingetragen wurde. Die Vertragsbeteiligten vereinbarten ferner eine bedingte und befristete Rückübertragung, zu deren Sicherung in Abt. II unter lfde. Nr. 3 des jeweiligen Grundbuchblattes eine Vormerkung eingetragen wurde.

Mit am 27.4.2010 beim Grundbuchamt eingegangenem Schreiben des verfahrensbevollmächtigten Notars ist die Löschung des Nießbrauchs und der Vormerkung in den Grundbuchblättern xxx und yyy beantragt worden. Mit eingereicht worden ist eine öffentlich beglaubigte Löschungsbewilligung des Antragstellers vom 19.4.2011, in der dieser als Bevollmächtigter seiner Mutter handelte auf Grund einer am 4.12.2002 durch den Notar B, O2, zu seiner UR-Nr .../2002 protokollierten Altersvorsorgevollmacht, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.

Für den Fall, dass sie auf Grund einer geistigen oder seelischen Behinderung bzw. Krankheit nicht mehr in der Lage sein sollte, ihre eigenen Angelegenheiten ganz oder teilweise zu besorgen, erteilte Frau A dem Antragsteller und Frau C Generalvollmacht und zwar jedem für sich nach Herstellung des gegenseitigen Einvernehmens. Die Bevollmächtigten sollen legitimiert sein zur Vertretung in sämtlichen Vermögens- sowie Behördenangelegenheiten in jeder denkbaren Weise gegenüber Behörden, Versicherungen, Leistungsträgern, Gerichten, insbesondere dem Vormundschaftsgericht und gegenüber Dritten, wo immer das Gesetz eine Stellvertretung ermöglicht. Nach der Beschreibung des Vollmachtsumfangs in persönlichen Angelegenheiten (Heilbehandlung, Unterbringung usw.) heißt es:

"Im Außenverhältnis gilt diese Vollmacht uneingeschränkt. Im Innenverhältnis sind die Bevollmächtigten gehalten, die Vollmacht möglichst nur nach meiner Weisung und unter Berücksichtigung meiner Wünsche, § 1901 BGB, auszuüben."

Im Anschluss daran enthält die Vollmachtsurkunde die Beschreibung des Vollmachtsumfangs im Wesentlichen in vermögensrechtlicher Hinsicht. In diesem Zusammenhang heißt es:

"Die Bevollmächtigten sind, ein jeder für sich und unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, bevollmächtigt, ohne dass diese Vollmacht nach außen eingeschränkt oder beschränkt ist, in meinem Eigentum stehende Immobilien zu veräußern oder zu belasten, um für mich eventuell entstehende Pflege- oder Unterbringungskosten zu bestreiten. Diese Vollmacht ist nur im Innenverhältnis beschränkt und gilt nach außen unbeschränkt."

Die Vollmachtgeberin bat nach dem Urkundsinhalt um eine beglaubigte Fotokopie der Vollmachtsurkunde und um Erteilung je einer Ausfertigung für die Bevollmächtigten, die jedoch zunächst ihr ausgehändigt werden sollten. Eine zweite Ausfertigung dieser Urkunde war dem Antragsteller von dem Urkundsnotar am 5.12.2002 erteilt worden.

Der Grundbuchrechtspfleger hat dem verfahrensbevollmächtigten Notar mit Zwischenverfügung vom 3.5.2011 (Fol. 22/3 d.A.) die Vorlage eines medizinischen Gutachtens...

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