Verfahrensgang

LG Gießen (Beschluss vom 21.09.2000; Aktenzeichen 7 T 276/00)

AG Gießen (Aktenzeichen 22 VI R 1/98)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat die Beteiligte zu 3) zu tragen.

Geschäftswert: 1.500.000.– DM

 

Gründe

Der Erblasser und dessen erste Ehefrau haben am 13.07.1979 ein notarielles Testament errichtet, in dem sie folgende letztwilligen Verfügungen getroffen haben:

  1. „Wir setzen uns gegenseitig als ausschließliche Alleinerben ein.
  2. Der Überlebende von uns beiden soll in der Verfügung über den Nachlaß des Erstversterbenden und über sein eigenes Vermögen in keiner Weise beschränkt sein.
  3. Verlangt eines unserer Kinder aus dem Nachlaß des zuerst Versterbenden seinen Pflichtteil, so soll es auch nach dem Tod des zuletzt Versterbenden nur den Pflichtteil aus dessen Nachlaß erhalten.
  4. Weiteres haben wir nicht zu bestimmen.”

Die erste Ehefrau des Erblassers ist am 15.05.1995 verstorben. Am 21.10.1997 hat der Erblasser mit der Beteiligten zu 3) die Ehe geschlossen und mit dieser am 09.11.1997 ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem neben einer Verwaltungsvollstreckung bis zum Jahr 2020 durch einen vom Erblasser ernannten Testamentsvollstrecker u. a. bestimmt ist, dass die Beteiligte zu 3) nach dem Erblasser befreite Vorerbin zur Hälfte und die beiden Kinder, die Beteiligten zu 1) und 2), Erben zu je einem Viertel sein sollen. Der Beteiligten zu 3) wird in dem gemeinschaftlichen Testament ein lebenslanger Nießbrauch am Erbteil der Beteiligten zu 1) und 2) eingeräumt. Zu Nacherben sind die Beteiligten zu 1) und 2) eingesetzt.

Im Vorverfahren hat das Amtsgericht durch Beschluss vom 10. Juli 1998 (Bl. 58 ff d.A.) den Antrag des in dem gemeinschaftlichen Testament vom 09.11.1997 zum Testamentsvollstrecker Ernannten zurückgewiesen, ihm ein Testamentsvollstreckerzeugnis zu erteilen. Die dagegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht durch Beschluss vom 28.01.1999 (Bl. 151 ff d.A.) zurückgewiesen. Die weitere Beschwerde hatte ebenfalls keinen Erfolg (Senatsbeschluss vom 30.12.1999, Az. 20 W 85/99, Bl. 236 ff d. A). Der Senat hat darin die Auffassung der Vorinstanzen bestätigt, dass das gemeinschaftliche Testament vom 13.07.1979 eine wechselbezügliche Regelung dahingehend enthalte, dass die beiden Kinder Schlusserben sein sollten.

Durch Beschluss vom 23.05.2000 (Bl. 357 ff d.A.) hat das Amtsgericht angekündigt, es werde dem Beteiligten zu 1) antragsgemäß einen Erbschein als Alleinerbe erteilen. Es ist dabei davon ausgegangen, dass die im Jahr 1998 von der Beteiligten zu 2) gegen die Beteiligten zu 1) und 3) beim Landgericht Gießen zum Zwecke der Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen erhobene Stufenklage (3 O 220/98) ein „Verlangen” im Sinne der Ziffer 3 des gemeinschaftlichen Ehegattentestaments vom 13.07.1979 darstelle, der die Verwirkungsklausel auslöse, weswegen die Beteiligte zu 2) ihre Schlusserbenstellung verloren habe. Die am 16.02.2000 beim Nachlassgericht eingegangene Anfechtung des gemeinsamen Testaments vom 13.07.1979 durch die Beteiligte zu 3) hat das Nachlassgericht als verfristet angesehen, da die Beteiligte zu 3) seit der am 16.07.1998 erfolgten Zustellung des amtsgerichtlichen Beschlusses ausreichende Kenntnis davon gehabt habe, dass sie als Pflichtteilsberechtigte ausgeschlossen sei. Das gelte auch, wenn man für den Fristbeginn auf die Kenntnis des landgerichtlichen Beschlusses vom 28.01.1999, den die Beteiligten am 05/06.02.1999 erhalten haben, abstellte.

Gegen den Beschluss des Nachlassgerichts hat die Beteiligte zu 3) Beschwerde eingelegt, der die Beteiligten zu 1) und 2) entgegengetreten sind. Das Landgericht hat sich den Ausführungen des Amtsgerichts angeschlossen und hat die Beschwerde durch Beschluss vom 21.09.2000 (Bl. 434 ffd. A.) zurückgewiesen.

Die wiederum dagegen gerichtete weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3) ist zulässig (§§ 27, 29 I, IV, 20, 21 FGG). Sie ist aber nicht begründet.

Das Amtsgericht durfte einen Vorbescheid erlassen, auch wenn nur ein formgültiger Erbscheinsantrag vorlag, nachdem die Beteiligten zu 1) und 2) ihren Antrag, ihnen einen Erbschein zu erteilen, der sie als Miterben je zur Hälfte ausweist, zurückgezogen hatten. Die Vorinstanzen konnten nämlich von einem zu erwartenden, auf den Anordnungen des gemeinschaftlichen Testaments vom 09.11.1997 beruhenden anderweitigen Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 3) ausgehen. Dies ist für die Zulässigkeit eines Vorbescheids ausreichend (Keidel-Kuntze-Winkler, FGG, 14. Aufl. 1999, § 19 Rn 15).

Das Landgericht hat entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 3) nicht gegen seine Begründungspflicht verstoßen. Der grundsätzlich in tatsächlicher und rechtlicher Beziehung bestehende Begründungszwang (§ 25 FGG) soll die Nachprüfung durch das Gericht der weiteren Beschwerde ermöglichen, ob das Gesetz auf den vorliegenden Tatbestand richtig angewendet wurde. Dabei sind auch Bezugnahmen möglich (Keidel-Kuntze-Winkler, FGG, 14. Aufl. 1999, § 25 Rn...

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