Entscheidungsstichwort (Thema)

Terminsgebühr nach Kostenwiderspruch

 

Normenkette

ZPO §§ 91, 128 Abs. 3; RVG-VV Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 17.01.2006; Aktenzeichen 2/3 O 107/05)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Antragsgegnerin der Antragstellerin lediglich 3.664,70 EUR nebst Zinsen in der festgesetzten Höhe zu erstatten hat.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Beschwerdewert: 538,80 EUR.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Die Antragsgegnerin wendet sich zu Recht gegen die Festsetzung einer Terminsgebühr i.H.v. 538,80 EUR.

Eine Terminsgebühr ist von der Antragsgegnerin nicht zu erstatten, da sie nicht angefallen ist. Die Voraussetzungen, unter denen gem. Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 RVG-VV eine Terminsgebühr auch ohne mündliche Verhandlung entsteht, sind hier nicht erfüllt.

Die Kammer hatte auf den Kostenwiderspruch der Antragsgegnerin keine mündliche Verhandlung anberaumt, sondern angeordnet, es solle im schriftlichen Verfahren gem. § 128 Abs. 3 ZPO entschieden werden. Damit hat das Gericht von der in seinem Ermessen stehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, von einer mündlichen Verhandlung abzusehen, wenn nur noch über die Kosten zu entscheiden ist. Im nachfolgenden Urteil hieß es dann zwar, das Gericht habe "im schriftlichen Verfahren gem. § 128 Abs. 2 ZPO ..." entschieden. Bei der Bezeichnung der zugrunde liegenden Vorschrift handelte es sich jedoch um ein offensichtliches Schreibversehen, das nichts daran ändert, dass der Verzicht auf eine mündliche Verhandlung auf dem Abs. 3 des § 128 ZPO, nicht auf Abs. 2 dieses Paragraphen beruhte. Im Übrigen war die nach § 128 Abs. 2 ZPO erforderliche Zustimmung der Parteien nicht erteilt worden. Eine konkludente Zustimmungserteilung kommt hier schon deshalb nicht in Betracht, weil den Parteien die Anordnung des schriftlichen Verfahrens unter Bezugnahme auf eine Vorschrift mitgeteilt worden war, die eine Zustimmung der Parteien gerade nicht erfordert.

Angesichts dieses Verfahrensablaufs ist keiner der in Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 RVG-VV genannten Ausnahmetatbestände erfüllt. Ein Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, hat nicht stattgefunden, da eine nur noch die Kosten betreffende Entscheidung, wie sie hier getroffen wurde, gem. § 128 Abs. 3 ZPO ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Außerdem fehlte es an dem für den Anfall einer Terminsgebühr nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. RVG-VV ebenfalls notwendigen Einverständnis der Parteien, da diese der Anordnung des schriftlichen Verfahrens nicht zugestimmt hatten. Auch die weiteren Alternativen der genannten Gebührenvorschrift greifen nicht, da das Gericht weder nach § 307 noch nach § 495a ZPO entschieden hat.

Des Weiteren ist Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 RVG-VV bei einer im schriftlichen Verfahren gem. § 128 Abs. 3 getroffenen Entscheidung über einen Kostenwiderspruch auch nicht analog anzuwenden.

Zunächst lässt sich aus der Vorgängerregelung in § 35 BRAGO, an die der Gesetzgeber mit Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 RVG-VV anknüpfen wollte, kein Hinweis darauf entnehmen, dass dem Gesetzgeber bei der Formulierung der Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 RVG-VV ein Redaktionsversehen unterlaufen sein könnte. Denn die Nennung des § 128 Abs. 3 ZPO in § 35 BRAGO war schon anlässlich der Änderung des § 128 Abs. 3 ZPO durch das ZPO-Reformgesetz vom 27.7.2001 entfallen, so dass schon § 35 BRAGO in seiner letzten Fassung für ein Verfahren ohne mündliche Verhandlung gem. § 128 Abs. 3 (n.F.) ZPO keine Terminsgebühr vorsah.

Die Einbeziehung des § 307 ZPO in den Gebührentatbestand der Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 RVG-VV bietet ebenfalls keine taugliche Grundlage für die von der Antragstellerin angestrebte analoge Anwendung. Zwar liegt einer Entscheidung nach § 307 ZPO ein außerhalb der mündlichen Verhandlung erklärtes Anerkenntnis zugrunde. Insofern besteht eine Gemeinsamkeit mit einem Kostenwiderspruch, der ebenfalls ein Anerkenntnis in der Hauptsache beinhaltet. Gleichwohl wird in dem auf einen Kostenwiderspruch ergehenden Urteil, ähnlich wie bei einem Beschluss gem. § 91a ZPO, nur über die Kosten entschieden, während mit einem Urteil nach § 307 ZPO über die Hauptsache entschieden und ein entsprechender Titel geschaffen wird. Dieser Unterschied schließt die Feststellung einer planwidrigen Regelungslücke aus und steht damit einer analogen Anwendung der Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 RVG-VV auf das schriftliche Verfahren gem. § 128 Abs. 3 ZPO nach Einlegung eines Kostenwiderspruchs entgegen.

Schließlich lassen sich auch aus der Einbeziehung des § 495a ZPO in den Gebührentatbestand keine weitergehenden Schlüsse im Hinblick auf das Verfahren nach § 128 Abs. 3 ZPO ziehen. Ein wesentlicher Unterschied besteht bereits darin, dass im Fall des § 495a ZPO die Parteien durch entsprechenden Antrag eine mündliche Verhandlung erzwingen können, während die Entscheidung über die Verfahrensweise unter den Voraussetzungen des § 128 Abs. 3 ZPO allein dem Gericht oblie...

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