Leitsatz (amtlich)

Der Antragsteller einer Familienstreitsache ist für die Zulässigkeit seines Antrages gehalten, seine aktuelle Wohnadresse offenzulegen oder konkrete Tatsachen mitzuteilen, die dem Gericht eine eigenständige Einschätzung erlauben, dass ein Geheimhaltungsinteresse des Antragstellers überwiegt (BGH NJW 1988, 2114).

Zu den Voraussetzungen der Abänderung eines in der Republik Polen im Verbund mit der Ehescheidung der Eltern ergangenen Urteils über den Kindesunterhalt.

Einem in einem Unterhaltsverfahren teilweise obsiegenden Antragsteller können gleichwohl die gesamten Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt werden, wenn er erst im Beschwerdeverfahren Tatsachen vorträgt, die die Zulässigkeit seines Antrages begründen.

 

Normenkette

ZPO §§ 253, 130, 97 Abs. 2, § 100; FamFG § 238; BGB § 1629 Abs. 3 S. 2, § 362; EUEheVO §§ 21-22; EU-Unterhalts-VO §§ 23-24, 42, 75; HUÜ 1973 § 4

 

Verfahrensgang

AG Frankfurt am Main (Beschluss vom 13.10.2015; Aktenzeichen 452 F 1469/14)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird - unter Zurückweisung seines weiter gehenden Rechtsmittels - der am 13.10.2015 verkündete Beschluss des AG - Familiengericht - Frankfurt am Main, Az. 452 F 1469/14 UK, abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Das Urteil des Bezirksgerichts - 1. Zivilkammer - Kalisz, Republik Polen, vom 07.11.2011, AZ. I C 1709/10, wird im dritten Absatz dahingehend abgeändert, dass der Antragsgegner an den Antragsteller zu 1) Unterhalt in folgender Höhe zu entrichten hat:

a) von Mai bis August 2014 mtl. EUR 112,00

b) September 2014 bis Juli 2015 mtl. EUR 103,00;

c) von August bis Dezember 2015 mtl. EUR 108,00;

d) von Januar bis April 2016 mtl. EUR110,00 sowie

e) ab Mai 2016 mtl. EUR 119,00.

Das Urteil des Bezirksgerichts - 1. Zivilkammer - Kalisz, Republik Polen, vom 07.11.2011, AZ. I C 1709/10, wird im dritten Absatz dahingehend abgeändert, dass der Antragsgegner an die Antragstellerin zu 2) Unterhalt in folgender Höhe zu entrichten hat:

a) von Mai 2014 bis Juli 2015 mtl. EUR52,00;

b) von August bis Dezember 2015 mtl. EUR 54,00;

c) von Januar 2016 bis Dezember 2019 mtl. EUR 55,00 sowie

d) ab Januar 2020 mtl. EUR 67,00.

Im Übrigen wird der Antrag vom 02.02.2015 in der Fassung vom 06.05.2015 zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens erster Instanz haben die Antragsteller je45 % und der Antragsgegner 10 % zu tragen. Die Kosten des Verfahrens zweiter Instanz haben die Antragsteller zu je 50 % zu tragen.

Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird hinsichtlich des ab Mai 2016 fällig werdenden Unterhalts angeordnet.

Beschwerdewert: EUR 8.923,09

Die Verfahrenswertfestsetzung für die erste Instanz vom 13.10.2015 wird dahingehend abgeändert, dass dieser Wert ebenfalls EUR 8.923,09 beträgt.

 

Gründe

I. Die Antragsteller, die nur offenbaren, in Frankfurt am Main bei ihrer Mutter zu leben, begehren die Abänderung eines in Polen ergangenen Unterhaltsurteils.

Am 02.06.2001 schlossen der Antragsgegner und die Mutter der Antragsteller zu Az. 204/2001 des Standesamtes in Kalisz, Republik Polen, die Ehe miteinander. Am 13.03.2002 und 08.01.2008 wurden in diese Ehe die Antragsteller geboren.

Am 23.12.2010 beantragte der Antragsgegner beim Bezirksgericht Kalisz die Scheidung der Ehe. Er gab dabei - weil die Beteiligten nach Deutschland verzogen waren - als seine Adresse "Goethestraße 74, 63477 Maintal" und als Adresse der Mutter der Antragsteller, bei der diese damals lebten, "Hermann-Löns-Straße 18, 63477 Maintal" an, Bl. 241 d.A. Ferner beantragte er, den mtl. Unterhalt für den Antragsteller zu 1) auf Zloty (im Folgenden Zl) 400,00 und denjenigen für die Antragstellerin zu 2) auf Zl 200,00 festzusetzen.

Die Mutter der Antragsgegner ließ sich auf dieses Verfahren dahingehend ein, dass sie die internationale Zuständigkeit des Bezirksgerichts Kalisz nicht für gegeben erachtete. Mit Beschluss vom 08.08.2011 nahm das Bezirksgericht Kalisz seine internationale Zuständigkeit im Hinblick auf die beiderseitige polnische Staatsangehörigkeit der Ehegatten an. Weitere Erklärungen gab die Mutter der Antragsteller nicht ab.

Mit Urteil des Bezirksgerichts Kalisz vom 07.11.2011 wurde die am 02.06.2001 geschlossene Ehe geschieden und der vom Antragsgegner an die Antragsteller zu entrichtende Unterhalt auf mtl. Zl 400,00 zu Gunsten des Antragstellers zu 1) und mtl. Zl 200,00 zu Gunsten der Antragstellerin zu 2) festgesetzt, Bl. 9 f.

In der vorhergehenden mündlichen Verhandlung vom 07.11.2011 erklärte der Antragsgegner, er sei als Pflasterer tätig bei einem Nettoeinkommen von mtl. EUR 1.400,00.

Der Antragsgegner entrichtete mtl. Unterhalt ab September 2014 von EUR 100,00 zu Gunsten des Antragstellers zu 1) an dessen Mutter und ab Mai 2014 EUR 45,00 zu Gunsten der Antragstellerin zu 2) an die Unterhaltsvorschusskasse.

Denn die Antragsteller erhielten bzw. erhalten seit 01.01.2011 Unterhaltsvorschuss- sowie SGB II -Leistungen und Kindergeld für ein erstes bzw. zweites Kind; ggf. auf die Leistungsträger übergegangene Unterhaltsansprüche wurden im Apr...

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