Entscheidungsstichwort (Thema)

Gestaltung einer Vorsorgevollmacht mit interner Anweisung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei Gestaltung der Vorsorgevollmacht in der Weise, dass der Vollmachtgeber die Vorsorgevollmacht unbedingt erteilt und den Bevollmächtigten intern anweist, dass grundsätzlich erst bei Eintritt des Vorsorgefalles (Betreuungsbedürftigkeit bzw. Geschäftsunfähigkeit) von der Vollmacht Gebrauch gemacht werden darf - wie in vorliegenden Fall durch die eingangs der Urkunde aufgeführte Bedingung des Eintritts des Vorsorgefalls -, muss der Vollmachtstext eindeutig ergeben, dass die Anweisung bzw. die Bedingung nur im Innenverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigten gilt.

2. Ist der Vollmachtstext insoweit nicht eindeutig bzw. bestehen berechtigte Zweifel, so kann vom Grundbuchamt eine klarstellende zusätzliche Erklärung des Vollmachtgebers in der Form des § 29 GBO verlangt werden, aus der sich ergibt, dass die Vollmacht im Außenverhältnis unbeschränkt erteilt werden sollte oder der Nachweis, dass die Voraussetzungen für das Gebrauchmachen der Vollmacht (Vorsorgefall) erfüllt sind.

 

Normenkette

BGB §§ 158, 163, 1896; GBO § 29

 

Tenor

Die angefochtene Zwischenverfügung wird dahin ergänzt, dass das Eintragungshindernis auch durch die klarstellende zusätzliche Erklärung des Antragstellers zu 2) in der Form des § 29 GBO beseitigt werden kann, aus der sich ergibt, dass die Vollmacht vom 1.2.2008 im Außenverhältnis unbeschränkt erteilt werden sollte.

Die weitergehende Beschwerde der Antragsteller wird zurückgewiesen.

Der Geschäftwert für den zurückgewiesenen Teil wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Antragsteller haben am 8.9.2010 zu UR-Nr .../2010 des Verfahrensbevollmächtigten einen Vertrag geschlossen, durch den die Antragsteller zu1) und 2) als derzeit eingetragene Eigentümer den betroffenen Grundbesitz an die Antragsteller zu 3) und 4) veräußert haben. Hierbei hat die Antragstellerin zu 1) nicht nur in eigenem Namen, sondern auch für den Antragsteller zu 2), ihren Ehemann, auf Grund der am 1.2.2008 durch den Notar A, O1, zu seiner UR-Nr .../2008 protokollierten Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung (Patientenverfügung) gehandelt, für deren Inhalt auf Bl. 13/44-13/52 d.A. Bezug genommen wird. Unter § 11 der Urkunde vom 8.9.2010 bewilligten und beantragten die Vertragsbeteiligten die Eintragung einer Auflassungsvormerkung.

Mit am 13.9.2010 beim Grundbuchamt eingegangenem Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten ist u.a. die Eintragung einer Auflassungsvormerkung je zur ideellen Hälfte zugunsten der Antragsteller zu 3) und 4) beantragt worden.

Die Grundbuchrechtspflegerin hat den Antragstellern mit Zwischenverfügung vom 23.9.2010 (Bl. 13/57, 13/58 d.A.) die Vorlage eines fachärztlichen Gutachtens in der Form des § 29 GBO aufgegeben, durch welches der Eintritt der Bedingung nachgewiesen wird, unter der die Vollmacht vom 1.2.2008 erteilt worden sei. Sie hat sich auf die eingangs der Vollmacht aufgeführte Beschränkung berufen, die lautet:

"Sollte ich infolge schwerer körperlicher oder psychischer Erkrankung in meiner Entscheidungsfähigkeit zeitweise oder dauerhaft eingeschränkt sein, so dass ich meine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann oder will, bevollmächtige ich meine Ehefrau ...".

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller, mit der sie die Auffassung vertreten, die Vollmacht vom 1.2.2008 könne verwendet werden, ohne dass es des Nachweises des Eintritts der auf S. 2, erster Absatz der Vollmacht genannten Bedingung bedürfe. Dies folge aus der unter VI Ziff. 2 enthaltenen Formulierung, dass die Vollmacht mit sofortiger Wirkung erteilt werde.

Die Grundbuchrechtspflegerin hat mit Beschluss vom 30.9.2010 der Beschwerde nicht abgeholfen und die Nichtabhilfe damit begründet, dass aus der Formulierung "Ich erteile die Vollmacht mit sofortiger Wirkung" nicht zu ersehen sei, ob die eingangs der Vollmacht gemachte Einschränkung nicht oder nur im Verhältnis zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigten gelten solle.

Die Beschwerde, über die nach Art. 111 Abs. 1 FGG-RG i.V.m. § 72 GBO nach der hier erfolgten Nichtabhilfeentscheidung nach § 75 GBO das OLG zu entscheiden hat, ist zulässig(§§ 71 Abs. 1, 73 GBO). Sie hat jedoch in der Sache lediglich im Umfang des Tenors Erfolg.

Die angefochtene Zwischenverfügung ist lediglich insoweit zu beanstanden, als nicht alle zur Beseitigung des Eintragungshindernisses möglichen Mittel aufgezeigt werden und war dementsprechend zu ergänzen (BayObLG DNotZ 2001, 385; Meikel/Streck: Grundbuchrecht, 10. Aufl., § 77 Rz. 32).

Zutreffend ist das Grundbuchamt davon ausgegangen, dass es den Umfang einer Vollmacht selbständig zu prüfen hat, auch wenn der Urkundsnotar die Vollmacht für ausreichend angesehen hat (vgl. Demharter, GBO, 27. Aufl., § 19 Rz. 74 m.w.N.). Bei einer bedingten Vollmacht hat sich die Prüfung auch auf den Eintritt der Bedingung zu erstrecken (Demharter, a.a.O., § 19 Rz. 74; OLG Köln FGPrax 2007, 102). Für die Auslegung einer Vollmacht gelten generell die...

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