Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, unter welchen Umständen das Familiengericht über die Einleitung eines Verfahrens zur Regelung des Umgangs entscheiden muss

 

Verfahrensgang

AG Gelnhausen (Beschluss vom 16.10.2017; Aktenzeichen 62 F 1042/17)

 

Tenor

Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben. Die Sache wird an das Amtsgericht zurückverwiesen mit der Maßgabe, zunächst über die Einleitung eines Umgangsverfahrens und gegebenenfalls anschließend erneut über den Verfahrenskostenhilfeantrag der Beschwerdeführerin zu entscheiden.

Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen.

 

Gründe

I. Die Beschwerdeführerin, die das Sorgerecht für das betroffene, in ihrem Haushalt lebende Kind gemeinsam mit dem getrennt von ihr lebenden Vater ausübt regte mit Ihrem am 10.10.2017 beim Amtsgericht eingegangenen "Antrag auf Umgangsregelung" an, den Umgang zwischen dem Kind und seinem Vater zu regeln und beantragte hierfür die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe. Zur Begründung führte sie aus, der Vater übe sein Umgangsrecht nur unregelmäßig und unzuverlässig aus. Er sei der Auffassung, er könne seine Tochter jederzeit nach Belieben zu sich nehmen und die Umgangstermine nach seinem freien Ermessen bestimmen. Oft gebe er das Kind dann zu seinen Eltern, die sich in Gegenwart des Kindes abfällig über dessen Mutter äußerten.

Mit Beschluss vom 16.10.2017 wies das Amtsgericht den Verfahrenskostenhilfeantrag zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, die Mutter sei als betreuender Elternteil nicht befugt, eine Regelung des Umgangsrechts des Vaters mit dem gemeinsamen Kind geltend zu machen. § 1684 Abs. 1 BGB räume lediglich dem Kind ein höchstpersönliches Recht zum Umgang mit jedem Elternteil ein. Die daraus resultierende Umgangspflicht des nicht betreuenden Elternteils sei nicht als Recht des betreuenden Elternteils, sondern ausschließlich als höchstpersönliches Recht des Kindes ausgestaltet. Für diesen bestehe auch keine Möglichkeit, das Umgangsrecht des Kindes in Verfahrensstandschaft geltend zu machen.

Das Amtsgericht bat die Mutter um Mitteilung, ob es dem Verfahren trotz der Versagung der beantragten Verfahrenskostenhilfe Fortgang geben und die Verfahrenskosten damit weiter ansteigen lassen solle.

Mit ihrer am 24.10.2017 beim Amtsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde gegen den ihr am selben Tag zugestellten Beschluss verfolgt die Mutter ihren Verfahrenskostenhilfeantrag weiter. Sie vertritt die Auffassung, bei Streit über die Ausübung des Umgangsrechts sei auch der betreuende Elternteil berechtigt, eine gerichtliche Regelung des Umgangs zu beantragen.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung seiner Nichtabhilfeentscheidung vom 26.10.2017 hat es unter Auseinandersetzung mit der von der Beschwerdeführerin zitierten Rechtsprechung des 6. Familiensenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main ausgeführt, es sei zwar richtig, dass das Umgangsverfahren ein Amtsverfahren sei, weshalb ein Antrag auf Regelung des Umgangsrechts verfahrensrechtlich lediglich eine Anregung zur Durchführung eines Umgangsverfahrens darstelle. Dies ändere aber nichts daran, dass dem verfahrenseinleitenden Antragsteller auch in diesem Fall nur dann Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden könne, wenn er Inhaber des geltend gemachten Rechts sei bzw. dieses in Verfahrensstandschaft geltend machen könne. Beides sei hier - wie in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt - nicht der Fall. Zwar stehe den Eltern als Teil der elterlichen Sorge auch ein Umgangsbestimmungsrecht zu. Dieses umfasse jedoch nicht das Recht, Umgang mit dem anderen Elternteil gegen dessen Willen verlangen zu können. Andernfalls müssten beide Eltern bei gemeinsamer elterlicher Sorge im Falle eines Konflikts über die Ausübung des Umgangsbestimmungsrechts eine gerichtliche Entscheidung nach § 1628 BGB herbeiführen, sofern man nicht von einer Angelegenheit des täglichen Lebens im Sinne des § 1687 Abs. 1 Satz 2 BGB ausgehe. Die Entscheidung hätte dann zur Folge, dass entweder der betreuende Elternteil dem anderen den aus seiner Ansicht angemessenen Umgang gewährt oder der nicht betreuende Elternteil seinen Umgang mit dem Kind alleine regelt. Eine Sachentscheidung des Gerichts über Umfang und Ausübung des Umgangs wäre hingegen ausgeschlossen, was aber der Systematik der §§ 1626 ff. BGB und 1684 ff. BGB zuwiderlaufen würde. § 1684 Abs. 3 Satz 1 BGB müsse in diesem Fall auf der Konkurrenzebene vorgezogen werden.

II. Die zulässige sofortige Beschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht, welches vor einer erneuten Entscheidung über den Verfahrenskostenhilfeantrag der Beschwerdeführerin zunächst über die Einleitung eines Verfahrens zur Regelung des Umgangs zwischen dem betroffenen Kind und seinem Vater zu entscheiden haben wird.

Wie das Amtsgericht im Rahmen seiner Nichtabhilfeentscheidung zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich ...

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