Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachlass. Eheschließung

 

Leitsatz (redaktionell)

Ob eine gültige Eheschließung vorliegt, ist im internationalen Erbrecht als selbsttändige Vorfrage zu prüfen.

 

Normenkette

BGB §§ 1371, 1931

 

Verfahrensgang

LG Fulda (Beschluss vom 14.12.1999; Aktenzeichen 5 T 165/99)

AG Fulda (Aktenzeichen 6 VI G 88/96)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Der am 13.12.1996 in Thailand verstorbene Erblasser war deutscher Staatsangehöriger. Die Beteiligten zu 2) und 3) sind die beiden aus der ersten Ehe des Erblassers hervorgegangenen Töchter. Diese am 11.06.1965 geschlossene Ehe ist durch rechtskräftiges Urteil vom 14.06.1994 geschieden worden. Während dieser Ehe, nämlich am 04.05.1981, heiratete der Erblasser auf den Philippinen die philippinische Staatsangehörige … Aus dieser Verbindung ist der am 04.05.1982 geborene Beteiligte zu 4) hervorgegangen. Nach der Scheidung der ersten Ehe heiratete der Erblasser in Deutschland am 23.08.1994 die Beteiligte zu 1), die ebenfalls philippinische Staatsangehörige ist. Die Beteiligte zu 1) hat eidesstattlich versichert, erst im September 1996 von der zweiten Ehe erfahren zu haben.

Die Beteiligte zu 1) hat u. a. beantragt, ihr einen Erbschein zu erteilen, der sie als Miterbin zur Hälfte und die Beteiligten zu 2) – 3) zu einem Viertel ausweist. Hilfsweise hat sie einen Erbschein beantragt, der sie zur Hälfte und die Beteiligten zu 2) – 4) zu einem Sechstel als Erben ausweist.

Das Amtsgericht hat über das philippinische Recht ein Rechtsgutachten eingeholt (Bl. 60 – 84 d.A.). Die Sachverständige hat dabei ausgeführt, die zweite im Jahr 1981 geschlossene Ehe des Erblassers sei von Anfang an nichtig (null and void). Nach philippinischem Sachrecht sei der Beteiligte zu 4) ein nichteheliches Kind. Eine void marriage verleihe den Partnern dieser Verbindung nicht automatisch die Wiederverheiratungsfähigkeit. Diese sei erst gegeben, wenn die Nichtigkeit gerichtlich festgestellt sei. Diese 1988 eingeführte Regelung wirke sich aus philippinischer Sicht auch auf die 1994 geschlossene Ehe des Erblassers mit der Beteiligten zu 1) aus. Diese sei aus philippinischer Sicht ebenfalls absolut nichtig.

Das Amtsgericht hat die Erbscheinsanträge der Beteiligten zu 1) durch Beschluss vom 05.03.1999 zurückgewiesen. Es hat dabei die Ansicht vertreten, dass der Beteiligte zu 4) auch Miterbe geworden sei. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1), der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat, hat das Landgericht ein Ergänzungsgutachten zum philippinischen Recht eingeholt. Die Sachverständige hat wiederum ausgeführt, dass die dritte Ehe des Erblassers ebenfalls eine void marriage sei und sich auch hier das „ärgere” Recht durchsetze. Sie hat darauf hingewiesen, dass es der Wertung des Gerichts obliege, ob im Hinblick auf § 1318 BGB der deutsche ordre public eine Nachlassbeteiligung erfordere. Das Landgericht hat das Eingreifen des ordre public bejaht, den amtsgerichtlichen Beschluss aufgehoben und das Amtsgericht angewiesen, der Beteiligten zu 1) einen Erbschein zu erteilen, wonach die Beteiligte zu 1) den Erblasser zur Hälfte und die Beteiligten zu 2) – 4) je zu einem Sechstel beerbt haben.

Dagegen richtet sich die zulässige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3). Sie führt zur Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidung und zur Abweisung der Beschwerde der Beteiligten zu 1).

Die Rechtsnachfolge von Todes wegen unterliegt dem Recht des Staates, dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes angehört hat (Art. 25 EGBGB), mithin also deutschem Recht. Eine letztwillige Verfügung hat der Erblasser nicht hinterlassen, so dass gesetzliche Erbfolge eingetreten ist Danach wäre die Beteiligte zu 1) gem. §§ 1931, 1371 BGB Miterbin zur Hälfte geworden, wenn sie mit dem Erblasser in einer gültigen Ehe gelebt hätte. Dies haben die Vorinstanzen unter Berufung auf die Ausführungen der Sachverständigen mit Recht verneint.

Ob eine gültige Eheschließung vorliegt, ist im Internationalen Erbrecht als selbständige Vorfrage zu prüfen (von Bar, Internationales Privatrecht, Bd. 2, 1999, § 3 Rn 383). Dabei ist zunächst auf die zweite Eheschließung des Erblassers mit der Mutter des Beteiligten zu 4) am 04.05.1981 und deren Auswirkungen zurückzugreifen. Da der Erblasser damals noch rechtsgültig mit der Mutter der Beteiligten zu 2) und 3) verheiratet war, war diese zweite Ehe des Erblassers jedenfalls bigamistisch. Wie auch die Sachverständige zutreffend ausgeführt hat, ist diese Eheschließung ein vor dem Inkrafttreten des IPRG am 01.09.1986 abgeschlossener Vorgang, so dass das EGBGB in alter Fassung Anwendung findet (Art. 220 EGBGB, Palandt-Bassenge, Bürgerliches Gesetzbuch, 60. Aufl. 2001, Art. 220 EGBGB Rn 2).

Nach Art. 13 I EGBGB a. F. wird die Eingehung einer Ehe, sofern auch nur einer der Verlobten ein Deutscher ist, nach den Gesetzen der jeweiligen Heimatrechte der beiden Verlobten beurtei...

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