Entscheidungsstichwort (Thema)

Titelschutz: Fehlende Verwechslungsgefahr für Titel eines Fernsehbeitrages

 

Leitsatz (amtlich)

Zwischen dem Titel "Nie wieder keine Ahnung!" für eine Fernsehbeitragsreihe und dem gleichen Titel für ein Sachbuch besteht keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 15 Abs. 2 MarkenG.

 

Normenkette

MarkenG § 5 Abs. 3, § 15 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 16.11.2021; Aktenzeichen 2-6 O 273/21)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

Beschwerdewert: 50.000 EUR

 

Gründe

I. Die Antragstellerin hat in den Jahren 2009 bis 2011 für ihr Fernsehprogramm "Planet Schule - Kultur" eine Beitragsreihe mit der Bezeichnung "Nie wieder keine Ahnung! Malerei" und "Nie wieder keine Ahnung! Architektur" mit der Moderatorin A produziert. Folgen dieser Reihe wurden ausweislich der Anlage AST 3 vereinzelt noch bis März 2021 nicht nur im Programm der Antragstellerin, sondern auch in anderen, zur ARD gehörenden Landesrundfunkanstalten sowie in dem Gemeinschaftsprogramm G ausgestrahlt. In "Der Titelschutzanzeiger" veröffentlichte die Antragstellerin unter dem 28.4.2009 eine Titelschutzanzeige für den Titel "Nie wieder keine Ahnung". Zu der Beitragsreihe "Nie wieder keine Ahnung! Architektur" ist ein Buch mit dem Titel "Architektur für Einsteiger" erschienen.

Die Antragsgegnerin vertreibt seit Anfang September 2021 ein Sachbuch unter dem Titel "Nie wieder keine Ahnung", das sich mit "vermeintlichem Allgemeinwissen aus Politik, Wirtschaft und Weltgeschehen" befasst (Anlage AST 5 zur Antragsschrift.

Hierdurch sieht sich die Antragstellerin in ihren Titelschutzrechten verletzt.

Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin.

II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat den Eilantrag zu Recht zurückgewiesen. Es besteht kein Verfügungsanspruch der Antragstellerin, es der Antragsgegnerin verbieten zu lassen, im geschäftlichen Verkehr ein Sachbuch unter der Bezeichnung "Nie wieder keine Ahnung" anzubieten. Ein solcher Anspruch folgt insbesondere nicht aus §§ 5 Abs. 3, 15 Abs. 2, Abs. 4 MarkenG.

a) Zugunsten der Antragstellerin kann unterstellt werden, dass für die Bezeichnung der Beitragsreihen "Nie wieder keine Ahnung!" Titelschutz besteht, wenngleich die beiden Beitragsreihen jeweils mit einem Zusatz ("Malerei" und "Architektur") verwendet wurden, der allerdings in einer von dem Titel "Nie wieder keine Ahnung!" in jeweils optisch deutlich abgesetzter Form steht, wie auf Seite 4 der Antragsschrift ersichtlich.

b) Es fehlt jedoch an einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr im Sinne von § 15 Abs. 2 MarkenG.

Für die Frage der Verwechslungsgefahr ist beim Werktitelschutz auf drei Faktoren abzustellen, zwischen denen eine Wechselwirkung besteht: auf die Kennzeichnungskraft des Titels, für den Schutz begehrt wird, auf die Identität oder Ähnlichkeit der Werke sowie auf die Identität oder Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Werktitel (BGH, Urteil vom 13.10.2004 - I ZR 181/02 - Das Telefon-Sparbuch, Rn. 21, juris).

aa) Der Titel "Nie wieder keine Ahnung" besitzt von Haus aus eine hinreichende, wenngleich wegen seines beschreibenden Anklangs nur geringe Unterscheidungskraft. Es ist nicht zu erkennen, dass diese Unterscheidungskraft durch die mit der Anlage AST 3 dokumentierten Benutzungshandlungen zu einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft erstarkt sein könnte. Dafür sind zehn Ausstrahlungen seit dem Jahr 2015 zu wenig.

bb) Die sich gegenüberstehenden Werktitel sind identisch, wenn man zugunsten der Antragstellerin unterstellt, dass sie Titelschutz auch für "Nie wieder keine Ahnung!" beanspruchen kann. Dennoch kann bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Antragstellerin diesen Titel immer mit den erläuternden Zusätzen "Malerei" oder "Architektur" verwendet hat.

cc) Es fehlt jedoch an einer hinreichenden Ähnlichkeit der Werke.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dienen Werktitel im Sinne des § 5 Abs. 3 MarkenG grundsätzlich nur der Unterscheidung eines Werkes von anderen, ohne einen Hinweis auf den Hersteller oder Inhaber des Werkes und damit auf eine bestimmte betriebliche Herkunft zu enthalten. Sie sind daher in der Regel nur gegen eine unmittelbare Verwechslungsgefahr im engeren Sinne geschützt (BGH, a.a.O., Rn. 29; BGH, Urteil vom 22.3.2012 - I ZR 102/10 - Stimmt's?, Rn. 23, juris). Es muss demnach für eine Verletzung der Titelschutzrechte die Gefahr bestehen, dass der Verkehr den einen Titel für den anderen hält, dass also ein nicht nur unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs als Folge der Identität oder Ähnlichkeit der beiden verwendeten Bezeichnungen über die Identität der bezeichneten Werke irrt. Betreffen die zu vergleichenden Titel unterschiedliche Werke, so scheidet die Annahme einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr mangels Werknähe regelmä...

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