Entscheidungsstichwort (Thema)

Verstoß gegen Rechtsberatungsgesetz

 

Normenkette

UWG § 1; RBerG §§ 1, 3

 

Tenor

Auf die Berufung der Antragsteller wird das am 12. Januar 2000 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Krefeld abgeändert und die einstweilige Verfügung vom 14. Oktober 1999 mit der Maßgabe bestätigt, daß folgendes angeordnet wird:

Dem Antragsgegner wird untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Zusammenhang mit seinen übrigen steuerrechtlichen Tätigkeiten Testamentsvollstreckungen anzubieten.

Für den Fall der Zuwiderhandlung wird dem Antragsgegner ein Ordnungsgeld von bis zu 500.000,– DM und für den Fall, daß es nicht beigetrieben werden kann, eine Ordnungshaft oder an Stelle des Ordnungsgeldes sofort eine Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten angedroht.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens in erster und zweiter Instanz zu tragen.

 

Gründe

Die zulässige Berufung der Antragsteller hat Erfolg.

Die Antragsteller, Rechtsanwälte in …, beanstanden die nachstehend wiedergegebene Internet – Seite des in … als Steuerberater tätigen Antragsgegners auf:

GRAFIK

Zu Recht wollen sie ihm verbieten lassen, im Geschäftsverkehr zu Wettbewerbszwecken seine Dienste als privat ernannter Testamentsvollstrecker anzubieten. Ihr Unterlassungsanspruch ergibt sich aus § 1 UWG. Der Antragsgegner bezeichnet Testamentsvollstreckungen als einen seiner „Tätigkeitsschwerpunkte”, so daß sein Werbehinweis von den angesprochenen Verkehrskreisen dahin verstanden werden kann, ihn im Wege letztwilliger Verfügungen als Testamentsvollstrecker zu ernennen. Durch die Übernahme solcher Testamentsvollstreckungen ohne behördliche Erlaubnis besorgt er geschäftsmäßig fremde Rechtsangelegenheiten und handelt der Bestimmung des § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG zuwider. Da die Vorschriften des Rechtsberatungsgesetzes die Grenzen des Wettbewerbs auf dem Gebiet der Wahrnehmung fremder Rechtsangelegenheiten markieren, stellt ihre Mißachtung eine Handlung dar, die gegen die guten Wettbewerbssitten verstößt, so daß der Handelnde nach § 1 UWG auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann (BGHZ 48, 12, 17); dies gilt entsprechend für das Anbieten solcher Leistungen.

Die Bedenken des Landgerichts gegen das Vorliegen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses zwischen den Parteien sind unbegründet. Die Testamentsvollstreckung ist eine für den Anwaltsberuf typische Tätigkeit. Die Kanzleisitze der Parteien in … und … liegen nicht so weit entfernt, daß eine wettbewerbliche Berührung ausgeschlossen wäre. Den Antragstellern können durch die Betätigung des Antragsgegners Mandate entgehen. Unter den Umworbenen befinden sich entgegen der Einschätzung des Landgerichts keineswegs nur (ältere) Personen, die einen an ihrem Wohnort ansässigen Testamentsvollstrecker auszuwählen pflegen. Als Entscheidungskriterien der angesprochenen Verkehrskreise kommen zudem der Wohnsitz der begünstigten Erben oder der Ort, an dem sich der Schwerpunkt des Nachlaßvermögens befindet, in Betracht.

Unter der Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten im Sinne des Rechtsberatungsgesetzes ist die unmittelbare Förderung konkreter fremder Rechtsangelegenheiten zu verstehen, die der Verwirklichung oder Gestaltung von Rechten Dritter dient (BGH, NJW 1989, 2125 – Erbensucher; NJW 1956, 591, 592). Daran gemessen stellt die Testamentsvollstreckung die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten nach Artikel 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG dar. Zu den gesetzlichen Aufgaben des Testamentsvollstreckers gehört es, die letztwilligen Verfügungen des Erblassers auszuführen (§ 2203 BGB), die Auseinandersetzung unter mehreren Erben zu bewirken (§ 2204 BGB) und den Nachlaß zu verwalten (§ 2205 BGB), wobei dies die Befugnis einschließt, den Nachlaß in Besitz zu nehmen und in gewissem Rahmen über ihn zu verfügen (§ 2205 S. 2, 3 BGB) sowie erforderlichenfalls Verbindlichkeiten einzugehen oder sonst Verträge zu schließen (§ 2206 BGB). Ist der Nachlaß überschuldet, so ist der Testamentsvollstrecker verpflichtet, die Dürftigkeitseinrede für die Erben nach §§ 1990, 1992 BGB zu erheben. Er kann das Vergleichsverfahren über den Nachlaß beantragen. Ausgleichspflichtige Vorempfänge hat er nach den §§ 2050 ff. BGB zu berücksichtigen. Gemäß § 2212 BGB ist er zur aktiven Prozeßführung befugt. Seine Tätigkeit ist mithin dadurch geprägt, nach der Willensbestimmung und unter Beachtung der Anordnungen des Erblassers unmittelbar Rechte zu verwirklichen und zu gestalten. Dabei hängt die Einordnung seiner Tätigkeit als Rechtsbesorgung nicht davon ab, wie groß der Anteil der Rechtsbesorgung im Verhältnis zur reinen Verwaltungstätigkeit im Einzelfall ist, namentlich ob es sich um eine Abwicklungsvollstreckung oder eine – seltenere und nach dem Gesetz unerwünschte – Dauervollstreckung handelt (vgl. Lang, NJW 1999, 2332). Im Vordergrundgrund bleibt in jedem Falle die rechtliche Betätigung. Die Tätigkeit ist für den Amtsinhaber auch eine fremde, weil er das Amt nur als Treuhänder nach den Weisungen des Erblassers im Int...

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