Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Entscheidung vom 04.09.2014)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die im Beschluss der 20. Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 4. September 2014 getroffene Entscheidung, die Anklageschrift vom 15. April 2014 hinsichtlich der Fälle 1 bis 95 nicht zur Hauptverhandlung zuzulassen, wird als unbegründet verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Angeschuldigten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

 

Gründe

A.

Die Staatsanwaltschaft hat gegen den Angeschuldigten unter dem 15. April 2014 vor der großen Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf Anklage wegen Vorteilsgewährung in Tateinheit mit Untreue in 95 Fällen (§ 333 Abs. 1, § 266 Abs. 1, § 52 StGB) sowie Untreue in einem weiteren - besonders schweren - Fall (§ 266 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB) erhoben. Nach dem Inhalt der Anklageschrift wird dem Angeschuldigten im Wesentlichen zur Last gelegt, in den Jahren 2007 bis 2010 auf Kosten der Industrieterrains Düsseldorf-Reisholz AG (im Folgenden: IDR), deren alleiniger Vorstand er im Tatzeitraum war, 25 Mitarbeitern der Stadtverwaltung Düsseldorf, einem öffentlich bestellten Vermessungsingenieur und zwei Mitarbeitern der Düsseldorfer Staatskanzlei jeweils als Weihnachtsgeschenk eine Kiste Wein oder Champagner, bestehend aus drei oder sechs Flaschen im Wert zwischen 60,66 € und 324,87 € jährlich zugewendet (Fälle 1 - 76) und des weiteren dem Düsseldorfer Oberbürgermeister D. E. sowie den Beigeordneten der Düsseldorfer Stadtverwaltung A., Dr. B., L., H. und R. jeweils zum Geburtstag eine Kiste mit sechs Flaschen Champagner im Wert zwischen 240,60 € und 324,87 € jährlich übersandt (Fälle 77 - 95) und so der IDR jeweils entsprechende Vermögensnachteile zugefügt zu haben. Ziel der Zuwendungen sei es gewesen, bei den Vorteilsempfängern zugunsten der Unternehmensinteressen der IDR eine "Atmosphäre der Geneigtheit" zu schaffen.

Darüber hinaus (Fall 96) soll der Angeschuldigte im Zeitraum 1. Februar bis 1. Juni 2007 fünf Rechnungen über jeweils 14.280,00 € (also insgesamt 71.400,00 €), die der Zeuge W. auf der Grundlage eines am 28. März 2003 mit der IDR geschlossenen Beratervertrages für angeblich an 75 Tagen erbrachte Beraterleistungen gestellt hatte, zur Zahlung freigegeben haben, obwohl ihm bekannt gewesen sei, dass der Zeuge W. - abgesehen von der mit 952,00 € zu vergütenden Teilnahme an einer Projektsitzung am 18. Januar 2007 - tatsächlich keinerlei Leistungen erbracht habe.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Strafkammer die Anklage lediglich wegen des letztgenannten Vorwurfs (Fall 96) unter Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem Amtsgericht - Schöffengericht - Düsseldorf zur Hauptverhandlung zugelassen; im Übrigen hat sie die Eröffnung des Hauptverfahrens aus tatsächlichen Gründen abgelehnt, weil sie nach Aktenlage hinsichtlich der weiteren Anklagevorwürfe keinen hinreichenden Tatverdacht gesehen hat. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer sofortigen Beschwerde, mit der sie die Zulassung der Anklage hinsichtlich sämtlicher dem Angeschuldigten zur Last gelegten Taten und die Eröffnung des Hauptverfahrens vor einer anderen großen Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf begehrt.

B.

Das Rechtsmittel führt nicht zum Erfolg. Die Strafkammer ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen für eine Eröffnung des Hauptverfahrens wegen der unter den Ziffern 1 bis 95 der Anklageschrift erhobenen Vorwürfe nicht vorliegen, weil bei vorläufiger Bewertung der angeklagten Taten nach Aktenlage eine Verurteilung des Angeschuldigten insoweit nicht wahrscheinlich ist. Hinreichender Tatverdacht besteht weder in Bezug auf den Vorwurf der Vorteilsgewährung gemäß § 333 Abs. 1 StGB noch hinsichtlich des Vorwurfs der Untreue nach § 266 Abs. 1 StGB.

I. Vorteilsgewährung gemäß § 333 Abs. 1 StGB in Bezug auf Bedienstete der Stadt

Durch die Hingabe von Wein- und Champagner-Kisten als Weihnachts- und/oder Geburtstagsgeschenke an Bedienstete der Stadt Düsseldorf hat der Angeschuldigte zwar jeweils im Sinne der genannten Vorschrift einem Amtsträger einen Vorteil gewährt. Den Akten lassen sich aber keine hinreichenden Verdachtsmomente dafür entnehmen, dass die Vorteilszuwendungen jeweils "für eine Dienstausübung", also auf der Grundlage einer sogenannten "Unrechtsvereinbarung" zwischen dem Vorteilsgeber und dem jeweiligen Amtsträger erfolgt sind.

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind für den durch Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 13. August 1997 neu gefassten und in seinem Anwendungsbereich erweiterten Tatbestand der Vorteilsgewährung nach § 333 Abs. 1 StGB an die inhaltliche Verknüpfung von Vorteil und Dienstausübung folgende Anforderungen zu stellen:

Zwischen dem Vorteil und der Dienstausübung muss ein "Gegenseitigkeitsverhältnis" in dem Sinne bestehen, dass der Vorteil nach dem (angestrebten) ausdrücklichen oder stillschweigenden Einverständnis der Beteiligten seinen...

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