Verfahrensgang

LG Wuppertal (Aktenzeichen 3 O 101/19)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 3. August 2020 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal (3 O 101/19) teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.000,- EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31. Januar 2019 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin gegenüber ihren Prozessbevollmächtigten von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 255,85 EUR freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Beklagten und die Berufung der Klägerin werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen haben die Klägerin 88 % und die Beklagte 12 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten, einer gesetzlichen Krankenkasse, Schmerzensgeld wegen eines Verstoßes gegen Datenschutzvorschriften.

Die Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Am 27. November 2018 führte sie mit einem Versicherungsmakler ein Beratungsgespräch über den Abschluss einer privaten Krankentagegeldversicherung, die schon zum 1. Januar 2019 zu laufen beginnen sollte. Der Makler empfahl ihr, vorbereitend einen Auszug ihrer Gesundheitsakte bei der Beklagten anzufordern. Das sollte es der Klägerin ermöglichen, die mit dem Versicherungsantrag zu beantwortenden Gesundheitsfragen zutreffend beantworten zu können. Die Klägerin nahm sich daraufhin vor, ihre Gesundheitsakte über die Weihnachtsfeiertage 2018 durchzusehen.

Am 14. Dezember 2018 meldete sich die Klägerin telefonisch bei der Beklagten, um sich den die letzten drei Jahre betreffenden Inhalt ihrer Gesundheitsakte zusenden zu lassen. Den Anruf nahm der bei der Beklagten beschäftigte Zeuge A. entgegen. Der genaue Inhalt und Verlauf des Telefongesprächs ist zwischen den Parteien streitig geblieben. Im Ergebnis notierte sich der Zeuge für die Übersendung der Akte die E-Mail-Adresse der Klägerin. Dies geschah jedoch nicht in der von der Klägerin angegebenen zutreffenden Schreibweise "B1@fff.de", sondern in der hiervon abweichenden Schreibweise "B2@fff.de". An die letztgenannte E-Mail-Adresse übersandte der Zeuge den von der Klägerin angeforderten Akteninhalt, ohne die E-Mail oder den Dateianhang zu verschlüsseln oder zu pseudonymisieren.

Nachdem die Klägerin bis zum 17. Dezember 2018 keinen E-Mail-Eingang von der Beklagten verzeichnen konnte, meldete sie sich am Vormittag dieses Tages wiederholt telefonisch bei der Beklagten, um sich nach dem Vorgang zu erkundigen. Am Nachmittag erhielt sie von der Beklagten Nachricht, dass die E-Mail von dem Zeugen A. an eine falsche E-Mail-Adresse gesandt worden sei. Die Beklagte veranlasste noch am 17. Dezember 2018 einen postalischen Versand der Gesundheitsakte an die Anschrift der Klägerin.

In der Zeit vom 17. bis zum 20. Dezember 2018 rief die Klägerin wiederholt bei der Beklagten an und teilte mit, wie sehr sie unter der Ungewissheit ob des Verbleibs ihrer Gesundheitsdaten leide und dass sie seit Tagen nicht mehr schlafen könne. Die Beklagte sicherte wiederholt zu, sich um die Angelegenheit zu kümmern. Der Zeuge A. sprach der Klägerin spätestens am 20. Dezember 2018 eine Entschuldigung auf die Mailbox. Am selben Tag leitete er die für die Klägerin bestimmte, aber versehentlich an das falsche E-Mail-Postfach versandte E-Mail an seinen Vorgesetzten, Herrn C., sowie am 7. Januar 2019 auch an den Leiter des Kundenservices in der Hauptgeschäftsstelle Karlsruhe, den Zeugen D., weiter.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 21. Dezember 2018 (Anlage N2) forderte die Klägerin die Beklagte auf, bis zum 3. Januar 2019 Auskunft über den Verlauf der Datenschutzverletzung zu geben. Die Beklagte räumte die Datenschutzverletzung mit Schreiben vom 9. Januar 2019 (Anlage N3) ein.

Mit einem Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 15. Januar 2019 forderte die Klägerin die Beklagte unter Bezugnahme auf Art. 82 DSGVO auf, ihr wegen des in dem fehlerhaften E-Mail-Versand liegenden Datenschutzverstoßes bis zum 30. Januar 2019 ein Schmerzensgeld von 15.000,- EUR zu zahlen und Anwaltskosten in Höhe von 1.029,35 EUR zu ersetzen. Die Beklagte wies diese Forderung mit Schreiben vom 25. Januar 2019 (Anlage N6) zurück, bot aber ohne Anerkennung einer Rechtspflicht an, der Klägerin 500,- EUR zu zahlen. Die Klägerin ging hierauf nicht ein.

Die Klägerin hat behauptet, sie habe in dem Gespräch mit dem Zeugin A. eine postalische Übersendung der Gesundheitsakte gewünscht. Der Zeuge habe stattdessen aus Umweltschutzgründen einen E-Mail-Versand vorgeschlagen. Das habe sie zunächst mehrfach zurückgewiesen, sich wegen der Beharrlichkeit des Zeugen dann aber doch darauf eingelassen. Nach dem fehlerhaften E-Mail-Versand habe die Beklagte bis zum 19. Dezember 2018 nichts unternommen, um die Versendung rückgängig zu machen. Der...

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