Leitsatz (amtlich)

1. Haben die Parteien eine gemeinsame Wohnungsübergabe durchgeführt und den Zustand der Räume in einem von ihnen gemeinsam unterzeichneten Begehungsprotokoll dokumentiert, so muss der Mieter darlegen und beweisen, dass ein in dem Protokoll nicht aufgeführter Mangel (hier: Haarriss des Waschbeckens) bereits im Zeitpunkt der Übergabe der Räume vorhanden war.

2. Eine Vorenthaltung i.S. des § 557 Abs. 1 a.F. BGB liegt nicht vor, wenn die verspätete Rückgabe darauf beruht, dass der Mieter auf Verlangen des Vermieters Beklagte noch Renovierungsarbeiten ausführt.

3. Zur Substanziierungspflicht des Vermieters hinsichtlich der Höhe der als Schadensersatz verlangten Renovierungskosten.

 

Normenkette

BGB §§ 548, 557 Abs. 1 a.F.

 

Verfahrensgang

LG Krefeld (Aktenzeichen 2 O 63/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 18.3.2002 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Krefeld unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 189,69 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatzüberleitungsgesetzes vom 9.6.1998 seit dem 10.3.2001 zu zahlen.

Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Aus den im Tatbestand des angefochtenen Urteils genannten Gründen (GA 85–88) verlangt die Klägerin von der Beklagten Schadensersatz wegen Beschädigung der Mietsache und nicht bzw. schlecht ausgeführter Schönheitsreparaturen sowie die Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die Monate September und Oktober 2000 in erstinstanzlich geltend gemachter Höhe von 9.343,08 Euro.

Das LG hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird (GA 89 – 93), abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre erstinstanzlichen Zahlungsansprüche i.H.v. 9.246,32 Euro weiterverfolgt.

Die Klägerin ergänzt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 20.6.2002 (GA 113 ff.) verwiesen.

Die Beklagte stellt die Klageforderung i.H.v. 20 DM (= fehlender Briefkastenschlüssel) unstreitig und bittet i.Ü. nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 2.12.2002 (GA 133 ff.) um Zurückweisung der Berufung.

II. Die zulässige Berufung hat in der Sache lediglich i.H.v. 371 DM = 189,69 Euro geringfügigen Erfolg. Hinsichtlich der weiter gehenden Forderung hat das LG i.E. zutreffend eine Haftung der Beklagten verneint. Das Rechtsmittelvorbringen der Klägerin rechtfertigt keine hiervon abweichende Beurteilung.

A. Erdgeschosswohnung

1. Erneuerung des Waschbeckens/fehlender Badewannenüberlauf 743,42 DM

Der Klägerin steht wegen der Beschädigung des Waschbeckens gegen die Beklagte nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung ein Schadensersatzanspruch lediglich i.H.v. 300 DM = 153,39 Euro zu. Für die fehlende Abdeckrosette des Badewannenüberlaufs kann sie von der Beklagten die Zahlung von 50,00 DM = 25,56 Euro verlangen.

(a) Das LG hat eine Haftung der Beklagten für die behauptete Beschädigung des Waschbeckens (Haarriss) zu Unrecht verneint. Zwar folgt aus der Regelung des § 548 BGB a.F., dass der Vermieter den ordnungsgemäßen Zustand der Mietsache bei Übergabe beweisen muss, weil der Mieter nur für solche Verschlechterungen einzustehen hat, die während der Mietzeit entstanden und nicht Folge des vertragsgemäßen Gebrauchs sind. Ob sich die Mängelfreiheit insoweit bereits aus der eigenen Mängelliste der Beklagten vom 1.6.1997 ergibt, die einen Haarriss des Waschbeckens nicht aufführt, mag dahinstehen.

Jedenfalls spricht zugunsten der Klägerin eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Beschädigung bei Übergabe der Wohnung nicht vorhanden war. Die Parteien haben am 6.6.1997 eine gemeinsame Wohnungsbegehung durchgeführt und den Zustand der Räume in einem von ihnen gemeinsam unterzeichneten Begehungsprotokoll dokumentiert. In diesem ist unter der Rubrik Waschbecken eine Beschädigung nicht vermerkt. Da für das Protokoll die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der abgegebenen Erklärungen streitet, obliegt entgegen der Annahme des LG nicht der Klägerin, sondern der Beklagten die Darlegungs- und Beweislast für das Vorhandensein des Haarrisses im Zeitpunkt der Übergabe. Dieser Darlegungs- und Beweislast ist die Beklagte nicht nachgekommen. Sie hat weder eine plausible Erklärung dafür gegeben, warum dieser auf dem vorgelegten Foto deutlich erkennbare Haarriss nicht in dem Begehungsprotokoll vermerkt ist noch hat sie vorgetragen, den Haarriss zu einem späteren Zeitpunkt während der Dauer des Mietverhältnisses gerügt zu haben. Soweit sie sich zum Beweis für das Vorhandensein der Beschädigung bei Mietbeginn auf die Vernehmung der Zeugen J. und T. berufen hat, handelt es sich um eine prozessual unzulässige Ausforschung, weil nicht dargelegt ist, wann die Zeugen das Waschbecken erstmals in Augenschein genommen haben. Ohne ...

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