Leitsatz (amtlich)

Das Ausheben eines falschen Grabs und Entsorgen darin befindlicher Sarg- und Leichenteile durch einen Mitarbeiter der Friedhofsgärtnerei rechtfertigt nicht die fristlose Kündigung des Friedhofspflegevertrages mit der Gärtnerei.

 

Normenkette

BGB § 314

 

Verfahrensgang

LG Wuppertal (Aktenzeichen 7 O 59/17)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Grundurteil des Einzelrichters der 7. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 11.04.2019, Az.: 7 O 59/17, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt Vergütung für nicht erbrachte Leistungen aus einem gekündigten Friedhofsgärtner- und Totengräbervertrag in dem Zeitraum vom 28.09.2016 bis zum Zeitpunkt der ausgesprochenen ordentlichen Kündigung am 14.04.2017.

Der Kläger ist Friedhofsgärtner und hatte in den vergangenen etwa 25 Jahren seinen Firmensitz auf dem von der Beklagten betriebenen Friedhof H... Str. in S..., wo er u.a. auch einen Blumenladen betrieb und Flächen zum Betrieb der Friedhofsgärtnerei in Anspruch nahm. Mit Datum vom 07.04.2008 unterzeichneten die Parteien einen Vertrag, der unter anderem die Aufgaben des Klägers als Friedhofsgärtner und Totengräber umschrieb. Für im Einzelnen näher bezeichnete Gärtnerarbeiten sind nach diesem Vertrag eine monatliche Festvergütung sowie leistungsbezogene Vergütungen für die Grabbereitung vorgesehen. Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage K1 (Bl. 15 ff. der Akte) Bezug genommen. In der Folgezeit unterzeichneten die Parteien Verträge über ergänzende Leistungen.

Der Kläger beschäftigte zuletzt mehrere Arbeitnehmer, darunter seinen Sohn, den Zeugen P. R.

Im September 2016 erteilte der Friedhofsverwalter dem Kläger den Auftrag zum Aushub einer Grabstätte zur Vorbereitung einer Beerdigung. Die Beerdigung sollte in einer Familiengrabstätte erfolgen, die sich über drei nebeneinanderliegende Grabstellen erstreckt. Dort war zuletzt auf der linken Seite im Jahr 2010 ein Familienmitglied, Frau R..-B..., beerdigt worden. Das Datum der Beerdigung stand auf einem Grabstein, der auf der mittleren der drei Grabstellen aufgestellt war (vgl. Anlage K10, Bl. 123 der Akte).

Am Mittwoch, den 21.09.2016, erfolgte der Aushub auf der linken Seite des Dreifachgrabes. Vor den Aushubarbeiten wurde der Grabstein von der Grabstätte entfernt. Der Aushub erfolgte mittels eines kleinen Baggers, die ausgehobene Erde wurde teils vor Ort gelagert, teils mittels eines Transportfahrzeugs zum Abfallplatz des Friedhofes gebracht und dort wiederum mittels des Baggers von dem Transportfahrzeug in den Container verladen. Diese Arbeiten wurden jedenfalls von dem Zeugen P. R. durchgeführt. Im Zuge der Aushubarbeiten stieß dieser auf nicht verrottete Sargteile, die er zusammen mit Teilen des Erdaushubs in der genannten Weise in den Container beförderte. Bei diesem Vorgang wurde auch der Leichnam der im Jahr 2010 bestatteten Frau aus der Grabstelle entnommen und in der genannten Weise in den Abfallcontainer geschafft.

Am Folgetag, dem 22.09.2016 war die Beerdigung in dem Familiengrab vorgesehen. Bereits frühzeitig vor der Beerdigung erschien der Witwer der Frau R...-B... und sprach den Friedhofsverwalter darauf an, wo der Leichnam seiner Frau sei. Diese Frage konnte der Friedhofsverwalter zunächst nicht beantworten.

Am Montag, den 26.09.2016, erteilte gegen 7.00 Uhr der Kläger bzw. sein Sohn den Auftrag zur Abholung des verschlossenen Abfallcontainers. Auf Betreiben der Beklagten wurde der Abfallcontainer jedoch noch vor dem Abtransport geöffnet und durchsucht, wobei der Leichnam der genannten Frau aufgefunden werden konnte. Die von der Beklagten am Folgetag hinzugezogene Stadtdienstordnung der Stadt S... traf zu dieser Auffindesituation eigene Feststellungen.

Am 27.09.2016 forderten Mitglieder des Kirchenvorstands den Kläger zur sofortigen Räumung des Firmensitzes auf und kündigten an, die Schlösser der Friedhofsgärtnerei auszutauschen und erklärten in diesem Zusammenhang, es sei bereits ein neuer Friedhofsgärtner gefunden. Mit Schreiben vom selben Tag erklärte die Beklagte dem Kläger gegenüber die fristlose Kündigung (vgl. Anlage K2, Bl. 17 der Akte).

Am 29.09.2016 ging dem Kläger ein auf den 14.04.2016 datiertes Kündigungsschreiben zu, mit dem der Kirchenvorstand die ordentliche Kündigung des Friedhofsgärtnervertrages zum 14.04.2017 erklärte.

Im Hinblick auf den Streit über das Fortbestehen des Vertragsverhältnisses entwarf der Klägervertreter einen Vergleichsvorschlag, in dem festgehalten war, dass der Kläger den außerordentlichen Kündigungsgrund zurückweise. Die von der Beklagten eingeschaltete Mitarbeiterin des Bistums, Frau G..., äußerte in einer darauf gerich...

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