Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässiges „Abschleppinkasso” des für die Polizeibehörde handelnden Unternehmers

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Unternehmer, der im Auftrag einer Polizeibehörde Kfz abschleppt und die Kosten unter Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts an den Fahrzeugen einzieht, kann nicht selbst auf Unterlassung dieses Handelns in Anspruch genommen werden.

 

Normenkette

UWG § 1; RBerG Art. 1 § 1 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 13.03.2002; Aktenzeichen 12 O 161/01)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 26.01.2006; Aktenzeichen I ZR 83/03)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 13.3.2002 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des LG Düsseldorf abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 2.550 Euro abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Berechtigung der beklagten Abschleppunternehmerin, nach dem im Auftrag der Polizeibehörde erfolgten Abschleppen von verkehrswidrig geparkten Fahrzeugen, deren Herausgabe von der Zahlung der Abschleppkosten abhängig zu machen und auf diese Weise Inkassotätigkeit zu betreiben. Der Kläger sieht darin einen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz und zugleich einen ihn als Rechtsanwalt betreffenden Wettbewerbsverstoß nach § 1 UWG.

Das LG ist der Auffassung des Klägers, die bislang auch vom erkennenden Senat vertreten wurde, gefolgt und hat die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Ansprüche Dritter im eigenen oder fremden Namen gegen Eigentümer, Halter oder Fahrer von Kfz geltend zu machen, die darauf beruhen, dass die Beklagte diese Kfz im Auftrag eines Dritten abschleppt, weil diese im öffentlichen Straßenverkehrsraum behindert abgestellt sind. Die vom Kläger in erster Instanz noch geltend gemachten Schadensersatzansprüche wegen der verzögerten Herausgabe seines am 15.12.2000 von der Beklagten im Auftrag des Polizeipräsidenten abgeschleppten Fahrzeugs hat das LG abgewiesen.

Mit der Berufung wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung durch das Erstgericht. Sie argumentiert in Anlehnung an die Entscheidung des LG Marburg (LG Marburg v. 24.5.2000 – 5 S 233/99, NJW 2001, 2028 ff.), dass die Voraussetzungen des § 1 UWG nicht gegeben seien. Sie habe weder im geschäftlichen Verkehr gehandelt noch stehe sie in einem Wettbewerbsverhältnis zum Kläger. Auch liege keine gegen die guten Sitten verstoßende Verletzung des Rechtsberatungsgesetzes vor, da sie jedenfalls als Angestellte i.S.v. Art. 1 § 6 RBerG anzusehen sei.

Die Beklagte beantragt, unter teilweiser Abänderung des Urteils des LG vom 13.3.2002 die Klage des Klägers insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen mit der Maßgabe, dass sich das Verbot auf die Geltendmachung von Ansprüchen der Ordnungs- oder Polizeibehörden beziehen solle, die aus Abschleppungen dieser Stellen erwachsen sind.

Der Kläger hat seine unter Bezugnahme auf die obergerichtliche Rspr. vertretene Rechtsauffassung auch in zweiter Instanz wiederholt.

II. Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.

Von der beklagten Abschleppunternehmerin kann nicht die Unterlassung der beanstandeten Inkassotätigkeit verlangt werden, weil auf den zur Beurteilung anstehenden Sachverhalt vorrangig die Amtshaftungsgrundsätze anzuwenden sind und danach eine Inanspruchnahme der Beklagten auf Unterlassung eines bestimmten Verwaltungshandelns ausgeschlossen ist.

Die Beklagte handelt nicht als private Unternehmerin, sondern in Ausübung eines öffentlichen Amtes, indem sie – wie auch im Fall des Klägers – die Herausgabe von den im Auftrag des Polizeipräsidenten abgeschleppten und in Verwahrung genommenen Fahrzeugen von der Bezahlung der Abschleppkosten abhängig macht.

Dass ein Abschleppunternehmer, der von der Polizeibehörde durch privatrechtlichen Vertrag mit der Bergung und/oder dem Abschleppen eines Fahrzeugs beauftragt wird, bei Durchführung der Abschleppmaßnahme in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes handelt, ist durch die Entscheidung des BGH (BGH v. 21.1.1993 – III ZR 189/91, BGHZ 121, 161 ff. = MDR 1993, 850) geklärt. Der BGH hat hierzu ausgeführt, dass die auf privatrechtlicher Grundlage beruhende Heranziehung privater Unternehmer zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben Fallgestaltungen umfasse, die sich sowohl durch den Charakter der jeweils wahrgenommenen Aufgabe als auch durch die unterschiedliche Sachnähe der übertragenden Tätigkeit zu dieser Aufgabe sowie durch den Grad der Einbindung des Unternehmers in den behördlichen Pflichtenkreis voneinander unterscheiden. Je stärker der hoheitliche Charakter der Aufgabe in den Vordergrund trete, je enger die Verbindung zwischen der übertragenden Tätigkeit und der von der Behörde zu erfüllend...

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