Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 04.05.2016 unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

I. Es wird festgestellt, dass das zwischen der S./C. und der Beklagten abgeschlossene Haftpflichtversicherungsverhältnis mit der Versicherungsscheinnummer ... fortbesteht.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.500 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.07.2014 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 70 %, die Beklagte trägt sie zu 30 %.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Die Kosten der Nebenintervention trägt der Streithelfer selbst.

III. Dieses Urteil und das landgerichtliche Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche aufgrund einer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung (D&O-Versicherung) geltend.

Die Klägerin war Geschäftsführerin der S./C. (im Folgenden: Versicherungsnehmerin), die zwischenzeitlich insolvent ist (vgl. Eröffnungsbeschluss des AG Mönchengladbach vom 29.12.2011, Az: 45 IN 108/11).

Mit Versicherungsbeginn zum 14.08.2010 kam zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten unter der Versicherungsscheinnummer ... ein Vertrag über eine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung zustande, dem unter anderem die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Vermögensschadens- Haftpflichtversicherung von Unternehmensleitern und Leitenden Angestellten (ULLA, Bl. 26 R ff. GA) zugrunde liegen.

Nach A 1.1 wird Versicherungsschutz gewährt "für den Fall, dass eine versicherte Person ... wegen einer ... Pflichtverletzung ... für einen Vermögensschaden von der Versicherungsnehmerin oder einem Dritten (hierzu zählt auch der Insolvenzverwalter) auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird. ...".

Die Bedingungen enthalten unter A 6 einen Haftungsausschluss, der auszugsweise wie folgt lautet:

"Ausgeschlossen vom Versicherungsschutz sind Haftpflichtansprüche wegen vorsätzlicher Schadensverursachung oder durch wissentliches Abweichen von Gesetz, Vorschrift, Beschluss, Vollmacht oder Weisung oder durch sonstige wissentliche Pflichtverletzung durch eine versicherte Person.

Den versicherten Personen werden Handlungen oder Unterlassungen nicht zugerechnet, welche von anderen versicherten Personen begangen wurden. Sofern die vorsätzliche Schadensverursachung oder wissentliche Pflichtverletzung streitig ist, besteht Versicherungsschutz für die Abwehr und Verteidigungskosten unter der Bedingung, dass der Vorsatz oder die wissentliche Pflichtverletzung nicht durch rechtskräftige Entscheidung, Vergleich oder Anerkenntnis festgestellt wird. Erfolgt eine solche Feststellung, entfällt der Versicherungsschutz rückwirkend. Die versicherten Personen sind dann verpflichtet, dem Versicherer die erbrachten Leistungen zurückzuerstatten."

Der Gründung der Versicherungsnehmerin lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Bruder der Klägerin, der Zeuge R. C., war alleiniger Gesellschaftergeschäftsführer der L. e.K., ein Unternehmen in der Briefzustellung mit Sitz in Erkelenz, das Ende des Jahres 2009 Steuerschulden in Höhe von 240.000,00 EUR aufwies, die es nicht bedienen konnte. Deswegen entschloss der Zeuge C. sich Ende April 2010 dazu, dieses Unternehmen nicht weiter zu betreiben und für die Steuerschulden die persönliche Verantwortung zu übernehmen. In der Folge meldete er am 07.02.2011 Privatinsolvenz an; ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung endete mit einer Bewährungsstrafe.

In dieser Situation kam der Bruder der Klägerin auf die Idee, anstelle der zahlungsunfähigen L. e.K. eine neue Gesellschaft, die Versicherungsnehmerin, zu gründen, die den Geschäftsbetrieb der zahlungsunfähigen "Altgesellschaft" fortsetzen sollte. In diesem Zusammenhang kam es zu Gesprächen zwischen der Klägerin und ihren Brüdern R., B. und R. C.. Die Klägerin erklärte sich bereit, in der neu zu gründenden Gesellschaft formal die Rolle der Geschäftsführerin zu übernehmen, da R. C. selbst hierzu in Anbetracht der bevorstehenden Privatinsolvenz nicht in der Lage war und die beiden anderen Brüder aufgrund ihrer beruflichen Situation nicht zur Verfügung standen. Dabei bestand zwischen den Beteiligten Einigkeit darüber, dass die Klägerin hauptberuflich weiter ihrer Tätigkeit als Chemikerin der H. AG nachgehen würde.

Buchhalterische Belange sollten durch den externen Consulter P. betreut werden. Die faktische Geschäftsführung (Zahlungsverkehr, Auskehrung der Gehälter an die Mitarbeiter, Kundenkontakt) sollte dem Zeuge...

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