Verfahrensgang

LG Duisburg (Aktenzeichen 6 O 162/96)

 

Tatbestand

Die Parteien wohnen auf benachbarten Grundstücken. Der seinerzeit 3 Jahre und 5 Monate alte Kläger spielte am 10.8.1993 auf dem elterlichen Grundstück mit dem damals 6 Jahre und 8 Monate alten Beklagten. Der Kläger führte eine Spielzeug-Pistole mit sich, mit der Pfeile mittels Federkraft abgeschossen werden konnte. Der Beklagte steckte einen Holzstab in den Lauf der Pistole und schoß ihn ab. Der Stab traf das rechte Auge des Klägers. Dieser erlitt eine perforierende Hornhautverletzung mit Iris-Einklemmung. Da sich die Linse des Auges in der Folgezeit eintrübte, wurde diese Ende Mai 1995 vollständig herausgenommen. Wegen einer bösartigen Entzündung der Hornhaut mußte im Juli 1995 das rechte Auge entfernt werden.

Aus einer Invaliditätsversicherung erhielt der Kläger wegen des Unfalles vom 10.8.1993 eine Zahlung von 56.500,00 DM.

Mit der Klage verlangt der Kläger, der den Streitwert in der Klageschrift mit 20.000,00 DM angegeben hat, von dem Beklagten und dessen Eltern ein angemessenes Schmerzensgeld.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben behauptet: Die spielenden Kinder seien im wesentlichen von der Mutter des Klägers beaufsichtigt worden. Die Beklagte zu 2 habe die spielenden Kinder in unregelmäßigen Abständen von der Wohnung aus beobachtet (Bl. 32/33 GA). Bei dem Beklagten handele es sich um einen altersgemäß entwickelten Jungen, der nicht durch "üble Streiche" aufgefallen sei. Vor dem 10.8.1993 - dies ist im übrigen unstreitig - hätten die Kinder nicht mit der Spielzeugpistole geschossen (Bl. 33 GA).

Das Landgericht hat die Klage durch das angefochtene Urteil abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Der Beklagte zu 1 hafte gemäß § 828 Abs. 1 BGB nicht, weil er zur Unfallzeit das siebente Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. Die Voraussetzungen, unter denen eine Ersatzpflicht des Beklagten zu 1 aus Billigkeitsgründen gemäß § 829 BGB bestünde, lägen im Hinblick darauf, daß der Kläger aus einer Invaliditätsversicherung 56.500,00 DM erhalten habe und Umstände, die eine Billigkeitshaftung begründen könnten, nicht substantiiert dargetan seien, nicht vor.

Eine Haftung der Beklagten zu 2 und 3 scheide aus, da eine Verletzung der Aufsichtspflicht nicht ersichtlich sei. Der Beklagte habe sich beim Spiel auf dem Nachbargrundstück in der über beide Kinder ausgeübten Obhut der Mutter des Klägers befunden.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung sowie wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger den Klageantrag gegen alle Beklagte weiter. Er meint, das Landgericht habe Inhalt und Umfang der den Beklagten zu 2 und 3 obliegenden Aufsichtspflicht verkannt, die sich nicht in einer Beaufsichtigung erschöpfe. Im übrigen wiederholt und ergänzt der Kläger seinen erstinstanzlichen Vortrag nach Maßgabe seiner Berufungsbegründung vom 5.3.1997 (Bl. 65-71 GA).

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagten zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten behaupten: Die Beklagten zu 2 und 3 hätten den Beklagten zu 1 und dessen Bruder über die von Schußwaffen ausgehenden Gefahren allgemein belehrt (Bl. 79 GA). Vor der Benutzung von Spielzeugpistolen, wie der hier in Rede stehenden, sei der Beklagte zu 1 allerdings nicht gewarnt worden, da er ein solches "Spielzeug" nicht besessen habe und auch nicht ersichtlich gewesen sei, daß er eine solche Pistole überhaupt in die Hand bekommen könne. Es sei den Beklagten zu 2 und 3 auch nicht bekannt gewesen, daß der Kläger über eine Spielzeugpistole verfügt habe. Im übrigen wiederholen auch sie ihren erstinstanzlichen Vortrag und zwar nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 10.4.1997 (Bl. 78-81 GA).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien und die diesen beigefügten Unterlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist nur zum Teil begründet.

Der Kläger kann von den Beklagten zu 2 und 3 als Gesamtschuldnern wegen der Verletzungen, die zum Verlust seines rechten Auges geführt haben, gemäß den §§ 832 Abs. 1, 830 Abs. 1, 847 Abs. 1 BGB ein Schmerzensgeld in Höhe von 40.000,00 DM verlangen. Diese haben die Verletzung des Klägers dadurch verursacht, daß sie ihrer eigenen Sachdarstellung zufolge der Aufsichtspflicht über den Beklagten zu 1 nicht genügt haben.

Dagegen ist die gegen den Beklagten zu 1 gerichtete Klage nicht begründet. Die Voraussetzungen, unter denen dem Kläger aus Billigkeitsgründen Schadensersatz gemäß § 829 BGB zuzubilligen wäre, liegen nicht vor.

I. Schmerzensgeldanspruch gegen die Beklagten zu 2 und 3

Der am 10.12.1986 geborene Beklagte unterstand g...

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