Entscheidungsstichwort (Thema)

Arzthaftung: Gesamtschuldnerische Haftung zweier Partner einer Gemeinschaftspraxis. grober Behandlungsfehler bei unterlassener Befunderhebung zum Ausschluss eines Schlaganfalls. Schmerzensgeldbemessung

 

Orientierungssatz

1. Das Betreiben einer Gemeinschaftspraxis begründet eine gesamtschuldnerische Haftung der Partner für die einem der Partner zur Last fallende Schlechterfüllung des Behandlungsvertrages.

2. Übersieht der behandelnde Arzt pflichtwidrig die Anzeichen eines Schlaganfalls seines Patienten und unterlässt er es, eine weitere Befunderhebung zur Abklärung der Ursache der Beschwerden des Patienten zu veranlassen und ihn zu Durchführung der erforderlichen Diagnostik erneut stationär einzuweisen, so ist ihm ein grober Behandlungsfehler vorzuwerfen.

3. Erleidet der Patient (hier: 33jähriger Mann) aufgrund der Versäumnisse seines Arztes einen Schlaganfall, der rechtsseitige hirnstrukturelle Schädigungen verursacht und dazu führt, dass der Patient sich wegen einer latenten Hemiparese, Hemihypästhesie und Hypalgesie links, einer Standunsicherheit sowie neuropsychologischer Defizite einer langwierigen Rehabilitationsbehandlungen unterziehen muss, leidet er darüber hinaus an einer schweren behandlungsbedürftigen Poststroke-Depression und sind als Folgen des Schlaganfalls ein leicht unterdurchschnittliches Gedächtnis, eine Denkverlangsamung, ein herabgesetztes räumliches Vorstellungsvermögen, Konzentrations- und Aufmerksamkeitsprobleme, eine emotionale Labilität sowie eine leichte depressive Symptomatik verblieben, so steht ihm ein Schmerzensgeld in Höhe von 80.000 Euro zu.

4. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes darf aber nicht außer Acht gelassen werden, dass die Grunderkrankung dem behandelnden Arzt nicht zuzurechnen ist und der Patient sich auch bei rechtzeitiger zutreffender Diagnose einer Antikoagulationstherapie hätte unterziehen müssen, die keineswegs risikolos ist, weil sie mit der Gefahr – auch lebensgefährlicher – Blutungen verbunden ist.

 

Normenkette

BGB § 253 Abs. 2, § 280 Abs. 1, §§ 425, 823 Abs. 1

 

Fundstellen

Haufe-Index 3325804

MedR 2012, 179

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