Leitsatz (amtlich)

1. Der Krankentagegeldanspruch wird nach § 1 Abs. 3 MB/KT 94 nicht schon dadurch in Frage gestellt, dass der Versicherungsnehmer nach Ausbruch seiner Krankheit gelegentlich noch das Büro seines Betriebes aufsucht und seiner Sekretärin vereinzelt Diktate über das Ruhen der Geschäftstätigkeit zukommen lässt, ohne damit seine Erwerbstätigkeit fortzuführen.

2. Wegen Verstoßes des Versicherungsnehmers gegen seine Verpflichtung aus § 9 Abs. 1 S. 3 MB/KT 94 i.V.m. den Tarifbedingungen, seine andauernde Arbeitsunfähigkeit wöchentlich durch ärztliche Bescheinigungen nachzuweisen, wird der Versicherer nicht leistungsfrei, wenn er unregelmäßige ärztliche Atteste über die Arbeitsunfähigkeit über längere Zeit geduldet hat, danach kommentarlos reguliert und den sich daraus für den Versicherungsnehmer geschaffenen Vertrauenstatbestand nicht wieder ausgeräumt hat.

 

Normenkette

MB/KT 94 § 1 Abs. 1 und 3, § 9 Abs. 1 S. 3, § Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 11 O 280/99)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 18.12.2002; Aktenzeichen VIII ZR 123/02)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 7.2.2001 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer – Einzelrichter – des LG Düsseldorf teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 29.368,60 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 1.9.1999 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 35.000 Euro abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger unterhielt bis zum 30.4.1999 bei der Beklagten eine Krankentagegeldversicherung, aus der er bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf einer Karenzzeit von 28 Tagen ein Tagegeld von 60 DM (TG 028/60) und nach 42 Tagen weitere 90 DM/Tag (TG 042/90) beanspruchen konnte. Mit Wirkung zum 1.8.1997 wurde der Tarif TG 028/60 auf eine Tagegeldleistung von 80 DM erhöht, wobei zum Zeitpunkt der Annahmeerklärung des Klägers laufende Versicherungsfälle von der Erhöhung ausgeschlossen sein sollten (GA 10). Ob die dem zugrunde liegende Angebotsbestätigung des Klägers (GA 81) bei der Beklagten eingegangen ist, bevor er ab dem 17.11.1997 wegen einer rezidivierenden depressiven Episode krankgeschrieben wurde, ist zwischen den Parteien streitig.

Nachdem der Kläger in der Folge seine fortbestehende Arbeitsunfähigkeit durch die Übersendung in unregelmäßigen, i.d.R. mehrwöchigen Zeitabständen ausgestellten ärztlichen Bescheinigungen belegt hatte, hat die Beklagte für die Zeit bis zum 10.5.1998 sowie erneut vom 6.7. bis zum 13.8.1998 Krankentagegeld gezahlt. Dabei hat sie allerdings aufgrund des Tarifs TG 028/60 lediglich 60 DM pro Tag abgerechnet, weil sie davon ausging, dass die Tariferhöhung erst nach Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart worden ist.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf noch nicht erbrachte Krankentagegeldleistungen für die Zeit vom 15.12.1997 bis zum 17.5.1999 in Anspruch. Wegen der Berechnung der Klageforderung wird auf die Klageschrift (GA 3), den Schriftsatz vom 6.12.2000 (GA 145 ff.) und die Berufungsbegründung (GA 257) Bezug genommen. Er hat geltend gemacht, er sei in der Zeit vom 17.11.1997 bis zum 17.5.1999 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Die ihm im Juli 1997 offerierte Erhöhung des Tarifs 028/60 habe er mit Schreiben vom 7.8.1997, das er bereits am Folgetag bei der Agentur G. in S. eingereicht habe, angenommen.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 60.050 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1.9.1999 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, sie sei unabhängig von der Frage, ob der Kläger tatsächlich arbeitsunfähig gewesen sei, bereits deshalb leistungsfrei, weil er gegen die Obliegenheit verstoßen habe, seine fortdauernde Arbeitsunfähigkeit durch die wöchentliche Einreichung ärztlicher Bestätigungen nachzuweisen. Die von ihr – unstreitig – i.H.v. 25.350 DM erbrachten Zahlungen habe sie nur aus Kulanz geleistet, worauf der Kläger auch hingewiesen worden sei. Ferner habe er sich der von ihr ursprünglich für den 11.5.1998 vorgesehenen Nachuntersuchung durch Dr. J. entzogen. Dass er sich einer für den 6.7.1999 erneut anberaumten Untersuchung gestellt habe, könne an dem Eintritt der Leistungsfreiheit nichts mehr ändern. Schließlich habe er es auch versäumt, ihr eine Kopie seines letzten Steuerbescheides und einen Handelsregisterauszug vorzulegen sowie seine aktuelle Anschrift mitzuteilen.

Das LG Düsseldorf hat der Klage nach Beweisaufnahme i.H.v. 13.240 DM stattgegeben. Dabei ist es davon ausgegangen, dass der Kläger aufgrund des Tarifes TG 028/60 seit dem 15.12.1997 ein Krankengeld von 80 DM pro Tag beanspruchen könne und ihm Krankentagegeldleistungen auch für den Zeitraum vom 11.5. bis 5.7.1998 zustehen. Die ab dem 14.8.1998 geltend gemachten Ansprü...

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