Entscheidungsstichwort (Thema)

Trennungsunterhalt: Erwerbsobliegenheit des kinderbetreuenden Unterhaltsgläubigers im ersten Trennungsjahr

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für den kinderbetreuenden Unterhaltsgläubiger besteht in der Regel während des ersten Trennungsjahres keine Erwerbsobliegenheit, weil die Struktur der ehelichen Lebensverhältnisse nicht zerstört und die Zerrüttung nicht weiter vertieft werden soll. Dies gilt auch für die Ausweitung einer Teilzeitbeschäftigung.

2. Dem Unterhaltsgläubiger ist es allerdings zuzumuten, nach Ablauf einer gewissen Frist neben der bereits ausgeübten Teilzeittätigkeit von 28 Stunden pro Woche noch eine Geringverdienertätigkeit auszuüben.

 

Normenkette

BGB § 1361

 

Verfahrensgang

AG Langenfeld (Urteil vom 14.04.2005)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 05.03.2008; Aktenzeichen XII ZR 22/06)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des AG Langenfeld vom 14.4.2005 unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt,

  • an den Kläger zu 2) Kindesunterhalt i.H.v. 171 EUR für die Monate Januar bis März 2005 sowie ab April 2005 i.H.v. monatlich über freiwillig gezahlte 349 EUR hinaus weitere 57 EUR (insgesamt 406 EUR);
  • an die Klägerin zu 1) Trennungsunterhalt i.H.v.
  • 1.548,60 EUR für den Zeitraum Januar bis März 2005 und jeweils monatlich über freiwillig gezahlte 257,80 EUR hinaus weitere
  • 516,20 EUR (insgesamt 774 EUR) für den Zeitraum April bis Juni 2005,
  • 514,56 EUR (insgesamt 772,36 EUR) für Juli 2005,
  • 516,20 EUR (insgesamt 774 EUR) für die Monate August und September 2005 sowie
  • 367,43 EUR (insgesamt 625,23 EUR) ab Oktober 2005

zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2).

Im Übrigen tragen von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz der Beklagte 85 % der Gerichtskosten und 80 % der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1) und diese 15 % der Gerichtskosten und 20 % der außerge-richtlichen Kosten des Beklagten.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte 85 % der Ge-richtskosten und 80 % der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1); die Klägerin zu 1) trägt 15 % der Gerichtskosten und 20 % der außergerichtli-chen Kosten des Beklagten.

Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können jeweils die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

(gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO):

I. Die Kläger begehren Trennungs- und Kindesunterhalt. Der Kläger zu 2) ist während des Berufungsverfahrens in den Rechtsstreit als Partei eingetreten.

Die Parteien streiten insbesondere um die Berechnung eines Wohnvorteils sowie um das Ausmaß einer Erwerbsobliegenheit der Klägerin zu 1), die sich seit der Geburt der gemeinsamen Söhne um deren Erziehung kümmerte und seit der zweiten Jahreshälfte 1999 wieder erwerbstätig ist. Nach einer erfolgreich absolvierten Fortbildungsmaßnahme arbeitet sie seit Anfang 2000 bei ihren Prozessbevollmächtigten mit einer derzeitigen Wochenstundenzahl von 28.

Mit Urteil vom 14.4.2005 (Bl. 66 f. GA) hat das AG Langenfeld den Beklagten unter Klageabweisung im Übrigen zu folgenden Zahlungen verurteilt:

I. Kindesunterhalt i.H.v. über freiwillig gezahlten 349 EUR hinaus monatlich weitere 57 EUR (demnach insgesamt 406 EUR) ab April 2005 sowie einen Rückstand i.H.v. 171 EUR für Januar bis März 2005;

II. Trennungsunterhalt über freiwillig gezahlte 257,80 EUR hinaus monatlich weitere 516,20 EUR (insgesamt also 774 EUR) ab April 2005 und einen Rückstand i.H.v. 1.548,60 EUR für Januar bis März 2005.

Zur Begründung hat es sich auf folgende Erwägungen gestützt: Die Klägerin müsse sich vor Ablauf des Trennungsjahres - unstreitig erfolgte die Trennung am 27.12.2005 (Bl. 393 GA) - nicht ein (fiktives) höheres Arbeitseinkommen zurechnen lassen. Zum Wohnvorteil wie auch damit zusammen hängende Belastungen wie auch fiktiven Kapitalerträgen der Klägerin hat das AG ausgeführt, die Parteien seien so zu stellen, als hätten sie die Immobilie an Dritte veräußert. Beim Beklagten seien Wohnvorteil i.H.v. 860 EUR einerseits und die Kreditbelastung andererseits (Zins und Tilgung) zu verrechnen, so dass sich ein negativer Wohnvorteil von 214 EUR ergäbe. Das Einkommen der Klägerin hingegen sei um Kapitalerträge von 219 EUR erhöht. Bei einer gedachten Veräußerung der Immobilie an Dritte entfiele der Wohnvorteil wie auch die Kreditbelastung und die Kapitalerträge höben sich gegenseitig auf.

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Er meint, keinen höheren Trennungsunterhalt als monatlich 400 EUR zu schulden. Der Wohnwert sei nicht in voller Höhe und nur unter Einbeziehung aller Hauslasten zu bemessen. Auch müsse die Klägerin jedenfalls nach Ablauf des Trennungsjahres vollschichtig arbeiten.

Nunmehr hat der seit 11.8.2005 vollj...

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