Leitsatz (amtlich)

Zur bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung und zur Frage der Darlegungs- und Beweislast für eine behauptete Entreicherung bei Auszahlung eines Kontoguthabens an einen Geschäftsunfähigen, wenn der ausgezahlte Barbetrag anschließend "verschwindet".

 

Normenkette

BGB §§ 812, 818

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Entscheidung vom 17.12.2010; Aktenzeichen 10 O 209/10)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 17. Dezember 2010 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg (10 O 209/10) wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die nochmalige Auszahlung eines Betrages in Höhe von 30.000,00 €, der ihr am 18.05.2007 von ihrem seit dem 30.04.2007 bei der Beklagten geführten Girokonto in bar ausgezahlt worden war. Sie hat hierzu behauptet, zumindest seit dem 18.04.2007 und auch zum Zeitpunkt der Auszahlung geschäftsunfähig gewesen zu sein.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrages der Parteien wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass die Klägerin eine Geschäftsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Vornahme der Barverfügung am 18.05.2007 nicht hinreichend dargelegt habe; sie habe keine für die Einholung eines Sachverständigengutachtens ausreichenden Anknüpfungstatsachen mitgeteilt. Letztlich könne diese Frage aber dahinstehen, denn wenn die Klägerin geschäftsunfähig gewesen wäre, stünde der Beklagten gegen sie ein bereicherungsrechtlicher Gegenanspruch zu, mit dem die Beklagte wirksam die Aufrechnung erklärt habe. Diesem Anspruch stehe weder der Schutzzweck der §§ 104ff. BGB noch der Entreicherungseinwand entgegen, zu dem die Klägerin nicht hinreichend schlüssig vorgetragen habe.

Mit der Berufung rügt die Klägerin zunächst die Annahme des Landgerichts, sie habe nicht hinreichend schlüssig dargelegt, zum Zeitpunkt der Barauszahlung am 18.05.2007 geschäftsunfähig gewesen zu sein. Ebenfalls zu Unrecht habe das Landgericht eine Entreicherung verneint und dabei die insoweit anzuwendenden Darlegungs- und Beweislastregeln verkannt. Sie trägt hierzu vor, ihr Betreuer habe bei seinem Amtsantritt am 17.07.2007 den bar abgehobenen Betrag nicht aufgefunden. Sie habe auch keine Verfügungen vorgenommen, durch die sie Gebrauchsvorteile erlangt oder Kosten für Dienstleistungen erspart habe. Weitere Angaben könne sie krankheitsbedingt nicht machen. Es spreche jedenfalls eine Vermutung dafür, dass der Betrag nicht mehr in ihrem Vermögen vorhanden sei. Schließlich seien Gegenansprüche der Beklagten nach § 814 BGB ausgeschlossen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung zu verurteilen, an sie 30.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und tritt der Berufung der Klägerin entgegen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung eines Betrages von 30.000,00 €. Ein etwaiger, hierauf gerichteter Anspruch wäre durch Aufrechnung der Beklagten mit einem bereicherungsrechtlichen Gegenanspruch erloschen.

Im Einzelnen:

1.

Der Senat teilt allerdings nicht die Auffassung des Landgerichts, die Klägerin habe die Voraussetzungen eines Anspruchs auf (nochmalige) Auszahlung des Betrages von 30.000,00 € schon nicht schlüssig dargelegt.

Der Klägerin stand gegen die Beklagte ursprünglich ein Anspruch aus Auszahlung des auf ihrem Girokonto gutgeschriebenen Betrages von 30.000,00 € zu, §§ 667, 675 BGB. Wäre die Klägerin - wie sie behauptet - bei Entgegennahme des am 18.05.2007 bar an sie ausgezahlten Betrages geschäftsunfähig gewesen, wäre durch die Barauszahlung keine Erfüllung im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB eingetreten (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 362, Rn. 4; Münchener Komm./Wenzel, BGB, 5. Aufl., § 362, Rn. 15), so dass die Beklagte zur Leistung verpflichtet geblieben wäre.

Die Klägerin hat zur Darlegung ihrer Geschäftsunfähigkeit am 18.05.2007 zunächst darauf verwiesen, dass sie seit dem 17.07.2007 unter Betreuung stehe. Sie hat ferner ein Attest des Dr. W. vom 06.12.2007 vorgelegt, wonach sie "mindestens seit dem 18.04.2007" geschäftsunfähig gewesen sei, weil sie an diesem Tage versucht habe, Praxisgebühren mit DDR-Banknoten zu bezahlen. Sie hat auf das im Verfahren 26 O 11673/09 des Landgerichts München I erstattete psychiatrische Gutachten des Dr. J. Bezug genommen, der ausgeführt hat, die Klägerin sei am 18.05.2007 "mit großer...

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