Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine "Kombination" von Quotenunterhalt und konkreter Bedarfsberechnung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei dergestalt untypischem Eheverlauf, dass das erste Kind der Parteien erst nach längerer Ehedauer - hier ca. 14 Jahre - geboren wurde und für die Ehefrau nach der Geburt eines weiteren Kindes erst mit knapp 50 Jahren eine Erwerbsobliegenheit eingetreten ist, ist eine Beschränkung des Anspruchs auf Nachscheidungsunterhalt gem. § 1578b BGB nicht geboten.

2. Beschränkt ein Ehegatte seinen Unterhaltsanspruch ausdrücklich auf die Sättigungsgrenze für den Quotenunterhalt, ist es nicht möglich, zusätzlich eine weitere Unterhaltsposition, die im Rahmen einer konkreten Bedarfsbemessung zu berücksichtigen wäre, geltend zu machen.

 

Normenkette

BGB §§ 1578, 1578b

 

Verfahrensgang

AG Oberhausen (Urteil vom 27.03.2008)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 30.11.2011; Aktenzeichen XII ZR 34/09)

 

Tenor

Die Berufung des Antragstellers gegen das Urteil des AG Oberhausen vom 27.3.2008 wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des AG Oberhausen vom 27.3.2008 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Antragsteller wird verurteilt, an die Antragsgegnerin ab Rechtskraft der Scheidung monatlichen Ehegattenunterhalt von 1.114 EUR zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Antragsteller darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % der aufgrund des Urteils jeweils vollstreckbaren Beträge abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Streitwert für die Berufungsinstanz: Berufung Antragsteller 13.065,12 EUR; Berufung Antragsgegnerin bis zum 11.11.2008 17.858,88 EUR, danach 6.782,88 EUR; insgesamt bis zum 11.11.2008 30.924 EUR, danach 19.848 EUR.

 

Gründe

I. Der am 26.6.1954 geborene Antragsteller und die am 9.2.1957 geborene Antragsgegnerin haben am 29.10.1976 geheiratet. Die Trennung erfolgte bereits 1995; seit dem 19.3.2008 sind die Parteien rechtskräftig geschieden. Soweit die Antragsgegnerin gleichwohl - verfristet - Berufung gegen das Scheidungsurteil eingelegt hat, hat sie diese nach dem Hinweis des Senats durch Beschluss vom 23.10.2008 auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels zurückgenommen.

Aus der Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen: H. (8.5.1990), die bis Anfang 2005 bei der Mutter gelebt hat und dann zum Vater gewechselt ist, und T. (1.10.1994), der durchgängig bei der Mutter wohnt; der Antragsteller zahlt für T. monatlich 417 EUR Kindesunterhalt.

Im vorliegenden Verbundverfahren ist der Scheidungsantrag des Antragstellers der Antragsgegnerin am 1.3.2005 zugestellt worden. In erster Instanz war auch der Umgang des Antragstellers zu T. streitig, zudem hat die Antragsgegnerin die Folgesachen Nachscheidungsunterhalt und Zugewinnausgleich anhängig gemacht. Das AG hat in der Sitzung vom 24.1.2008 die Folgesachen Versorgungsausgleich, Zugewinnausgleich und Nachscheidungsunterhalt abgetrennt und die Ehe der Parteien geschieden. Über die Folgesache Nachscheidungsunterhalt wurde durch Urteil vom 27.3.2008 und über die Folgesache Versorgungsausgleich durch Beschluss vom 27.03 2008 entschieden. Die Folgesache Zugewinnausgleich ist noch in erster Instanz zur weiteren Sachaufklärung anhängig.

Die beruflichen Biografien der Parteien stellen sich wie folgt dar:

Der Antragsteller war bis 1978 als Polizist tätig. Durch einen schweren Unfall wurde er dienstunfähig. In der Folgezeit hat er Medizin studiert; seit 1990 ist er als Arzt tätig, seit März 1994 in selbständiger Praxis. In den Jahren 2004 und 2006 hat er jeweils einen Herzinfarkt erlitten; nach dem zweiten Infarkt ist er nach eigenem Vorbringen nicht mehr berufstätig, sondern hat für seine Praxis eine Vertretung eingeschaltet.

Die Antragsgegnerin hat von 1974 bis 1991 als Dekorateurin in einem Textilkaufhaus gearbeitet. Daneben hat sie im Dezember 1987 auf der Abendschule das Abitur gemacht. Ab Wintersemester 1988/89 hat sie - neben der Erwerbstätigkeit - studiert (Magister in Philosophie, Kunst und Pädagogik). Das Studium hat die Antragsgegnerin, als dann die Kinder kamen, nicht abgeschlossen. Im Jahre 2005 hat die Antragsgegnerin eine Qualifizierungsmaßnahme im Bereich Kultur- und Freizeitmanagement durchlaufen. Die Antragsgegnerin, vom Antragsteller selbst in der Antragsschrift als "Künstlerin", die "projektbezogen" arbeite, bezeichnet, war von August 2001 bis Januar 2005 als künstlerisch/pädagogische Kraft im Bereich von Grundschulen tätig, zudem von 2001 bis 2005 als Museumspädagogin am Lehmbruck-Museum in D. und von 2005 bis 2008 an Projekten der Schulkulturbörse D. beteiligt; die letztgenannten Tätigkeiten waren jedoch zumindest bis zum versicherungstechnischen Ende der Ehezeit am 28.2.2005 nicht mit versicherungspflichtigen Einkünften verbunden. Die Antragsgegneri...

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