Leitsatz (amtlich)

Die Anordnung gem. § 184 Abs. 1 ZPO, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, und die Zustellung gerichtlicher Schriftstücke durch Aufgabe zur Post, weil die Partei keinen Zustellungsbevollmächtigten benannt hat, sind unzulässig, wenn das Gericht zuvor bereits von den Zustellmöglichkeiten der EuZVO Gebrauch gemacht hat.

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Urteil vom 03.04.2007; Aktenzeichen 3 O 125/07)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Duisburg vom 3.4.2007 aufgehoben.

Die Sache wird an das LG Duisburg zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kostenentscheidung bleibt dem erstinstanzlichen Schlussurteil vorbehalten.

 

Gründe

I. Die Klägerin beansprucht von der in Portugal sitzenden Beklagten Zahlung auf ihre Rechnungen vom 25.11.2004 und vom 11.04.2005 i.H.v. insgesamt 10.854,12 EUR.

Der entsprechende Mahnbescheid des AG Hagen vom 23.06.2006 (Bl. 42 ff. GA) enthält die Anordnung an die Beklagte, binnen eines Monats ab Zustellung einen Zustellungsbevollmächtigten mit Sitz in Deutschland zu benennen; andernfalls könnten spätere Zustellungen durch Aufgabe zur Post bewirkt werden.

Der Mahnbescheid nebst Hinweisen, Anordnungen und Widerspruchsformular wurde der Beklagten in Übersetzung über die portugiesische Empfangsstelle am 19.09.2006 zugestellt (Bl. 61 GA).

Gegen die Beklagte ist auf Antrag der Klägerin am 12.12.2006 ein Vollstreckungsbescheid erlassen worden, der am 13.12.2006 zur Post aufgegeben wurde. Vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 7.3.2007 Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid eingelegt.

Das LG, das im schriftlichen Verfahren entschieden hat, hat den Einspruch der Beklagten gegen den Vollstreckungsbescheid als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Einspruch sei verfristet. Da die Beklagte trotz Aufforderung bei Zustellung des Mahnbescheides keinen inländischen Zustellungsbevollmächtigten benannt habe, gelte der Vollstreckungsbescheid gem. § 184 Abs. 2 ZPO zwei Wochen nach Aufgabe zur Post als zugestellt. Die Einspruchsfrist habe damit am 12.1.2007 geendet.

Die Beklagte macht mit ihrer Berufung geltend, der Vollstreckungsbescheid genüge nicht den unverzichtbaren Formvorschriften der Europäischen Zustellungsverordnung. Danach habe der Vollstreckungsbescheid übersetzt werden und eine übersetzte Rechtsmittelbelehrung enthalten müssen.

Zudem habe das LG nach Art. 19 Abs. 1 Ziff a) EuZVO das Verfahren aussetzen müssen, anstatt ohne mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt, unter Aufhebung des Urteils vom 3.4.2007 in Sachen LG Duisburg 3 O 235/07 die Klage abzuweisen, hilfsweise, das Verfahren an das LG Duisburg zur erneuten Verhandlung zurückzuverweisen.

Die Klägerin bittet um Zurückweisung der Berufung.

II. Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.

Ihr Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid ist rechtzeitig erfolgt. Das LG hat den Einspruch zu Unrecht als unzulässig verworfen, §§ 700 Abs. 1, 341 Abs. 1 ZPO, so dass gem. § 539 Abs. 2 Nr. 2 ZPO die Sache unter Aufhebung des landgerichtlichen Urteils an die Kammer zurückzuverweisen ist.

Gemäß §§ 700 Abs. 1, 339 Abs. 1 ZPO beträgt die Einspruchsfrist zwei Wochen ab Zustellung des Vollstreckungsbescheides.

Die Einspruchsfrist ist nur dann in Lauf gesetzt worden, wenn die Zustellung des Vollstreckungsbescheides wirksam war. Dies vermag der Senat nicht festzustellen.

Vorliegend hat das AG den Weg der Zustellung nach § 184 ZPO gewählt.

1. Gemäß § 184 Abs. 1 S. 2 ZPO können, wenn entgegen § 184 Abs. 1 S. 1 ZPO kein Zustellungsbevollmächtigter benannt wird, spätere Zustellungen bis zur nachträglichen Benennung dadurch bewirkt werden, dass das Schriftstück unter der Anschrift der Partei zur Post gegeben wird. Nach § 184 Abs. 2 S. 1 ZPO gilt das Schriftstück zwei Wochen nach Aufgabe zur Post als zugestellt.

§ 184 ZPO greift nur ein, wenn schon ein Prozessrechtsverhältnis besteht, das verfahrenseinleitende Schriftstück darf dagegen nicht durch Aufgabe zur Post zugestellt werden. Eine Zustellung nach § 184 ZPO setzt nämlich voraus, dass die im Ausland wohnende Partei keinen Zustellungsbevollmächtigten bestellt hat, obwohl sie dazu gem. § 184 Abs. 1 ZPO verpflichtet war. Eine solche Prozessförderungspflicht besteht aber erst nach Rechtshängigkeit, also nach rechtswirksamer Zustellung von Klage, Antragsschrift oder Mahnbescheid (vgl. BGH NJW 2002, 521, 522).

Danach können auch Vollstreckungsbescheide nach § 184 Abs. 1 S. 2 ZPO zugestellt werden, sofern bei der Zustellung des Mahnbescheids der Schuldner aufgefordert worden war, innerhalb angemessener Frist einen inländischen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen.

2. Die Voraussetzungen des § 184 ZPO liegen nicht vor.

a) Nach seinem Wortlaut besteht die Anordnungsbefugnis nur im Rahmen der Zustellung nach § 183 Abs. 1 Nr. 2 und 3 ZPO. Eine solche Zustellungsart wurde vorliegend nicht gewählt. Das AG Hage...

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