Leitsatz (amtlich)

1. Eine vom Mieter veranlasste Zahlung mit dem Zusatz "Miete 4-12/2005 beinhaltet eine Leistungsbestimmung i. S. § 367 Abs. 2 BGB.

2. Die Formularklausel in einem gewerblichen Mietvertrag, "Der Vermieter kann Zahlungen nach seiner Wahl zunächst auf die bisherigen Kosten und Zinsen und dann auf die ältesten Rückstände verrechnen. Das gilt auch dann, wenn der Mieter eine anderweitige Bestimmung getroffen hat," ist gem. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.

3. Zinsen und Kosten sind kein Mietzins i.S.d. § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB.

4. Der gewerbliche Vermieter ist bei vorzeitigem Auszug nicht zu einer Teilabrechnung über die Nebenkosten verpflichtet.

 

Normenkette

BGB § 307 Abs. 1, § 367 Abs. 2, § 543 Abs. 2, § 556

 

Verfahrensgang

LG Wuppertal (Urteil vom 06.09.2007; Aktenzeichen 1 O 60/07)

 

Tenor

Unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wird auf die Berufung des Beklagten das am 6.9.2007 verkündete Schlussurteil der 1. Zivilkammer des LG Wuppertal - Einzelrichter - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Unter Zurückweisung der weitergehenden Klage wird der Beklagte verurteilt, über den durch Teilanerkenntnisurteil des LG Wuppertal vom 2.5.2007 zuerkannten Teilbetrag hinaus an die Klägerin einen Betrag von EUR 7.256,49 zu zahlen und zwar nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von EUR 9.968,58 für die Zeit vom 25.11. bis 12.12.2006 und aus einem Betrag von EUR 7.256,49 für die Zeit ab 13.12.2006.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die Berufung des Beklagten ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen jedoch unbegründet.

Mit geringem Erfolg wendet sich die Berufung gegen die in dem angefochtenen Urteil zugrunde gelegte Verrechnungsweise gemäß Seiten 3 und 4 der Klageschrift vom 13.2.2007 (Bl. 3 f. GA).

1. Zu Recht rügt die Berufung die Auslegung des LG allerdings hinsichtlich der Angabe des Beklagten bei der am 22.11.2006 veranlassten Zahlung vom 24.11.2006. Bei dem Zusatz " Miete 4-12/2005" (Bl. 45 GA) handelt es sich nicht lediglich um eine bloße Kennzeichnung der Zahlung, die die Klägerin sodann nach ihrer Wahl verrechnen durfte. Der Zusatz stellt vielmehr eine Leistungsbestimmung i.S.d. § 367 Abs. 2 BGB dar, die eine Verrechnung auf die rückständigen Mieten gebietet. Der Beklagte hat hiermit auch unter Berücksichtung des Emfängerhorizontes der Rechtsvorgängerin der Klägerin klar zum Ausdruck gebracht, dass mit dem überwiesenen Betrag die Mieten für die Monate April bis Dezember 2005 gezahlt werden sollten. Dies ergibt sich auch aus dem an die Klägerin gerichteten Schreiben des Beklagten vom 22.11.2006 (Bl. 79 f. GA), aus welchem unmissverständlich hervorgeht, dass der Zahlbetrag sich aus neun Monatsmieten inklusive Mehrwertsteuer (ohne Nebenkostenvorauszahlungen), entsprechend also den Mieten für April bis Dezember 2005, abzgl. vermeintlich ohne Rechtsgrund geleisteter Nebenkostenvorauszahlungen für drei Monate (Januar bis März 2005), errechnet. Hieraus war für die Klägerin klar erkennbar, dass die Zahlung auf die rückständigen Mieten geleistet werden sollte.

Der Verbindlichkeit der Leistungsbestimmung des Beklagten stehen Ziff. 5.2 Sätze 2 und 3 der Allgemeinen Vertragsbedingungen Gewerbemietvertrag (AVB) nicht entgegen (Bl. 14 GA). Diese Bestimmung ist gem. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, weil sie den Vertragspartner der Verwenderin unangemessen benachteiligt. Sie schließt das Recht des Schuldners nach § 367 Abs. 2 BGB aus und stellt es allein in das Belieben des Verwenders, ob dieser Zahlungen des Mieters zunächst auf die bisherigen Kosten und Zinsen und dann auf die ältesten Rückstände verrechnen möchte ("nach seiner Wahl"). Damit wird der Eintritt einer Kündigungslage nach § 543 Abs. 1, 2 Nr. 3 BGB gefördert. Der Vermieter hat bei Verzug mit der Zahlung von Mietzins in der gesetzlich bestimmten Höhe ein außerordentliches Kündigungsrecht. Zinsen und Kosten sind dagegen keine laufenden Leistungen des Mieters und daher kein Mietzins im Sinne der genannten Vorschrift. Damit nehmen Ziff. 5.2 Sätze 2 und 3 dem Mieter die Möglichkeit, durch eine entsprechende Leistungsbestimmung gezielt Zahlungsrückstände hinsichtlich des Mietzinses auszugleichen, um eine Kündigung zu vermeiden (vgl. auch LG Berlin ZMR 2001, 109 ff.). Darüber hinaus legt diese Bestimmung keine bestimmte Tilgungsfolge fest, sondern räumt dem Vermieter die Befugnis ein, von Fall zu Fall zu entscheiden, wie er die Zahlung verrechnen möchte, noch dazu ohne Verpflichtung, den Schuldner bei der Leistung entsprechend zu unterrichten. Für den Mieter ist damit nicht klar erkennbar, auf welche Schuld er letztlich geleistet hat. Dies vernachlässigt berechtigte Belange des Mieters einseitig und in unvertretbarer Weise. Auch im kaufmännischen Verkehr ist eine derartige Klausel unwirksam (vgl. BGHZ 91, 375 ff.). Für eine solche Benachteiligung des Mieters besteht kein rechtfertigender Grun...

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