Entscheidungsstichwort (Thema)

Leistungsfähigkeit beim Elternunterhalt

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Berechnung der Leistungsfähigkeit im Rahmen des Elternunterhalts

 

Normenkette

BGB §§ 1601-1603; SGB XII § 94 Abs. 1

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des AG - FamG - Moers vom 14.6.2006 unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels dahingehend abgeändert, dass der Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 5.476,77 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25 01.2006 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten beider Rechtszüge werden gegeneinander aufgehoben. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Die Klägerin macht aus übergegangenem Recht die ungedeckten Kosten für die Heimpflege der Mutter des Beklagten i.H.v. insgesamt 11.820,97 EUR für den Zeitraum von 21.3.2003 bis zum 30.6.2005 geltend.

Das AG hat 5.772,80 EUR zuerkannt.

Mit ihrer Berufung begehrt die Klägerin weitere 6.048,17 EUR, mithin den erstinstanzlich bereits geltend gemachten Gesamtbetrag von 11.820,97 EUR.

Der Beklagte verfolgt mit seinem Rechtsmittel den erstinstanzlichen Antrag auf Klageabweisung weiter.

B. Die zulässige Berufung des Beklagten hat zum Teil Erfolg, die der Klägerin ist unbegründet.

I. Der Beklagte ist seiner Mutter nach den §§ 1601, 1602 BGB im streitgegenständlichen Zeitraum in der zuerkannten Höhe unterhaltspflichtig.

Über die aus § 1601 BGB folgende Unterhaltsverpflichtung des Beklagten gegenüber seiner Mutter, deren nach § 91 Abs. 1 BSHG (jetzt § 94 Abs. 1 SGB XII) übergeleitete Ansprüche die Klägerin mit ihrer Klage geltend macht, besteht zwischen den Parteien weder dem Grund nach noch hinsichtlich der Höhe des Unterhaltsbedarfs Streit. Die Klageforderung hält sich nach unwidersprochenem Vortrag der Klägerin durchgängig im Rahmen ihrer erbrachten Leistungen in Höhe der ungedeckten Kosten für die Heimpflege der Mutter des Beklagten.

2. Die Leistungsfähigkeit des Beklagten im streitbefangenen Unterhaltszeitraum wird bestimmt durch die Höhe seiner eigenen Einkünfte, daneben aber auch durch bestehende anderweitige Unterhaltsverpflichtungen gegenüber seiner Ehefrau und seinem Sohn, ferner aber auch indirekt durch das Einkommen seiner Ehefrau.

a) Der Ehegatte des Unterhaltspflichtigen steht außerhalb dessen Unterhaltsrechtsverhältnisses zu seinen Eltern und ist rechtlich nicht verpflichtet, sich zu deren Gunsten in seiner Lebensführung einzuschränken. Der Elternunterhalt muss deshalb nicht aus dem Einkommensteil des Pflichtigen bezahlt werden, der zur Deckung des ehelichen Bedarfs zum Familienunterhalt beizusteuern ist, da ansonsten der Nachrang des Unterhaltsanspruchs der Eltern beseitigt würde. Der Senat stellt deshalb in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH (BGH) darauf ab, dass dem nicht unterhaltspflichtigen Ehegatten Familienunterhalt in Höhe der Hälfte des beiderseitigen Einkommens - Einkommen aus überobligationsmäßiger Tätigkeit bleibt außer Betracht - zusteht, soweit dieses Einkommen die ehelichen Verhältnisse geprägt hat und nicht zur Vermögensbildung verwendet wurde. Für den Unterhalt eines Elternteils bleibt damit nur dasjenige Einkommen des Pflichtigen Ehegatten, das sich nach Abzug derjenigen Beträge ergibt, die zur Bestreitung des eheangemessenen Unterhalts des anderen Ehegatten und unterhaltsberechtigter Kinder aufgewendet werden müssen. Es muss - soweit damit nicht etwa eine unterhaltsrechtlich anzuerkennende zusätzliche Altersversorgung betrieben wird - in etwa zur Hälfte für den Elternunterhalt eingesetzt werden (BGH FamRZ 2003, 1179, 1182; 2004, 1184, 1187; 2006, 1511 ff.). Der Pflichtige selbst kann sich ggü. dem unterhaltsberechtigten Elternteil dann nicht auf seinen gegebenenfalls höheren eheangemessenen Bedarf berufen, sondern nur auf den ihm gegenüber einem Elternteil zustehenden Eigenbedarf. Dieser kann nach der Rechtsprechung des BGH (BGH v. 19.3.2003 - XII ZR 123/00, MDR 2003, 1183 = BGHReport 2003, 954 m. Anm. Borth = FamRZ 2003, 1179 ff.; 2002, 1698 ff.; BGH v. 14.1.2004 - XII ZR 69/01, BGHReport 2004, 522 = FamRZ 2004, 443 ff.) nicht durchgängig mit einem bestimmten festen Betrag angesetzt werden, sondern muss grundsätzlich anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung der besonderen Lebensverhältnisse, die bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt vorliegen, ermittelt werden. Der BGH sieht es allerdings nicht grundsätzlich als rechtsfehlerhaft an, wenn die in den Unterhaltstabellen der OLG und deren Anmerkungen festgesetzten erhöhten Selbstbehalte angesetzt werden, soweit diese nicht bei der Einzelfallprüfung aufgrund der konkreten Umstände zu erhöhen sind. Nach den Anmerkungen D.1. der Düsseldorfer Tabellen Stand 1.1.2002 und 1.7.2003 beläuft er sich im streitgegenständlichen Zeitraum für den Unterhaltspflicht...

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