Normenkette
StGB § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1-2; VStGB § 9 Abs. 1; StGB § 52
Tenor
Die Angeklagte ist schuldig der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer ausländischen terroristischen Vereinigung in Tateinheit mit einem Kriegsverbrechen gegen Eigentum.
Sie wird zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten verurteilt.
Die Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Freiheitsentziehung, die die Angeklagte in der Zeit vom 23. Oktober 2016 bis zum 25. Oktober 2016 in der Türkei erlitten hat, wird im Verhältnis 1:2 auf die Freiheitsstrafe angerechnet.
Gründe
Vorbemerkungen:
Die Angeklagte beteiligte sich im Tatzeitraum von Mitte September 2015 bis Mitte Dezember 2015 als Mitglied an der ausländischen terroristischen Vereinigung "Islamischer Staat", indem sie sich mit dem später getöteten IS-Kämpfer M. D. gemeinsam ein ihnen zugewiesenes Haus angeeignet hat, um den Gebietsanspruch des Islamischen Staates im Raum Tal Afar zu festigen.
Soweit der Senat darüber hinaus Feststellungen zur Eingliederung und mitgliedschaftlichen Beteiligung der Angeklagten ab ihrer Einreise in das Gebiet des Islamischen Staates am 19. März 2015 getroffen hat, war dies aus Sicht des Senats zum Nachweis der Eingliederung sowie zur Begründung der Betätigung der Angeklagten als Mitglied der Terrororganisation "IS" für die angeklagte Tat erforderlich, obgleich der Generalbundesanwalt gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 StPO von der Verfolgung weiterer mitgliedschaftlicher Betätigungsakte der Angeklagten abgesehen hat, die nicht gleichzeitig den Tatbestand einer anderen Strafvorschrift erfüllen und in ihrer Gesamtheit zu der angeklagten Tat in Realkonkurrenz stehen. Darüber hinaus hat der Senat entsprechend einem vorherigen Hinweis die insoweit festgestellten Betätigungsakte im Rahmen der Strafzumessung auch zum Nachteil der Angeklagten berücksichtigt.
Dem Urteil liegt keine Verständigung zugrunde.
1. Teil: Tatsächliche Feststellungen
A. Die persönlichen Verhältnisse der Angeklagten
Die Angeklagte wurde am ... in ... geboren, während sich ihr Vater, H. K., als sogenannter Gastarbeiter in Deutschland aufhielt, um für sich und seine Familie in der Türkei ein Haus errichten zu können. Der Vater der Angeklagten war zuvor bei der türkischen Bahngesellschaft tätig gewesen, nachdem ihm in seiner Familie die finanzielle Unterstützung für die Aufnahme eines Hochschulstudiums in Istanbul verwehrt worden war. Anfang des Jahres ... siedelte die Mutter der Angeklagten, S.K., mit der Angeklagten sowie deren etwa vier Jahre älterer Schwester, der Zeugin N. Se., nach Deutschland über. Die Familie wohnte zunächst im ... Stadtteil.... Einige Jahre später zog die Familie in den ... Stadtteil ..., wo der etwa sechs Jahre jüngere Bruder, der Zeuge F. K., zur Welt kam. Beide Eltern der Angeklagten waren in Deutschland berufstätig, der Vater arbeitete bei ...in ....Die Angeklagte besuchte zunächst einen Kindergarten und sodann die Gemeinschaftsgrundschule ... in ... von ... bis .... Die Angeklagte, die in einer westlich geprägten kemalistischen Familie aufwuchs, war dort eine gute Schülerin und nach eigenen Angaben die beste Schülerin der Schule. Sie wechselte sodann auf das Gymnasium ... in .... Dort war sie nach eigenem Bekunden lediglich eine mittelmäßige Schülerin, die sich in der Mittelstufe zum Schwänzen von Unterrichtsstunden in Mathematik und im naturwissenschaftlichen Bereich verleiten ließ. Nachdem die Angeklagte eine Klasse wiederholen musste, durchlief sie die weiteren Jahrgangsstufen und erreichte im Jahr ... den Schulabschluss mit dem Abitur. Die Angeklagte, die sich bereits während ihrer Schulzeit in der Oberstufe zunehmend für Politik interessierte, begann bereits im Wintersemester ... mit dem Magisterstudium Politikwissenschaften als Hauptfach sowie Amerikanistik und Geschichtswissenschaften als Nebenfächer. Nach mehrfachem Wechsel des zweiten Nebenfachs entschloss sich die Angeklagte, neben ihrem Hauptfach und Amerikanistik die Islamwissenschaften zu studieren, besuchte jedoch diesbezüglich keine Vorlesungen mehr, denn die Angeklagte begann sich im weiteren Verlauf ihres Studiums für das ... Partyleben zu interessieren, wo sie trotz ihres Studiums in ... nach wie vor lebte. Sie ging mehrmals pro Woche aus und konsumierte sogenannte Partydrogen. Sie befasste sich in der Zeit neben linker Politik auch mit Esoterik, Buddhismus und Hinduismus. ... nahm sie einen Studentenjob bei der ...-Versicherung an, machte dort eine interne Ausbildung zur Versicherungsberaterin und war dort bis ... beschäftigt - zuletzt in einem Umfang von 30 Stunden pro Woche. Die Angeklagte verließ die Universität im Zusammenhang mit der Einführung der Studiengebühren. Sie wurde ...von der Universität exmatrikuliert.
Die ältere Schwester der Angeklagten besuchte die Realschule und die Höhere Handelsschule, hat eine Ausbildung absolviert und lebt mit ihrer Familie in ....Der Bruder der Angeklagten ist von Beruf Arzt und lebt mit seiner Familie ebenfalls in.... Während...
Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?
Jetzt kostenlos 4 Wochen testen