Leitsatz (amtlich)

Der Anspruch gegen den Beschenkten aus § 2329 BGB verjährt auch dann in 3 Jahren von dem Eintritt des Erbfalls an, wenn erst nach Ablauf dieser Frist gerichtlich festgestellt wird, dass der Erblasser der Vater des Pflichtteilsberechtigten ist.

 

Normenkette

BGB §§ 1600d, 2329, 2332

 

Verfahrensgang

LG Wuppertal (Aktenzeichen 2 O 210/15)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 13.11.2019; Aktenzeichen IV ZR 317/17)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 24.06.2016 - 2 O 210/15 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

Dem Kläger stehen zwar grundsätzlich Pflichtteilsergänzungsansprüche aus § 2329 BGB gegen die Beklagten als Beschenkte nach dem im Jahre 2007 verstorbenen Vater der Parteien zu. Diese Ansprüche sind jedoch wegen der Verjährungseinrede der Beklagten nicht mehr durchsetzbar.

Der Eintritt der Verjährung richtet sich nach Artikel 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Artikel 229 § 23 Abs. 1 Satz 2 BGB. Nach dem Wortlaut des maßgeblichen § 2332 BGB a.F. beginnt die kurze dreijährige Verjährungsfrist des Pflichtteilsergänzungsanspruches gegen den Beschenkten mit dem Erbfall, also mit dem Tod des Erblassers. Damit war die dreijährige Verjährungsfrist bereits am 05.07.2010, mithin sowohl im Zeitpunkt des behaupteten ersten Verdachts im Dezember 2011, des Antrags auf Vaterschaftsanfechtung im Jahr 2012 als auch bei Klageerhebung im Jahre 2015 abgelaufen.

Von dieser Verjährungsregelung ist nicht aufgrund der sog. "Rechtsausübungssperre" des § 1600 d Abs. 4 BGB abzuweichen. Die Rechtsausübungssperre führt nicht dazu, dass der Beginn der Verjährungsfrist in objektiver Hinsicht zeitlich bis zur rechtskräftigen Feststellung der Vaterschaft des Erblassers hinaus zu schieben ist (Senat, Urteil vom 09.06.2017 - I-7 U 78/16; MünchKomm/Lange, BGB, 7. Aufl. (2017), § 2332, Rn. 6; jurisPK-BGB-Birkenheier, 8. Aufl. (2017), § 2332 Rn. 71; Horn ZErb 2016, 232 - 234; Ruby/Schindler, ZEV 2017, 29, 32; Große-Wilde, MDR 2017, 494, 496; anderer Ansicht OLG Hamm, Beschluss vom 04.11.1985 - 10 W 80/85; Gipp ZErb 2001, 169, 170; Staudinger/Rauscher, BGB (2011), § 1594, Rn. 16).

Der Kläger kann aufgrund des § 1600 d Abs. 4 BGB grundsätzlich erst mit der rechtskräftigen Feststellung seiner Abstammung von dem Erblasser Pflichtteilsansprüche gegen seine Halbgeschwister als Miterben geltend machen. Zuvor steht seine Abstammung und damit auch sein Pflichtteilsrecht nicht fest.

Welche Bedeutung diese Rechtsausübungssperre dogmatisch für die Frage der Verjährung hat, ist noch nicht abschließend geklärt (vgl. BGH, Beschluss vom 22.03.2017 - XII ZB 56/16). So ist zwar für Unterhaltsansprüche des nichtehelichen Kindes anerkannt, dass die Verjährungsfrist mit Blick auf die Rechtsausübungssperre vor der rechtskräftigen Feststellung der Vaterschaft grundsätzlich nicht in Lauf gesetzt werden kann, weil dem Unterhaltsanspruch vor der Feststellung der Vaterschaft des Erzeugers jede Realisierungsmöglichkeit fehlt (BGH, Beschluss vom 22.03.2017 - XII ZB 56/16 unter Hinweis auf BGH FamRZ 1981, 763 f. zu § 1600 a Satz 2 a.F. BGB). Für die dogmatische Herleitung dieses Ergebnisses kommen zwei mögliche Begründungsansätze in Betracht.

Zum einen wird aus der Rechtsausübungssperre ein Herausschieben des Verjährungsbeginns abgeleitet. Dabei wird darauf abgestellt, dass der Unterhaltsanspruch bis zur rechtskräftigen Feststellung der Vaterschaft des Erzeugers noch nicht im Sinne von § 199 BGB Abs. 1 Nr. 1 BGB "entstanden" sei, weil er noch nicht gerichtlich geltend gemacht werden könne (BGH aaO mwN). Dieser Begründungsansatz lässt sich aber gerade nicht auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen den Beschenkten übertragen. Auf das Entstehen des Anspruchs stellt § 2332 BGB nach seinem ausdrücklichen Wortlaut hinsichtlich des Beginns der Verjährungsfrist nämlich nicht ab, sondern allein auf den objektiven Umstand des Erbfalls. § 2332 BGB befasst sich - anders als die primären Verjährungsvorschriften für die Pflichtteilsansprüche aus § 2325 BGB - nicht mit der Frage der Entstehung des Anspruches. Der Wortlaut der Regelung ist eindeutig. Der Beginn der Verjährungsfrist ist im Verhältnis zum Beschenkten unabhängig von der Frage, ob ein etwaiger Anspruch entstanden ist. Er ist auch unabhängig von der Frage, ob Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen vorliegt. Auf subjektive Komponenten kommt es nach dem eindeutigen Wortlaut nicht an, sondern nur auf den Erbfall, mithin den Tod des Erblassers. Weder dem Wortlaut noch der Entstehungsgeschichte der Norm - auch nicht unter Bezugnahme ...

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