Leitsatz (amtlich)

Gegen die Wirksamkeit einer Individualvereinbarung, in der eine Patientin nach einer fehlgeschlagenen Schönheitsoperation (hier: Narbenbildung nach der Entfernung von Gesichtsfalten) auf weitergehende Ansprüche verzichtet, wenn der behandelnde Arzt die Behandlungskosten erstattet und Nachbehandlungskosten übernimmt, bestehen – soweit die Umstände im Einzelfall keine andere Beurteilung erforderlich machen – keine grundsätzlichen Bedenken.

 

Normenkette

BGB §§ 119, 138, 142, 611

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 3 O 154/99)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 24.06.2003; Aktenzeichen VI ZR 309/02)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 27.9.2001 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Düsseldorf abgeändert.

Unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 27.5.1999 wird die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreites – beider Instanzen – hat die Klägerin zu tragen mit Ausnahme der durch die Säumnis des Beklagten in erster Instanz entstandenen Kosten, die er selbst zu tragen hat.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die 1946 geborene Klägerin unterzog sich am 6.11.1997 bei dem Beklagten – einem niedergelassenen Chirurgen – einer Schönheitsoperation, bei der u.a. zwei vertikal von den Nasenflügeln zur Oberlippe verlaufende Falten beseitigt werden sollten. Hierfür zahlte die Klägerin einen Betrag von 2.000 DM.

Der von dem Beklagten ambulant durchgeführte Eingriff erfolgte im Wege einer Kombinationsmethode mittels chemischer Hautschälung (Exodermbehandlung) und mechanischem Abschleifen der obersten Hautschicht.

Nach dem Eingriff kam es bei der Klägerin zu einer Herpesinfektion. Im Bereich der behandelten Hautfalten behielt die Klägerin zwei Narben zurück. Im Hinblick darauf schlossen die Parteien am 27.2.1998 eine schriftliche Vereinbarung mit folgendem Inhalt:

„Ich W.B. habe nach einer Behandlung von Dr. S. Vernarbungen im Bereich der Oberlippe bekommen.

Ich habe mit Herrn Dr. S. vereinbart, dass er mich weiter behandelt und notfalls bei anderen Ärzten vorstellt und behandeln lässt. Kosten trägt Dr. S. Hierfür bekomme ich 2.000 DM zurückerstattet für nicht zufriedenstellendes OP-Ergebnis.

Ich verzichte auf weitere Ansprüche.”

Weil eine in der Folgezeit durch die Hautärztin Dr. T. (GA 98) zur Beseitigung der Narben durchgeführte Laserbehandlung nicht den gewünschten Erfolg erbrachte, nimmt die Klägerin den Beklagten auf Zahlung von Schmerzensgeld in Anspruch.

Die Klägerin hat behauptet, die Narben seien entstanden, weil der Beklagte fehlerhaft zu viel Haut abgeschliffen habe. Auch habe er eine erforderliche Herpesprophylaxe unterlassen. Die Klägerin hat dem Beklagten ferner eine nur unzureichende Risikoaufklärung vorgeworfen; so habe er weder auf die Möglichkeit der Narbenbildung noch die Gefahr einer Herpeserkrankung hingewiesen. Wegen der erlittenen Beeinträchtigungen und des nach ihrer Darstellung besonders belastenden Dauerschadens hat die Klägerin die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes von mindestens 40.000 DM verlangt. Sie hat die Auffassung vertreten, ein solcher Anspruch sei durch die am 27.2.1998 getroffene Vereinbarung nicht ausgeschlossen, weil sie diese Vereinbarung wirksam angefochten habe; i.Ü. sei die Vereinbarung unter der Voraussetzung einer erfolgreichen Narbenentfernung getroffen worden.

Durch Versäumnisurteil vom 27.5.1999 (GA 22) hat die 3. Zivilkammer des LG Düsseldorf den Beklagten antragsgemäß verurteilt, an die Klägerin 40.000 DM nebst 4 % Zinsen ab dem 15.12.1998 zu zahlen. Gegen dieses Versäumnisurteil hat der Beklagte fristgemäß Einspruch eingelegt.

Die Klägerin hat daraufhin beantragt, das Versäumnisurteil vom 27.5.1999 aufrecht zu erhalten.

Der Beklagte hat beantragt, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat sich auf den seines Erachtens wirksamen Anspruchsverzicht der Klägerin berufen, Behandlungsfehler in Abrede gestellt und eine Mitschuld der Klägerin an der Entstehung der Narben aufgrund einer nicht ordnungsgemäßen Nachsorge eingewandt. Im Übrigen hat er die Auffassung vertreten, die präoperative Risikoaufklärung sei ausreichend gewesen. Das von der Klägerin verlangte Schmerzensgeld hat er als übersetzt angesehen.

Das LG hat nach Einholung eines Gutachtens des Direktors der Klinik für plastische Chirurgie des Krankenhauses M., Prof. Dr. Dr. S., durch das am 27.9.2001 verkündete Urteil das Versäumnisurteil vom 27.5.1999 hinsichtlich eines Betrages von 18.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 15.12.1999 aufrechterhalten und es i.Ü. aufgehoben und die Klage insoweit abgewiesen.

Gegen die Entscheidung wendet sich der Beklagte mit der Berufung. Er macht geltend, das LG habe zu Unrecht auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens eine Narbenbildung aufgrund einer fehlerhaften Behandlung entweder durch zu tiefes Hautabschleifen oder durch eine unterlassene Herpesprophylaxe angenommen. Im Übrigen hat er sich erneut auf die seines Erachtens wirksame Abfindungsvereinbarung berufen und die Höhe des zuerka...

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