Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer Rheinland Spruchkörper Düsseldorf vom 10.02.2017 (VK D 34/2015) wird der für die Gebührenfestsetzung durch die Vergabekammer gemäß § 128 Abs. 2 GWB a.F. maßgebliche Bruttoauftragswert auf 1.350.000 EUR festgesetzt.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer tragen die Antragstellerin zu 80 % und die Antragsgegnerin zu 20 %.

Von den notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin in dem Verfahren vor der Vergabekammer trägt die Antragsgegnerin 20 % und die Antragstellerin von den notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin 80 %.

Die Antragstellerin trägt zudem die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren zu 80 %.

III. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 67.500 EUR festgesetzt.

 

Gründe

1. Nachdem die Verfahrensbeteiligten das Nachprüfungsverfahren in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war allein über die ebenfalls mit der Beschwerde angefochtene Gebührenfestsetzung durch die Vergabekammer, mithin über den Antrag der Antragstellerin zu entscheiden, den Auftragswert auf 1.350.000 EUR festzusetzen. Die Beschwerde hat insoweit Erfolg.

Die Vergabekammer hat die Gebühr gemäß § 128 Abs. 2 GWB a.F. nach pflichtgemäßem Ermessen innerhalb des ausgewiesenen Gebührenrahmens festzusetzen. Es bestehen insoweit keine Bedenken, wenn die Vergabekammer im Ausgangspunkt auf eine Gebührentabelle zurückgreift, die von einem durchschnittlichen personellen und sachlichen Aufwand ausgeht. Anknüpfungspunkt für die jeweilige Gebühr ist der sog. Bruttoauftragswert, der in gleicher Weise wie im Rahmen des § 50 Abs. 2 GKG zu bestimmen ist. Danach ist auf die Summe des Angebots abzustellen, das der Antragsteller im Nachprüfungsverfahren eingereicht hat, weil er mit dem Nachprüfungsantrag seine Chance auf den Zuschlag wahren will (BGH, Beschluss vom 18.03.2014, Az.: X ZB 12/13, juris Rn. 7). Liegt ein Angebot des Antragstellers nicht vor, ist auf den objektiven Wert des Auftrages, dessen Vergabe beabsichtigt ist, abzustellen (OLG Celle, ZfBR 2014, 820, juris Rn. 16 ff. m.w.Nachw.; OLG Sachsen-Anhalt WuW/E Verg 1142, juris Rn. 15).

Ausgehend hiervon beträgt der Bruttoauftragswert nicht - so wie die Vergabekammer angenommen hat - 2.500.000 EUR; vielmehr ist er auf 1.350.000 EUR herabzusetzen. Maßgeblich hierfür ist, dass die in Ziff. 5 "Vertragsdauer" vorgesehenen Verlängerungsoptionen nach höchstrichterlicher Rechtsprechung im Grundsatz nur mit der Hälfte des jährlichen Auftragswerts zu berücksichtigen sind (BGH, Beschluss v. 18.03.2014, X ZB 12/13, juris Rn. 13). Gründe von diesem Regelfall abzuweichen, bestehen vorliegend nicht, so dass sich die Bruttoauftragssumme wie folgt berechnet:

Jährlicher Auftragswert 600.000 EUR × 1 600.000 EUR

gem. Ziff. 4 der Leistungsbeschreibung

01.01.2016 - 31.12.2016

Verlängerungsoption 1 600.000 × 1/2 300.000 EUR

01.01.2017 - 31.12.2017

Verlängerungsoption 2 600.000 × 1/2 300.000 EUR

01.01.2018 - 31.12.2018

Verlängerungsoption 3 600.000 × 1/4 150.000 EUR

01.01.2019 - 31.07.2019

1.350.000 EUR.

2. Soweit die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, ist nach § 120 Abs. 2 i.V.m. § 78 GWB a.F., §§ 91a Abs. 1 S. 1, 92 ZPO über die Kosten des Beschwerdeverfahrens und des Verfahrens vor der Vergabekammer sowie nach § 128 Abs. 3 Satz 5 GWB a.F. über die notwendigen Auslagen der Verfahrensbeteiligten nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dabei genügt eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten der Beschwerde in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht.

a. Hiernach sind die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, nach billigem Ermessen der Antragstellerin zu 80 % und der Antragsgegnerin zu 20 % aufzuerlegen.

Das Rechtsmittel der Antragstellerin hätte mit Ausnahme der erfolgten Herabsetzung des Bruttoauftragswerts aller Voraussicht nach keinen Erfolg gehabt.

aa. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin war entgegen den Ausführungen der Vergabekammer zulässig. Nach Ansicht des Senats hat die Antragstellerin ihre aus § 107 Abs. 3 GWB a.F. folgende Rügeobliegenheit nicht verletzt. Die Antragstellerin konnte erst durch die Ausführungen in der Vorabinformation erkennen, dass die Antragsgegnerin ein anderes Verständnis von Ziff. 9 der Leistungsbeschreibung hatte und als Zuschlagskriterium ausschließlich den Angebotspreis für das "Best-of- Essen" gewertet hat.

Von einem sachkundigen Bieter ist zu erwarten, dass er die ihm zur Erstellung seines Angebots übersandten Vergabeunterlagen auf Verständlichkeit und Vollständigkeit prüft. Er ist jedoch nicht verpflichtet, jeden Passus auf alternative Auslegungsmöglichkeiten zu prüfen, um eventuelle Mehrdeutigkeiten auszuräumen. Etwas anderes gilt nur für offensichtlich missverständliche Vorgaben. Um eine solche handelt es sich bei Ziff. 9 der Leistungsbeschreibung jedoch nicht, denn die hi...

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