Leitsatz (amtlich)

Bei dem zur Grundbuchberichtigung erforderlichen Nachweis der Erbfolge durch öffentliche Urkunde hat das Grundbuchamt im Regelfall deren Wirksamkeit und damit die Negativtatsache der Nichtaufhebung zu unterstellen; eine eidesstattliche Versicherung des Inhalts, dass ein Rücktritt (hier: vom Erbvertrag) nicht erfolgt sei, kann das Grundbuchamt nicht verlangen.

 

Normenkette

GBO § 35 Abs. 1; BGB § 2276 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Düsseldorf (Aktenzeichen UR-1852-24)

 

Tenor

Die angefochtene Zwischenverfügung wird aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, über den Antrag der Beteiligten unter Berücksichtigung der Gründe dieses Beschlusses neu zu entscheiden.

 

Gründe

I. Die Beteiligte ist die Witwe des - am 26.2.2012 verstorbenen - eingetragenen Eigentümers.

Die Eheleute hatten am 2.8.2011 - knapp ein halbes Jahr vor dem Tod des Erblassers - einen notariellen Erbvertrag - Urk. Nr. 727/2011 Notar Dr. R. - geschlossen, durch den sie sich gegenseitig zu Erben einsetzten, wobei sie sich das Recht eines jederzeitigen Rücktritts vorbehielten.

Am 9.5.2012 hat die Beteiligte unter Bezugnahme auf den vorgenannten Erbvertrag die Grundbuchberichtigung beantragt.

Durch Zwischenverfügung vom 11.9.2012 hat das Grundbuchamt unter Hinweis auf die Entscheidung des OLG München vom 3.11.2011 - 34 Wx 272/11 = RNotZ 2012, 128 f. - das Fehlen einer eidesstattlichen Versicherung, dass kein Rücktritt vom Erbvertrag erfolgt sei, beanstandet.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten vom 17.9.2012. Sie macht geltend, die vom OLG München vertretene Ansicht sei falsch. Die vermeintliche Nachweislücke sei keine Besonderheit des Erbvertrages mit einem unbeschränkten Rücktrittsrecht. Dies führe lediglich dazu, dass der Erbvertrag dieselben Bindungswirkungen habe wie ein gemeinschaftliches Testament. Dieses könne ebenso wie jede letztwillige Verfügung widerrufen werden. Unter Anwendung der vom OLG München vertretenen Ansicht bliebe für § 35 GBO kein Anwendungsbereich mehr übrig. Hinzu komme, dass der Widerruf eines Erbvertrages der notariellen Beurkundung bedürfe und gem. § 34a BeurkG dem Zentralen Testamentsregister mitzuteilen sei.

Das AG hat der Beschwerde durch Beschluss vom 26.9.2012 nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Die gem. §§ 71 Abs. 1, 72, 73 GBO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

1. Das AG hat die Grundbuchberichtigung zu Unrecht von der Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung des Inhalts, dass ein Rücktritt vom Erbvertrag nicht erfolgt sei, abhängig gemacht.

Nach § 35 Abs. 1 GBO kann der Nachweis der Erbfolge nur durch einen Erbschein geführt werden. Beruht aber die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, wie hier in einem Erbvertrag (vgl. § 2276 Abs. 1 Satz 1 BGB), so genügt es, wenn an Stelle des Erbscheins die Verfügung von Todes wegen und die Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung vorgelegt werden (§ 35 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 GBO). Das Grundbuchamt kann jedoch die Vorlegung des Erbscheins verlangen, wenn die Erbfolge durch diese Urkunden nicht als nachgewiesen erachtet wird (§ 35 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 GBO).

Dem Grundbuchamt obliegt es, die in der öffentlichen Urkunde enthaltene Verfügung von Todes wegen sowohl nach ihrer äußeren Form als auch nach ihrem Inhalt zu prüfen (herrschende Meinung, s. OLG Düsseldorf, I - 3 Wx 113/12, FamRZ 2013, 75 f., vgl. auch OLG München, 34 Wx 501/11 = NotBZ 2012, 179 und 34 Wx 316/11 bei juris). Es steht auch nicht in dessen Belieben, ob es einen Erbschein verlangen will oder ihm die in § 35 Abs. 1 Satz 2 GBO genannten Beweismittel genügen. Vielmehr hat das Grundbuchamt selbständig zur Frage der Erbfolge Stellung zu nehmen, gegebenenfalls auch den Willen des Erblassers durch Auslegung zu ermitteln und Zweifel durch Anwendung des Gesetzes auf die letztwillige Verfügung zu lösen (Senat, a.a.O.).

Die inhaltliche Überprüfung der letztwilligen Verfügung muss zu einem eindeutigen Ergebnis führen. Nicht nachgewiesen ist die Erbfolge, wenn tatsächliche Ermittlungen über Umstände, die sich außerhalb dieser oder anderer öffentlicher Urkunden befinden, angestellt werden müssen (§ 35 Abs. 1 Satz 2 GBO; vgl. Demharter, GBO, § 35 Rz. 39 und 40; Hügel/Wilsch GBO 2. Aufl., § 35 Rz. 104). Das Grundbuchamt darf die Eintragung nur versagen, wenn sich nach erschöpfender rechtlicher Würdigung konkrete Zweifel ergeben. Abstrakte Zweifel oder bloße Vermutungen genügen nicht (Meikel/Roth GBO 10. Aufl., § 35 Rz. 125).

Die vom Grundbuchamt geäußerten Zweifel an der nachgewiesenen Erbfolge bestehen nicht.

Soweit das OLG München in der vom Grundbuchamt angeführten Entscheidung (vgl. OLG München 34 Wx 272/11; so auch Wilsch im Beck'schen Online Kommentar, GBO, § 35 Rz. 112; Völzmann, RNotZ 2012, 380, 385 und wohl auch Litzenburger, Beck'scher Online-Kommentar, BGB, § 2232 Rz. 21 und in FD - ErbR 2012, 3...

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