Leitsatz (amtlich)

1) Bei der kindeswohldienlichen Ausgestaltung des Umgangsrechts (§ 1684 Abs. 3, 1697a BGB) muss sich das Familiengericht in erster Linie an den individuellen Bedürfnissen des umgangsberechtigten Kindes orientieren. Ziele, die sich nur mittelbar positiv auf das Kindeswohl auswirken (z.B. die Eindämmung des Elternkonflikts), sind primär mit Maßnahmen der Jugendhilfe (SGB VIII) oder mit Auflagen zu verfolgen und dürfen im Regelfall nicht zu einer Verkürzung des Umgangs führen.

2) Bei der Ausgestaltung des Umgangs ist zu berücksichtigen, dass gerade die Möglichkeit eines mehrwöchigen Zusammenlebens während der Ferien wesentlich dazu beitragen kann, die gefühlsmäßigen Bindungen des Kindes zum nichtsorgeberechtigten Elternteil aufrechtzuerhalten und zu festigen (BVerfG, Beschluss vom 7.3.2005, Az. 1 BvR 552/04).

 

Tenor

I. Der Antrag des Kindesvaters, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist zu gewähren, ist gegenstandslos.

II. Der Beschluss des Amtsgerichts Dinslaken vom 10.2.2017 wird auf die Beschwerde des Kindesvaters hinsichtlich der Ferienregelung (Ziffer 1 a) aa) - ff) des Beschlusses) abgeändert und in Abänderung des am 19.10.2015 vor dem Amtsgericht Dinslaken im Verfahren 19 F 237/13 geschlossenen Vergleichs wie folgt neu gefasst:

1. Der Kindesvater hat unbegleiteten Ferienumgang mit A

aa) in den Osterferien

in den Jahren mit ungerader Jahreszahl von dem auf den letzten Schultag folgenden Tag um 15.00 Uhr bis Karfreitag um 15.00 Uhr und

in den Jahren mit gerader Jahreszahl von Karfreitag um 15.00 Uhr bis zu dem Sonntag, der dem ersten Schultag vorausgeht, um 15.00 Uhr;

bb) in den Sommerferien

von dem auf den letzten Schultag folgenden Tag um 15.00 Uhr bis zum 20. Ferientag um 15.00 Uhr;

cc) in den Herbstferien

von dem auf den letzten Schultag folgenden Tag um 15.00 Uhr bis zum Sonntag der ersten Ferienwoche um 15.00 Uhr;

dd) in den Winterferien

vom 27.12. um 15.00 Uhr bis zum 4.1. des Folgejahres um 15.00 Uhr.

2. In den Schulferien des Landes Nordrhein-Westfalen findet kein Wochenendumgang statt. Dies gilt auch für die Wochenenden der Wochen, in denen der Freitag ein Ferientag ist und für die Wochenenden, in denen der Montag der folgenden Woche ein Ferientag ist.

3. Die Umgangsregelung wird zudem um folgende Auflagen ergänzt:

a) Beiden Kindeseltern wird untersagt, Umgangsfragen - insbesondere Wünsche auf Änderungen der bestehenden Umgangsregelung - gegenüber den Kindern A und B oder gegenüber dem anderen Elternteil zu thematisieren. Die Kommunikation über Umgangsfragen ist über das Jugendamt zuführen. Sofern die Kinder von sich aus Änderungswünsche äußern oder Probleme mit der Ausgestaltung des Umgangs haben, sind sie anzuhalten, sich an das Jugendamt zu wenden.

b) Der Kindesmutter wird aufgegeben, einen Antrag auf Hilfe zur Erziehung für A zu stellen. Dem Kindesvater wird aufgegeben, die ihm ggf. angebotene Hilfen zur Förderung der kindgerechten Ausgestaltung des Ferienumgangs anzunehmen und konstruktiv mit den Helfern zusammenzuarbeiten.

4. Im Übrigen bleibt die am 10.2.2017 erlassene Umgangsregelung des Amtsgerichts Dinslaken aufrecht erhalten.

5. Bei schuldhafter Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtungen, die sich aus diesem Beschluss und den aufrecht erhaltenen Regelungen des am 10.2.2017 erlassenen Beschlusses des Amtsgerichts Dinslaken ergeben, kann das Gericht gegenüber dem Verpflichteten für jeden Verstoß ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 25.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten anordnen. Verspricht die Anordnung eines Ordnungsgeldes keinen Erfolg, kann das Gericht Ordnungshaft bis zu sechs Monaten anordnen. Die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleibt, wenn der Verpflichtete Gründe vorträgt, aus denen sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat.

III. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zwischen den Kindeseltern gegeneinander aufgehoben. Hinsichtlich der erstinstanzlich angefallenen Kosten bleibt es bei der Entscheidung des Amtsgerichts.

IV. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Eltern des beteiligten Kindes (im Folgenden: A) waren miteinander verheiratet. Aus der vom Amtsgericht Dinslaken am 11.6.2015 rechtskräftig geschiedenen Ehe (Az.: 19 F 172/14) sind A und sein am 30.10.2005 geborener Bruder .....B (im Folgenden: B) hervorgegangen. Nach der konflikthaften Trennung der Kindeseltern im August 2013 kam es zu einer Vielzahl von Gerichtsverfahren, die auch die elterliche Sorge und das Umgangsrecht der Eltern mit ihren Kindern zum Gegenstand hatten. Beide Kinder waren zeitweise fremduntergebracht. B wurde zudem in der Kinder- und Jugendpsychiatrie stationär behandelt. Nach der Fremdunterbringung wurde B in den Haushalt des Kindesvaters und A in den Haushalt der Kindesmutter zurückgeführt.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Dinslaken vom 18.11.2015 (Az.: 19 F 293/13) wurde beiden Kindeseltern mit deren Einverständn...

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