Entscheidungsstichwort (Thema)

Ablehnungsgesuch gegen Sachverständigen in Sorgerechtsverfahren; Rechtzeitigkeit des Ablehnungsgesuchs; Vorwurf der eigenmächtigen Erweiterung des Gutachtenauftrages durch Sachverständigen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ergibt sich für die Partei bzw. den Verfahrensbeteiligten der Grund zur Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit aus dem Inhalt des schriftlichen Gutachtens, läuft im allgemeinen die Frist zur Ablehnung des Sachverständigen gleichzeitig mit der vom Gericht gesetzten Frist zur Stellungnahme nach § 411 Abs. 4 ZPO ab, wenn sich die Partei/Verfahrensbeteiligte zur Begründung des Antrags mit dem Inhalt des Gutachtens auseinandersetzen muss.

2. Ausdruck einer unsachlichen Grundhaltung des Sachverständigen gegenüber einer Partei/einem Verfahrensbeteiligten, welche die zur Ablehnung des Sachverständigen rechtfertigende Besorgnis der Befangenheit begründen vermag, kann in dem Verhalten des Gutachters dann gesehen werden, wenn dieser Maßnahmen ergreift, die von seinem Gutachtenauftrag nicht gedeckt sind. Bei der Prüfung, inwieweit Sachverständigenhandeln, das als Überschreiten oder Ausdehnen der eigenen Kompetenzen verstanden werden kann, die Besorgnis der Unvoreingenommenheit und damit der Befangenheit aus der Sicht des betroffenen Verfahrensbeteiligten rechtfertigen kann, ist eine umfassende Würdigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalles angezeigt.

 

Normenkette

FamFG § 30 Abs. 1; ZPO §§ 42, 406 Abs. 2, 5

 

Verfahrensgang

AG Kleve (Aktenzeichen 4 F 230/18)

 

Tenor

1. Das Verfahrenshilfegesuch der Kindesmutter vom 19.06.2019 wird zurückgewiesen.

2. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000,- EUR festgesetzt.

 

Gründe

zu 1. Der Kindesmutter ist die beantragte Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu versagen, da es an der für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe notwendigen Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung, hier der sofortigen Beschwerde gegen die Zurückweisung des Befangenheitsgesuchs der Kindesmutter gegen die Sachverständige, fehlt. Auf den Inhalt des die sofortige Beschwerde der Kindesmutter zurückweisenden Senatsbeschlusses vom 17.09.2019 wird Bezug genommen.

zu 2. Der Gegenstandswert für das Ablehnungsgesuch gegen einen Sachverständigen/eine Sachverständige bzw. für das diesbezügliche Beschwerdeverfahren beträgt 1/3 des Hauptsacheverfahrens (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 32. Aufl. Rz. 16 zu § 3 Stichwort Ablehnung) und damit 1.000,- EUR (vgl. § 45 Abs. 1 FamGKG).

Diese Entscheidung ist hinsichtlich der Festsetzung des Gegenstandswertes unanfechtbar.

Die Rechtsbeschwerde ist hinsichtlich der Verweigerung der Verfahrenskostenhilfe nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordert (§ 70 Abs. 2 FamFG).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI13503455

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